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Marktradar vom 1. März 2023

Marktradar vom Mittwoch, 1. März 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar für Mittwoch, 1. März 2023

Steigt das Adrenalin an der Börse wirklich nur dann, wenn auch die Langweiler etwas davon haben ?

Solange der S&P 500 unterhalb der 4000er Marke notiert, sollten Anleger davon ausgehen, dass wir im Gesamtmarkt keine allzu große Risikobereitschaft sehen werden. Diese Aussage scheint unter Börsianern aktuell konsensfähig zu sein.

Normalerweise würden in so einer Marktphase defensive Branchen wie Pharma, Versorger oder Basiskonsumgüter mehr Geld anlocken als riskantere Branchen wie Technologie. Diese Verlagerung hin zu Risk-Off statt zu Risk-On können wir momentan aber nicht bestätigt sehen.

Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Monaten Wachstumswerte im Prinzip besser an der Börse laufen werden als Aktien von Unternehmen, die hohe Dividenden zahlen oder über eine bekannte Marke verfügen. Technologieaktien weisen für 2023 mitunter nicht viel höhere KGVs als Aktien aus defensiven Branchen aus, deren Produkte wir aus der täglichen Werbung kennen oder denen wir beim Shoppen am Kleiderbügel oder online in Warenlisten begegnen.

Ob Technologieaktien einen steigenden Leitindex wie den S&P 500 benötigen, um überhaupt eine Nachfrage bei Investoren schüren zu können, dürfte die aktuell spannende Frage für jeden Risk-On-Bullen sein. Börsenhypes wie z.B. Chat-GPT, die 6G-Mobilfunktechnologie oder die Integration der Blockchain in Softwarewelten wird nur dann von den Big Playern gehört und ernst genommen, wenn die großen Aktienindizes nach oben laufen.

Natürlich gab es Zeiten, als Technologieaktien den großen Aktienindizes mit Vollgas davon liefen. Der Turbo zündet aber eigentlich erst, wenn die großen Aktienindizes Kurszuwächse verzeichnen – und seien diese im Vergleich zu den heißen Branchen noch so mickrig. Das Adrenalin steigt an der Börse nur, wenn auch die Langweiler etwas davon haben.

Ein fallender S&P 500 und ein fallender Dow Jones Industrials bei gleichzeitig steigenden Hot Stocks ? Kann es so etwas an der Börse geben ? Eigentlich nicht. Und da an der Börse auch das passieren kann, was es eigentlich nicht geben sollte – negative Zinsen, negativer Ölpreis: das kennen wir bereits, auch wenn es eigentlich niemals hätte vorkommen sollen -, genau darum können wir steigende Hot Stocks in fallenden Gesamtmärkten nicht gänzlich ausschließen.

Was sehen wir unter dem Radar der großen Aktienindizes ?

Tiefere Tiefs allerorten

Tiefere Tiefs allerorten. In nahezu allen Branchen, die ich beobachte, haben sich in den diese abbildenden ETFs zuletzt tiefere Tiefs in den Tagescharts gebildet. Das betrifft inzwischen auch die Bereiche Semiconductor, Cybersecurities, Transport und Logistik, Versicherungen, Regionalbanken, Infrastruktur. Alles Branchen, in denen ich vor Kurzem noch Hoffnungsträger für zukünftige Sector-Leader sah. 

Inzwischen haben sich diese vermeintlichen Sector-Leader in die Masse der „Verzagten“ eingefädelt. Das ist mit ein Grund, warum es aktuell so aussieht, als ob die großen Aktienindizes nicht so richtig “von der Stelle” kommen.

Healthcare vor finalem Sell-Off ?

Defensive Branchen wie Pharma, Gesundheit und Versorger haben ihre Abwärtstrends zuletzt noch verstärkt – insbesondere in Aktien aus dem Bereich Gesundheit sehen wir seit drei Handelstagen eine Art Sell-Off: Ob sich dieser Ausverkauf in den ETFs IHE (Pharma) und XLV (Healthcare) in den nächsten Tagen und Wochen verstärkt – solange, bis es zu einem finalen Sell-Off kommt -, bleibt jetzt abzuwarten.

Solar mit besseren Aussichten als Lithium und Cannabis ?

Den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” vergeben wir heute außerdem noch für die Risk-On-Branchen Green-Tech (inkl. Solar), Lithium und Cannabis. Zumindest für den Bereich Solar sehe ich die aktuelle Schwäche als Kaufgelegenheit an.

Um das zu verdeutlichen: First Solar (FSLR) hat gestern nachbörslich Quartalszahlen für das abgelaufene 4. Quartal gemeldet: Wegen gestiegener Produktionskosten musste ein Nettoverlust verkündet werden, nachdem im Jahr zuvor im 4. Quartal noch ein Nettogewinn verbucht werden konnte. Der Nettoverlust fiel aber niedriger aus, als von Analysten erwartet.

Was Börsianer gestern nachbörslich aber beeindruckte, war der vom Management prognostizierte Gewinn für 2023. Statt eines von Analysten erwarteten Gewinns von 4,71 US-Dollar pro Aktie soll nun ein Gewinn zwischen 7 und 8 US-Dollar möglich sein. Damit lagen die vom Unternehmen verkündeten Gewinnerwartungen fast 50 % über den Schätzungen der Analysten. Die Aktie konnte gestern nachbörslich um über 5 % steigen, nachdem First Solar in den Handelstagen zuvor schon gestiegen war – auch die Konkurrenten SolarEdge (SEDG) und Enpahse (ENPH) hatten sich im Vorfeld der First Solar-Zahlen optimistisch in ihrem Kursverhalten gezeigt. Ich denke, dass nach Handelseröffnung ein “Sell on good news” einkalkuliert werden sollte – als Nebenwirkung des “verzagten” Gesamtmarktes zur Zeit.

Hinweis:
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