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Marktradar vom 30. März 2023

Marktradar vom Donnerstag, 30. März 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar für Donnerstag, 30. März 2023

Höhere Tiefs häufen sich

Für den S&P 500 (SPY) und für den Dow Jones Industrials (DIA) können wir in den Charts höhere Tiefs verorten. Nach einem tieferen Tief Mitte März konnten beide Indizes am 24. März ein höheres Tief ausbilden. Der Dow Jones Industrials wird für heute vom Marktradar auf “Unter Beobachtung” hochgestuft, nachdem er zuvor über zehn Handelstage den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” erhielt. Der S&P 500 wird für heute sogar auf “Kaufen oder Aufstocken” hochgestuft.

Da wir keine höheren Tiefs in der gleichgewichteten S&P 500 Variante (RSP) verorten und diese auch nicht im Russell 2000 (IWM) erblicken können, bilden sich solche Hoffnungsschimmer für die Bullen noch auf wackligem Boden ab: die Chance auf ein ein mögliches Abrutschen unter die zuletzt gebildeten höheren Tiefs wird den ein oder anderen Swing-Trader weiterhin zum Shorten ermutigen.

Erst wenn wir kongruente Signale sehen – also alle US-Indizes mit höheren Tiefs aufwarten können -, dürfte die Mehrzahl der Anleger motiviert sein, mit dem neuen Trend schwimmen zu wollen. Aktuell schwimmen wir noch in der Seitwärts-Range.

Solange die Anleger divergente Signale in den Indizes beobachten, dürften Reboundbewegungen, wie wir sie seit dem 24. März sehen, von vielen Marktteilnehmern also weiterhin als Einladung zum Shorten verstanden werden.

Dementsprechend vergibt der Marktradar für den Russell 2000 auch ein Entry-Signal für einen Swing-Short-Trade.

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

Short-Chancen liegen nun klar zu Tage

Swing-Trader dürften nun eher Short-Chancen als Long-Chancen sehen. 

Der Marktradar sieht die besten Short-Chancen ab heute in den Branchen Regionalbanken (KRE), Versicherungen (KRI), REITs (XLRE), Handel (XRT) und Fluggesellschaften (JET). Alle diese Branchen erhalten den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” und sind zugleich etwas überkauft.

Swing-Long Chance bei Bonds

Swing-Long Chancen sieht der Marktradar aktuell bei Bonds, und zwar eher in den US-Staatsanleihen mit 7 bis 10 Jahren Restlaufzeit (IEF) als in den US-Staatsanleihen mit mehr als 20 Jahren Restlaufzeit (TLT). Im TLT-ETF sahen wir nämlich zuletzt ein tieferes Hoch, während wir im IEF-ETF ein höheres Hoch sahen.

Aktuell beobachten wir eine negative Korrelation zwischen Bonds und Aktien. Portfoliomanager könnten nun motiviert werden, Aktienbestände mittels Bonds zu hedgen.

Marktbreite für Branchen stimmt nun leicht optimistisch

Etwa 40 % aller von mir beobachteten Branchen- und Themen-ETFs erhalten aktuell den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. 

Aber in fast 65 % der von mir beobachteten Branchen- und Themen ETFs verorten wir nun höhere Tiefs oder höhere Hochs. Wenn diese Quote in den nächsten Handelstagen beibehalten oder sogar noch ein bisschen ausgeweitet werden kann, dann können wir einen April an der Börse erwarten, an dessen Ende die großen Indizes mit einem Monatsgewinn dastehen werden.

Rebalancing-Verkäufe bei KI-Profiteuren

Zum Ende des Quartals sehen wir in dieser Woche leichte Gewinnmitnahmen bei den Profiteuren von Künstlicher Intelligenz. Diese sind sicherlich auf Rebalancing innerhalb großer Portfolios und nicht auf Verkaufsabsichten für diese Einzelwerte zurückzuführen, so dass ein solcher Rebalancing-Effekt für Investoren mit Weitsicht meines Erachtens durchaus zum Nachkauf oder Einstieg in diese Aktien genutzt werden kann.

Micron Technologies mit erstaunlichem Earning Day

Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist die Reaktion auf die Quartalszahlen von Micron Technologies (MU; Marktkapitalisierung: 70 Mrd. US-Dollar). Micron Technologies ist in der Halbleiterbranche tätig und gilt als der größte in den USA produzierende Hersteller von Speicherchips. Micron verkündete gestern für das 2. Geschäftsquartal einen Verlust von 2,03 US-Dollar pro Aktie bei einem Umsatz von 3,70 Mrd. US-Dollar. Erwartet wurde ein Verlust von nur 0,78 US-Dollar pro Aktie. Trotz dieser auf den ersten Blick desaströsen Ausweitung des operativen Verlustes konnte die Aktie am Earning Day gegenüber dem Vortag um mehr als 7 % steigen. 

Am vom Unternehmen gelieferten Ausblick lag das nicht: für das kommende Geschäftsquartal erwartet Micron Technologies nicht nur einen höheren Verlust pro Aktie (etwa 1,60 US-Dollar pro Aktie stat etwa 1 US-Dollar pro Aktie), sondern womöglich auch geringere Umsätze: Das Unternehmen nannte für das kommende Geschäftsquartal eine eine erwartete Spanne zwischen 3,50 und 3,90 US-Dollar. Zuvor ging das Unternehmen von einem Umsatz von 3,80 US-Dollar aus.

Warum kaufen die Börsianer diese Aktie nach diesen schlechten “nackten Zahlen” ? 

In schriftlichen Kommentaren sagte der Chief Executive von Micron, Sanjay Mehrotra: „Die Speicherchips befinden sich im schlimmsten Abschwung der letzten 13 Jahre, mit einem außergewöhnlich schwachen Umfeld für Preisfestsetzungen, so dass unsere Finanzkraft erheblich beeinträchtigt worden ist“. Aber die langfristigen Aussichten sind gut, da Investitionen in künstliche Intelligenz einen Treiber für die Nachfrage nach Speicherchips darstellen werden, betonte Mehrotra. Er sehe in den kommenden Monaten ein „sich allmählich verbesserndes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage“. Die Lagerbestände der Kunden seien in mehreren Endmärkten, einschließlich Rechenzentren, zurückgegangen.

Offensichtlich gehen die Börsianer nun davon aus, dass das Schlimmste überstanden sei. Sidney Ho, Analyst bei der Deutschen Bank, sagte in einer Mitteilung an die Kunden: Der Abwärtszyklus verläuft schlimmer als die früheren Erwartungen des Managements erwarten ließen. Außerdem wird die Erholung in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 2023 vermutlich langsamer ablaufen. Sidney Ho stuft die Aktie von Micron Technologies als Halteposition mit einem Kursziel von 55 US-Dollar ein. Die Aktie schloss gestern aber bei 63,54 US-Dollar. Damit muss diese Halten-Position des Analysten nun als Verkaufsempfehlung gedeutet werden.

Börsianer sehen das aber anders als dieser Analyst – darauf deutet die Reaktion gestern hin. 

Reaktionen nach Quartalszahlen werden von Analysten bekanntlich notorisch unterschätzt. Unter anderem, weil Analysen oft bereits vor Bekanntgabe der Quartalszahlen ihre Statements vorformulieren. Danach bleibt wenig Zeit, die Analyse “gegen den Strich zu bürsten”. Unter diesem Dilemma litt vermutlich gestern auch dieser Analyst der Deutschen Bank.

Wann diese Aktie kaufen, wenn nicht jetzt. Der Marktradar empfiehlt – wegen der Reaktion nach den Zahlen – die Aktie von Micron Technologies als “Strong-Buy” zum Kauf.

 




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