Marktradar für Donnerstag, 5. Januar 2023
Das Vertrauen in Bitcoin steigt dank Silvergate
US Aktien ab nun Underperformer in einem Weltportfolio ?
Der ETF auf den S&P 500 (SPY) pendelt in diesem Jahr während der ersten zwei Handelstage orientierungslos zwischen 378 und 386 Punkten wild hin und her. Seit Silvester konnte der SPY immerhin um 0,35 % steigen. Das ist, schaut man über den “Tellerrand”, kümmerlich.
Der Euro Stoxx 50 öffnete am 2. Januar um 3820 Punkte und klettert seitdem trendgetrieben nach oben. Aktuell ist der Euro Stoxx 50 fast 5 % im Plus seit Silvester.
Auch China begann das Jahr recht furios. Der entsprechende ETF für chinesische Large Caps (FXI) liegt seit Silvester bereits ca. 10 % im Plus. Der ETF auf die Emerging Markets (EEM) liegt seit Silvester – auch dank China – 4 % im Plus.
Vielleicht wird der US-Aktienmarkt in einem Weltportfolio in diesem Jahr ein Underperformer werden. Die ersten zwei Handelstage kündigen eine solche Tendenz zumindest an.
Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?
Coinbase steigt nach Bad News
Der Bitcoin-ETF (BITO) erhält auch heute einen Entry Stempel auf der Short-Seite.
Am Mittwoch sah es zunächst so aus, als ob die Risk-On Mentalität, die ab 16 Uhr deutscher Zeit Oberhand gewann, den Bitcoin und Aktien, die von einem Anstieg profitieren würden, katapultartig nach oben drücken wollte.
Silvergate Capital (SI), eine Regionalbank, die in den USA neben der Signature Bank (SBNY) führend bei der Bereitstellung für die Infrastruktur von Transferleistungen mit digitalen Währungen ist, stieg gestern um 27 %. Das Unternehmen meldete einen Personalabbau und vorläufige Zahlen aus der Geschäftsentwicklung. Ihre Zahlungsplattform SEN ist weiterhin rund um die Uhr in Betrieb. Im vierten Quartal wurde ein durchschnittliches Tagesvolumen von insgesamt 1,3 Milliarden US-Dollar an digitalen Währungsgeschäften abgewickelt. Zum Vergleich: Im dritten Quartal 2022 wurde ein durchschnittliches Tagesvolumen von 1,2 Milliarden US-Dollar abgewickelt.
Dass der FTX-Skandal das Transfervolumen nicht zurückgehen ließ, beruhigte sicherlich so manchen Anleger und schuf wieder etwas mehr Vertrauen in die Akzeptanz von digitalen Währungen für die Zukunft – auch was Transferzahlungen mit Bitcoin & Co. betrifft.
Auch bei Coinbase (COIN) gab es gestern News, die allerdings negativ waren. Aber offensichtlich wurden diese positiv von Anlegern aufgenommen; vielleicht gaben die Äußerungen vom Silvergate Management den eigentlichen Rückenwind, der dann dazu führte, dass sich Anleger zu einem Buy on Bad News Verhalten bei der Coinbase Aktie hinreißen ließen:
Coinbase hat nämlich zugestimmt, dem Staat New York eine Geldstrafe von 50 Millionen US-Dollar zu zahlen und weitere 50 Millionen US-Dollar auszugeben, um seine Compliance-Systeme zu stärken, nachdem eine Untersuchung des Finanzministeriums des Bundesstaates „erhebliche Mängel“ im Anti-Geldwäsche-Programm der Kryptowährungsbörse festgestellt hatte.
Immerhin liegen die Zahlen nun auf dem Tisch – und sowas wird an der Börse gerne honoriert. Auch wenn damit Probleme nur scheinbar abgehakt werden – wer hier etwas abgehakt hat, das sind die Anleger; sicherlich nicht die Unternehmensführung.
Ein Personalabbau wie auch eine Strafzahlung bewirken nichts Innovatives – das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Projekte werden nach hinten verschoben oder – oft kostspielig – “geschreddert”.
Und was machte der Bitcoin gestern? Er stieg um etwa 1 %. Nicht mehr als ein Hüpfer, der bei der hohen Volatilität, die im Kursverhalten des Bitcoins zu beobachten ist, nur maximal als ein Tropfen auf dem heißen Stein bewertet werden sollte. Ob dieser heute bereits verdunstet ist oder ob nun literweise nachgeschüttet wird, um den Bitcoin endlich über die 17.000er Marke steigen zu lassen, werden die nächsten Tage vielleicht zeigen. Charttechnisch betrachtet finde ich eine Shortposition im Bitcoin bzw. im entsprechenden ETF (BITO) weiterhin attraktiv.
Hire oder Fire: was treibt die Kurse nach oben ?
Bleiben wir bei dem Thema Stellenabbau. Der Dow-Jones-Wert Salesforce (CRM).com meldete am Mittwoch ebenfalls, dass nun Mitarbeiter entlassen werden sollen: Im Rahmen eines Umstrukturierungsplans will Salesforce 10 % seiner Belegschaft abbauen und Büroflächen reduzieren, weil erwartet wird, dass sich das Umsatzwachstum im Geschäftsjahr 2024 verlangsamen wird.
Salesforce hat gestern praktisch eine Gewinnwarnung ausgesprochen, da die Umstrukturierung kurzfristig natürlich Geld kostet. Das von Analysten für 2024 erwartete KGV von 25 bei Salesforce müsste also jetzt vermutlich nach oben angehoben werden.
Ich finde einen Shorteinstieg in Salesforce auf dem jetzigen Kursniveau reizvoll. Ein Stopp-Loss knapp über 140 $ würde vor einem größeren Verlust schützen, sollte nun wider Erwarten Salesforce für diese schlechte Nachricht weitere Anleger zu Käufen inspirieren können. Ich glaube nicht daran.
Hinzu kommt: Aktuell sehen Analysten für dieses Jahr – gemäß gestern veröffentlichter Kommentare – auf breiter Ebene schwächere Wachstumsprognosen im Cloudgeschäft, weshalb Aktien wie Microsoft (MSFT) oder Arista Networks (ANET) gestern auf neue Tiefs in den Charts geprügelt wurden. Auch bei Salesforce.com würde eine Abschwächung im Cloudbereich zusätzlich auf die Gewinnmargen für die wohl kommenden zwei Jahre drücken.
Bleiben wir bei Software Aktien: Die deutsche SAP (WKN: 716460) startet wie viele deutsche Aktien zu Jahresbeginn eine Rallye. Wie auch Salesforce liegt SAP seit Jahresbeginn ca. 5 % im Plus.
Gab es News bei SAP? Na, ja – eine Mini-Nachricht: diese betrifft eher Straßenbahn, Scooter oder E-Bike statt die Cloud: SAP bietet als erstes großes deutsches Unternehmen seinen Beschäftigten eine bezahlte Alternative zum Dienstwagen an. Das Interesse an der Prämie soll in der Belegschaft groß sein.
SAP wird für 2024 mit einem KGV von 16 bewertet. Ebenso der Hauptkonkurrent für Unternehmenssoftware, Oracle (ORCL), der seit Jahresbeginn auch nach oben durchstarten konnte, aber nur auf ca. 3,5 % Gewinn seit Silvester kommt.
Beim Shorten von Software Aktien würde ich aktuell US-Aktien bevorzugen. Auch bei Oracle dürfte die Luft nach oben zumindest für die nächsten Wochen dünn werden. Oracle notiert an der oberen Begrenzung einer Tassenformation. Sollte Oracle diese nach oben hin verlassen, also nachhaltig über 85 $ steigen, dann müsste eigentlich auch der Gesamtmarkt mitziehen. Denn Oracle dürfte eher den US-Aktienindizes folgen als die US-Aktienindizes Oracle. So eine “Führerschaft” traue ich dem Unternehmen – insbesondere in der aktuellen Marktlage – nicht zu.
Hinweis:
Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.
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