Marktradar vom Montag, 6. November 2023
Die Bullen nahem am Montag den Fahrstuhl nach oben, nicht die Rolltreppe
Die drei großen US-Aktienindizes S&P 500, Nasdaq 100 und Russell 2000 konnten in den vergangenen 5 Handelstagen den Kursrutsch, der am 18. Oktober an der Wall Street begann, komplett ausgleichen, notieren allesamt sogar etwas höher als vor zweieinhalb Wochen.
Auf ETF-Basis gewannen der S&P 500 (SPY) in der vergangenen Handelswoche 5,85 %, der Nasdaq 100 (QQQ) 6,49 % und der Russell 2000 (IWM) 7,57 %. Dass der Russell 2000 den höchsten Wertzuwachs erfuhr, lässt darauf schließen, dass zum einen die Marktbreite vor allem am Donnerstag und Freitag zugenommen hat (denn da erst entwickelte der IWM-ETF richtig Schwung) und zum anderen, dass Shortseller sich gezwungen sahen, Aktien zurückzukaufen – denn Aktien aus dem Russell 2000 zeigen eine höhere Short-Quote auf als Aktien aus dem S&P 500 und dem Nasdaq 100.
Wir stehen, von den Kursen her, also in etwa dort, wo wir vor etwas über zwei Wochen gestanden haben. Die Börsenwelt am 3. November ist jedoch eine andere als die vom 17. Oktober, auch wenn die Kurse an diesen beiden Tagen den nahezu gleichen nominalen Wert anzeigen.
Die großen US-Aktienindizes haben in 5 Handelstagen in etwa genau so viel gewonnen, wie sie zuvor in 8 Handelstagen verloren haben. Normalerweise geht es an der Börse nach oben langsam wie auf einer Rolltreppe und nach unten schnell wie in einem Fahrstuhl. Falls einmal auf dem Weg nach oben der schnellere Fahrstuhl genommen wird, so ist dieses an der Börse grundsätzlich so zu werten, dass eine Weiterfahrt über die Rolltreppe bis hoch zur Chefetage wahrscheinlicher wird als eine Fahrt mit dem Fahrstuhl zurück bis runter zur Warenanlieferung.
Stillhalter können sich nun neu positionieren
Sollte es noch zu einer Korrektur in diesem Kalenderjahr (also bis 29. Dezember 2023) kommen, so dürfte diese im SPY spätestens um 420 US-Dollar enden (Tiefkurs am 27. Oktober: 409,21 US-Dollar), im QQQ spätestens um 350 US-Dollar enden (Tiefkurs am 26. Oktober bei 342,35 US-Dollar). Der IWM konnte die wichtige Marke um 160 US-Dollar verteidigen (wir berichteten im Marktradar vom 30. Oktober darüber); konnte damit auf dieser Marke ein dreifach getestetes Tief errichten, von dem aus nun eine Bodenbildung im Chart geformt werden könnte.
Bis zum Jahresende dürften der SPY-, der QQQ- und der IWM-ETF Kurse unter 420 (SPY), unter 350 (QQQ), unter 160 (IWM) also nicht mehr erreichen. Stillhalter, die ihre Strikes meist danach ausrichten, wohin der Kurs nicht mehr gehen soll und denen es relativ egal ist, bis wohin der Kurs nach oben zieht, dürften sich nun entsprechend positionieren. Die Stillhalterprämien für Optionspreise sind wegen der gefallenen Volatilität nun zwar deutlich niedriger als noch am 17. Oktober, dafür ist der Kurs, bis wohin die großen US-Aktienindizes fallen könnten, nun verlässlicher einzuschätzen.
Die extrem hohe Unsicherheit über die weitere Kursentwicklung, die Börsianer noch am Ende der 44. Kalenderwoche (27. Oktober) gefühlt haben und die am hohen Wert im VIX (Volatilitätsindex) ablesbar war – der VIX-Kurs stand am 27. Oktober noch bei 21,27 und notiert am 3. November bei nur noch 14,91 – ist nun also einem Niveau gewichen, von wo aus Risk-On Aktivitäten wieder gedeihen können.
Israel: Politische Börsen haben kurze Beine
Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht ein Blick auf den Aktienmarkt in Israel. Der entsprechende ETF (EIS) konnte in der vergangenen Handelswoche um 10,24 % steigen, also deutlich mehr als der Russell 2000. Auch der Fahrstuhl fuhr schneller: Denn der EIS-ETF konnte in 5 Handelstagen die Verluste ausgleichen, für die er 12 Handelstage benötigte (statt 8 wie bei den US-Indizes). Auch wenn sich keine Lösung im Nahost-Konflikt abzeichnet, scheinen Börsianer diesen nun als weniger relevant für die Kursentwicklung an den Börsen anzusehen als noch vor etwa zwei Wochen. Back to business as usual (deutsch: Zur Tagesordnung übergehen) ist die Redewendung, welche die Börsenweisheit “Politische Börsen haben kurze Beine” hinsichtlich ihrer Relevanz unterfüttert. Für so manchen Beobachter mag das in Anbetracht der sich abzeichnenden humanen Katastrophe in Nahost kalt, gefühllos und arrogant klingen, für Börseninsider wiederum beweist das nur, dass die Börse eben ihren eigenen Regeln folgt: Werden diese einmal unterwandert, so sieht man wenige Wochen später oft nichts mehr davon.
Wirtschaftsabschwung im vierten Quartal wirkt als Bremsklotz für Aktien
Bis wohin die Reise Richtung Norden bis zum Jahresende gehen kann, ist aus Sicht des Marktradars schwerer einzuschätzen als bis wohin die Reise Richtung Süden nicht mehr gehen wird. Dass nun die Früchte aber nicht bis in den Himmel hinein wachsen, dürfte jedem klar werden, der die Prognosen über das zukünftige Wachstum in den USA in seine Kalkulation mit einbezieht.
Die US-Wirtschaft wird sich laut GDP-Now Indikator im vierten Quartal nämlich noch deutlicher abschwächen, als noch am Freitag, 27. Oktober prognostiziert worden war. Ging die FED von Atlanta, die die entsprechenden Daten aus der Wirtschaft für diesen GDP-Now Indikator zusammenführt, noch am 27. Oktober von einem Bruttoinlandsprodukt von 2,3 % für das vierte Quartal aus, so geht die FED von Atlanta seit dem 1. November nur noch von einem lauen 1,2 % Wirtschaftswachstum aus. Dieser Rückgang ist in der Fallhöhe dramatisch ! Wir erinnern uns: Für das dritte Quartal konnte die US-Wirtschaft ein Bruttoinlandsprodukt von 4,9 % aufweisen. Ein so rapider Wirtschaftsabschwung innerhalb von drei Monaten gleicht einem nach unten rauschenden Fahrstuhl, in dem vermutlich jeder Mitfahrer es ein bisschen mit der Angst zu tun bekommt.
Dieser dramatische Abschwung fungiert in der laufenden Berichtssaison, während der Unternehmen über die operative Geschäftsentwicklung im dritten Quartal und über die Einschätzungen zum vierten Quartal berichten, bereits als Bremsklotz. Dieser fehlende Glaube an die Unermesslichkeit operativer Gewinnaussichten wurde fassbar nicht nur an den Bemerkungen der CEOs und CFOs während der vielen Earning Calls, sondern auch bei der Reaktion der Anleger auf bombastisch gute Zahlen aus dem vergangenen dritten Quartal (Beispiele: Alphabet oder Meta Platforms). Zahlreiche Unternehmen, deren Geschäftsmodell zyklischen Schwankungen unterliegt, haben über das Management im Zuge der Berichtssaison vorsorglich die Schätzungen für die operative Gewinn- und Umsatzentwicklung für das vierte Quartal in den Earning Calls weniger optimistisch dargestellt als von Analysten erhofft wurde. Die Erhebung der FED von Atlanta vom 1. November rechtfertigt nun diese negative Erwartungshaltung der CEOs. Die Börse ist weitsichtig genug, um diesen “Bremsklotz” über die dürftige Kursreaktion auf starke Quartalszahlen schon jetzt in den Aktienkursen einzupreisen.
Turnaround-Kandidaten jetzt mit mehr Aufwind ?
Starke Kurszuwächse sahen wir vor allem bei Unternehmen, die entweder von Shortsellern bereits im Vorwege bestraft worden sind oder bei Unternehmen, die mit weniger Verlust als erwartet überrascht haben. Unternehmenslenker, die an einem Turnaround im operativen Geschäft arbeiten und diesen weiterhin für 2023 oder 2024 anpeilen, werden aktuell bei Meldung der Quartalszahlen mehr Vorschusslorbeeren zugestanden als Unternehmenslenkern, die rückblickend auf eine grandiose Unternehmensentwicklung verweisen können.
Börsianer sollten nun einkalkulieren, dass die unternehmenseigenen Schätzungen zum vierten Quartal – die von vielen CEOs bereits nach unten angepasst wurden – immer noch zu optimistisch sind.
Rezession wird für die USA nun für das zweite Halbjahr 2024 erwartet – wir halten noch dagegen
Immer mehr Volkswirte erwarten für 2024 eine Rezession in den USA. Der Marktradar hält sich mit solchen negativen Prognosen (noch) zurück, weil wir ja immerhin noch ein Wirtschaftswachstum in den USA für das vierte Quartal erwarten. Eine Rezession beginnt bekanntlich nach offizieller Lesart erst dann, wenn es zwei Quartale in Folge negatives Wachstum gibt. Eine Rezession kann also frühestens ab Juli 2024 einsetzen, und das aber nur, sofern sich der nun begonnene Abschwung in der US-Realwirtschaft auch von Januar bis Juni 2024 fortsetzen wird. Ein “Soft Landing”, das kein Quartal mit negativem Wirtschaftswachstum in den USA voraussetzt, ist weiterhin das für den Marktradar bevorzugte Szenario. Wir sind jedoch bereit, das “Soft Landing”-Szenario über Bord zu werfen, sollten die Prognosewerte im GDP-Now Indikator für das Bruttoinlandsprodukt in den USA ein negatives Wirtschaftswachstum aufweisen.
Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?
Für den Handelsstart am Montag erhalten 6 von 60 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von 10 % (in der Vorwoche lag diese Quote bei 1,66 %).
Den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” erhalten für diesen Montag die Branchen Junior-Goldminen (GDXJ), Öl- und Gasproduzenten (XOP), Rüstung inkl. Luft- und Weltraum (ITA), Schifffahrt (BOAT), Uran (URA), Versicherungen (KIE). Als “trendfolgend kaufbar” werden die ETFs für Öl- und Gasproduzenten, Rüstung inkl. Luft- und Weltraum, Schifffahrt und Uran eingestuft.
Nur noch 9 von 60 ETFs erhalten den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” (Vorwoche: 45). Das entspricht einer Quote von 15 %.
Die höchste Quote in der Zuteilung erhält für diesen Montag der Tagesstempel „Unter Beobachtung”. Hier kommen 39 ETFs zusammen, was einer Quote von 65 % entspricht. Der Tagesstempel “Unter Beobachtung” wird dann vergeben, wenn ein ETF vor einem Richtungswechsel stehen könnte; aktuell lassen nahezu alle Branchen-ETFs einen Richtungswechsel von Short auf Long erwarten.
Ein antizyklischer Einstieg, der vom Marktradar über ein Trendfrüherkennungssignal grün zu leuchten beginnt, sehen wir aktuell in drei Branchen-ETFs: China Internet (KWEB), Holz- und Forstwirtschaft (WOOD), REITs für Datencenter und Digitale Infrastruktur (VPN). Eine solche antizyklische Chance taucht in dieser Woche außerdem vermehrt in Länder-ETFs auf, vorwiegend in Lateinamerika. Bedeutend könnte ein solches frühes, antizyklisches Einstiegssignal außerdem für zwei Anleihen-ETFs sein.
Unser Trendfrüherkennungssignal ist von der Trefferquote her nicht sonderlich überzeugend (vielleicht 50 : 50), bietet dafür aber die Chance für längerfristig orientierte Anleger, früh einen Einstieg zu finden, bevor es die Trendfolger tun. Zudem weist ein solcher Einstieg ein außerordentlich gutes Chance-Risiko-Profil (CRV) auf, sofern man den Stopp-Loss unter dem letzten höheren Tief im Chart platziert und danach schrittweise nach oben anpasst, sofern der Kurs der Aktie in die gewünschte Richtung läuft.
Wir wollen daher für heute den Fokus auf Trendfrüherkennungssignale, also antizyklische Einstiege setzen.
Trendfrüherkennung Nr. 1: China Internet
Der von KraneShares emittierte KS CSI China-Internet ETF (KWEB) ist auf Aktien mit Firmensitz in China fokussiert, die vorwiegend über das Internet Geld verdienen. Im KWEB-ETF verorten wir für den 31. Oktober ein höheres Tief, nachdem der KWEB-ETF am 23. Oktober ein 4-Monats-Tief erreicht hatte. Am Freitag konnte der ETF die Schwelle von 27 US-Dollar nach oben überwinden, die im Oktober bereits zweimal getestet wurde. Mit einem Stopp-Loss unter dem Intraday-Tief vom 31. Oktober (25,63 US-Dollar) könnten Trader eine Spekulation auf einen künftigen Trendaufbau im KWEB-ETF auf der Long-Seite eingehen.
Die drei größten Positionen im KWEB-ETF sind PDD Holdings (PDD, 10,53 % Gewichtung), Alibaba (BABA; 9,02 % Gewichtung) und Tencent Holdings (WKN: A1138D; 8,86 % Gewichtung). Als ADRs über die Wall Street handelbar finden sich unter den Top Ten Holdings noch die Aktien von Netease (NTES; 5,07 % Gewichtung) und Baidu (BIDU; 4,89 % Gewichtung).
Die Aktie von Alibaba spiegelt sich in der Kursentwicklung des KWEB-ETfs recht identisch ab, sodass diese Aktie durchaus als Substitut für den ETF in Erwägung gezogen werden kann.
Die Aktie von Baidu zeigt relative Schwäche zum KWEB-ETF, bildete zuletzt ein tieferes Tief statt ein höheres Tief, gehört daher nicht zur ersten Wahl, könnte jedoch als Prä-Earning Spekulation in Betracht gezogen werden; Baidu wird Quartalszahlen am 21. November vorbörslich melden.
Die Aktie von PDD Holdings zeigt zwar mittelfristig relative Stärke zum KWEB-ETF auf, weist für den 31. Oktober jedoch ein tieferes Tief aus und konnte am Schwung der vergangenen Woche nur bedingt partizipieren (die Aktie verlor in der vergangenen Handelswoche sogar 1,72 %).
Netease Inc.
Die Aktie von Netease (NTES; Marktkapitalisierung: 70 Milliarden US-Dollar) ist unser Favorit im Bereich China Internet und konnte am Freitag den Widerstand im Chart bei 110 US-Dollar überwinden und damit auf Schlusskursbasis erstmals wieder höhere Kurse seit Ende Mai 2021 erreichen (Schlusskurs am Freitag: 112,72 US-Dollar). Im Big Picture Chart könnte die Aktie nun auf die Oberseite einer Tassenformation zusteuern, die ihren Anfangspunkt Anfang Februar 2021 bei knapp unter 130 US-Dollar hatte. Netease wird am 16. November vorbörslich neue Quartalszahlen melden.
Netease Inc. (NTES) entwickelt und betreibt einige der beliebtesten Online-Gaming Angebote in China, teils über Partnerschaften mit globalen Spieleentwicklern (unter anderem Microsoft). Außerdem ist Netease im Bereich Online-Bildung aktiv und bietet Lernplattformen über seine Tochtergesellschaft Youdao an. Schließlich können User über “NetEase Cloud Music” Songs streamen. Die vor allem bei der jüngeren Generation beliebte E-Commerce Plattform Yanxuan schließt den Kreis des Internet-Angebots. Yanxuan ist vor allem durch Möbel und Lifestyle Produkte für Küche, Bad und Wohnzimmer für den Kundenkreis der jüngeren Generation bekannt und wirbt mit dem Slogan: “Better Life, better Price”.
Wer auf eine Vollendung der seit mehr als zweieinhalb Jahren sich formierenden “Cup and Handle” Formation spekulieren möchte, könnte sich nun vor den Earnings am 16. November positionieren. Bis zur Vollendung der Tassenformation (ohne Henkel) winkt ein Kurspotential von etwa 15 %.
Trendfrüherkennung Nr. 2: Lateinamerika
Bei den Länder-ETFs fiel uns Lateinamerika ins Auge. In Länder-ETFs für Argentinien, Chile, Kolumbien, Mexiko und Peru sehen wir in den jeweiligen Charts höhere Tiefs, die sich jüngst gebildet haben. Damit kommen diese Länder womöglich dem Nachbarn USA zuvor, in dessen großen Aktienindizes wir aktuell noch keine höheren Tiefs verorten können, die dann auch den Startschuss für ein Trendfrüherkennungssignal beispielsweise im Russell 2000 liefern würden.
Der breiter aufgestellte ETF für die gesamte Lateinamerika-Region (ILF) zeigt im Chart für den 31. Oktober ebenfalls ein höheres Tief an. Der ILF-ETF konnte in der vergangenen Handelswoche um 6,84 % steigen.
Während die Nordamerika-ETFs im Oktober einen Sturzflug nach unten vollzogen, bewegte sich der ILF-ETF für Lateinamerika im Oktober seitwärts.
Vale S.A.
Mit einer Gewichtung von 12,04 % stellt die Aktie des Bergbaukonzern Vale S.A. (VALE; Marktkapitalisierung: 62 Mrd. US-Dollar) die größte Position dar.
Vale S.A. ist eines der größten Bergbauunternehmen der Welt und produziert neben Eisenerz unter anderem auch Nickel, Kohle, Kupfer, Gold, Silber und Kobalt. Aktuell beträgt die Dividende per Annum 6,5 % und für die kommenden zwei Jahre werden rückläufige Unternehmensgewinne erwartet. Das aktuelle KGV erscheint mit unter 7 zwar attraktiv. Solange Vale aber auf der Einkommensseite weniger verdient als Kosten auf der Ausgabenseite anfallen, dürften sich vor allem Dividendenjäger für diese Aktie interessieren. Die Spekulation auf hohe Kursgewinne sollte besser bei anderen Aktien gelingen.
Zahlreiche Analystenhäuser sehen die Aktie von Vale zwar als unterbewertet gegenüber der Peer-Group an, sind aber wegen der fehlenden Gewinnaussichten zurückhaltend, was Kaufempfehlungen betrifft. Am 30. Oktober hat die Citigroup die Aktie von Vale jedoch von Neutral auf Kaufen hochgestuft und nennt ein Kursziel von 14 bis 16 US-Dollar (Schlusskurs der Aktie am Freitag: 14,53 US-Dollar).
Die Mitte der vergangenen Handelswoche gemeldeten Quartalsergebnisse konnten vor allem beim Anstieg der Bruttomarge überzeugen. Höhere Kosten führten jedoch zu einem Rückgang der Erträge, was für die kommenden Jahre vermutlich so bleiben wird.
Der Bruttogewinn stieg bei Vale im Jahresvergleich um 19 % auf 4,3 Milliarden US-Dollar. Die Bruttomarge betrug 40,6 % im Vergleich zu 36,5 % im Vorjahresquartal. Das bereinigte EBITDA belief sich im Berichtsquartal auf 4,2 Milliarden US-Dollar, verglichen mit 3,7 Milliarden US-Dollar im Vorjahresquartal.
Die Ausgaben stiegen im Jahresvergleich um 29 % auf 150 Millionen US-Dollar. Die Forschungs- und Entwicklungskosten stiegen im Vergleich zum Vorjahresquartal um 11 % auf 188 Millionen US-Dollar.
Die Aktie notiert charttechnisch am horizontalen Widerstand um 14,50 US-Dollar, hat nun eine seit Ende Juli sich formierende Seitwärtsbewegung mittels einer w-Formation vollendet. Für einen Einstieg sollte eine Korrektur abgewartet werden. Ein nachhaltiger Ausbruch über 14,50 US-Dollar dürfte nur gelingen, wenn der Sektor Rohstoffe mehr Käufer anlockt als der Sektor Technologie, was aktuell aber nicht der Fall ist.
Der Marktradar stuft die Aktie von Vale aktuell nur mit Halten ein.
Despegar.com
Eine spekulative Turnaround-Story bietet die argentinische Aktie Despegar.com (DESP; Marktkapitalisierung: 473 Mio US-Dollar). Despegar.com Corp. ist ein Online-Reiseunternehmen, das Touren und Firmenpakete zu Zielen wie Paris, Cancun, Rio de Janeiro, Rom, Barcelona und Las Vegas sowie Fahrzeugvermietung und Hotelbuchungen anbietet. Das Unternehmen wurde im Dezember 1999 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Buenos Aires.
Seit der Corona-Pandemie konnte das Unternehmen nicht mehr profitabel wirtschaften. Für 2023 wird jedoch der Sprung in die Gewinnzone erwartet. Die nächsten Quartalszahlen werden für den kommenden Donnerstag, 9. November nachbörslich erwartet und dieses Event könnte die Erwartung auf den Turnaround bekräftigen. Die Aktie konnte in der vergangenen Handelswoche um 14,35 % steigen und den Abwärtskanal, der sich seit Anfang September in der Aktie nach Veröffentlichung von Quartalszahlen gebildet hatte, nach oben verlassen. Die Mitte August gemeldeten Quartalszahlen konnten die Erwartungen der Analysten bereits schlagen. Der Rückgang der Aktie von 8 auf 6 US-Dollar, der auf die Präsentation dieser guten Zahlen folgte, könnte mehr der allgemeinem schlechten Stimmung an den Aktienmärkten und der Reisebranche insbesondere geschuldet sein und weniger der weiterhin guten Aussichten für den operativen Turnaround im Jahr 2023. Sollten die Quartalszahlen in dieser Woche abermals die Analystenschätzungen schlagen, dann wären Kurse um 8 US-Dollar wohl wieder zum Greifen nahe (Schlusskurs am Freitag: 7,17 US-Dollar).
Trendfrüherkennung Nr. 3: Hochverzinsliche Unternehmensanleihen
Sowohl im ETF für hochverzinsliche US-Unternehmensanleihen (HYG) als auch im ETF für langlaufende US-Staatsanleihen mit 20 Jahren und mehr (TLT) können wir ein junges höheres Tief verorten.
Warum wir nun US-Unternehmensanleihen den US-Staatsanleihen vorziehen würden, wollen wir nun mit Blick auf die Charts begründen.
Der ETF für hochverzinsliche US-Unternehmensanleihen (HYG) hat im Chart am 23. Oktober ein 5-Monats-Tief gebildet, über dem wir am 26. Oktober ein erstes höheres Tief ausmachen können. Der HYG-ETF konnte in der vergangenen Handelswoche um 3,39 % steigen, was für diesen ETF eine außerordentliche Performance darstellt. Wir können im HYG-ETF eine Bewegung sehen, die von einem 5-Monats-Tief zu einem neuen 52-Wochen-Hoch (das am Freitag per Tagesschluss tatsächlich erreicht wurde) nur 9 Handelstage brauchte ! Insbesondere in den letzten drei Handelstagen gewann der ETF so gewaltig an Schwung, dass wir schon fast von einer Art Short-Squeeze sprechen können.
Der TLT-ETF hatte am 23. Oktober ein 9-Jahres-Tief gebildet, über dem wir am 30. Oktober ein höheres Tief ausmachen können. Der TLT-ETF konnte in der vergangenen Handelswoche um 4,22 % steigen. Der TLT-ETF notiert immer noch fast 18 % unter dem 52-Wochen-Hoch, konnte am Freitag im Unterschied zum HYG-ETF die Tagesgewinne nicht halten und schloss nur bei einem 3-Wochen-Hoch.
Wer nun Long in US-Anleihen investieren möchte, der sollte nun Unternehmensanleihen den Staatsanleihen vorziehen. Mit dem Ausbruch auf ein neues 52-Wochen-Hoch im HYG-ETF dürften Unternehmensanleihen nun stärker in den Fokus institutioneller Händler rücken als US-Staatsanleihen, die am Freitag im TLT-ETF nur ein 3-Wochen-Hoch erzielen konnten.
Wenn US-Unternehmensanleihen stärker nachgefragt werden als US-Staatsanleihen, dann dürfte das gemäß Risk-On / Risk-Off Logik dem Risk-On Verhalten am Aktienmarkt Auftrieb gewähren.
Welche Aktien würden von Zinssenkungsphantasien profitieren ?
Anleihen sollten nachhaltig nur steigen können, wenn die Marktteilnehmer in naher Zukunft eher erste Zinssenkungen statt weitere Zinserhöhungen erwarten. Im Laufe der vergangenen Handelswoche scheint sich die Meinung hierzu recht deutlich umgedreht zu haben. Statt ein “Higher-for-longer”-Szenario oder gar weitere Zinserhöhungen Richtung 6 % oder 7 % nehmen nun erste Analysten Zinssenkungen für 2024 in den Mund. Natürlich können wir davon ausgehen, dass bei einem US-Wirtschaftswachstum von etwa 1 % für das vierte Quartal 2023, nachdem im dritten Quartal ein Wirtschaftswachstum von fast 5 % gemessen wurde, die US-Notenbank die Zinsen nicht mehr erhöhen wird. Profiteure von Zinssenkungsphantasien bei gleichzeitiger Abschwächung der US-Realwirtschaft wären Aktien aus dem Immobilienbereich und FinTechs, die sich auf die Kreditvergabe fokussiert haben.
Hypoport und Lending Club
Im Marktradar der vergangenen Woche haben wir die deutsche Aktie Hypoport (WKN: 549336) vorgestellt, die sowohl im Kreditgeschäft als auch im Immobiliengeschäft aktiv ist. Die Hypoport-Aktie konnte in der vergangenen Handelswoche um fast 20 % steigen. Das in Lübeck ansässige Unternehmen wird am 13. November vorbörslich neue Quartalszahlen melden.
Ein Profiteur aus den USA wäre die Aktie LendingClub. Die Aktie konnte in der vergangenen Handelswoche über 15 % steigen, nachdem sich der Kurswert seit Mitte Juli innerhalb von vier Monaten halbiert hat.
Lending Club (LC; Marktkapitalisierung: 650 Mio US-Dollar) hat sich nach der Übernahme der Radius Bank von einer ursprünglich wenig profitablen P2P-Kreditplattform zu einem Fintech-Unternehmen mit Banklizenz entwickelt. Nun können den Kunden auch Girokonten oder Sparkonten angeboten werden. Diese werden über einen digitalen Marktplatz verwaltet. Neue Wachstumschancen bieten auch Autokredite, Geschäftskredite und Zahlungspläne für Gesundheitsdienstleistungen.
LendingClub verdient das meiste Geld jedoch über die Kreditschulden der US-Bürger. Und diese werden bekanntlich immer höher, je schlechter die Wirtschaft in den USA läuft. Während der Deutsche vor allem dann einen Kredit aufnimmt, wenn die Wirtschaft brummt, nimmt der US-Bürger Kredite immer in Anspruch, wenn für Ausgaben Geld benötigt wird, das er gerade nicht zur freien Verfügung hat. Lending Club vergibt relativ günstige Kredite, um die bei Visa, Mastercard, American Express und anderen Kreditkartenherausgebern angesammelten Kredite, deren Zinsbelastung für die Schuldner weitaus höher ist als die Zinsbelastung bei LendingClub, so schnell wie möglich zu tilgen. Ziel ist, die monatliche Belastung bei der Ratenzahlung drastisch zu senken. LendingClub bedient mit seinem Online-Marktpkatz sämtliche Einkommensschichten und ist durch clevere Werbung zu einer Art Mainstream-Produkt für US-Bürger und -Bürgerinnen im Kreditvergabegeschäft geworden.
Die Aktie konnte durch den Anstieg in der vergangenen Handelswoche in 5 Handelstagen Verluste wettmachen, die in 27 Handelstagen angefallen waren. Damit saßen die Bullen nicht nur in einem gewöhnlichen Fahrstuhl, sondern eher in einem Raketenlift, wie er manchmal in Science-Fiction Filmen auftaucht.
Sollte sich die Meinung durchsetzen, dass 2024 eher ein Jahr von Zinssenkungen als von hoch bleibenden Zinsen wird, dann dürften Aktien wie Hypoport und Lending Club zu Top-Profiteuren dieser Entwicklung werden.
Das Musterdepot Marktradar bei wikifolio.com
Hinweis: Das wikifolio ist inzwischen unter dem Titel “Marktradar” auf der Plattform www.wikifolio.com publiziert worden. Der Verfasser dieser Kolumne würde sich über weitere Vormerkungen der Leser freuen, damit das wikifolio möglichst schnell als handelbares Zertifikat investierbar gemacht werden kann.
Wertentwicklung im Musterdepot
Das Musterdepot gewann in der vergangenen Handelswoche 3,26 % an Wert. Aktuell sind wir seit Auflegung am 31. Juli 2023 mit 2,4 % im Verlust. Damit stehen wir besser als der DAX da, der seit dem 31. Juli 2023 ganze 7,65 % an Wert verloren hat. Der S&P 500 hat in diesem Zeitraum 4,71 % verloren.
Trades aus der vergangenen Woche im Musterdepot und weiteres geplante Vorgehen
Wir haben im Musterdepot in der vergangenen Woche aktiv getradet und insbesondere am Freitag zahlreiche Aktien mit Gewinn verkauft und auch Teilgewinne realisiert. Damit haben wir die Cashquote vor dem Wochenende auf über 50 % erhöht. Interessierte können auf www.wikifolio.com alle Trades einsehen. Das wikifolio wird unter dem Titel “Marktradar” geführt.
Als Prä-Earning Trades halten wir aktuell Aktien von Alarm.com, Allianz, Axsome Therapeutics, Centrus Energy, Hannover Rück, Genpact, Ivanhoe Mines, Jack Henry & Associates, Knaus Tabbert, Münchener Rück, Mutares, Shockwave Medical, Wynn Resorts. Alle diese Aktien werden in dieser Handelswoche Quartalszahlen präsentieren und wir spekulieren darauf, dass es sowohl kurz vor Bekanntgabe als auch kurz nach den Earnings zu einem Kursanstieg in den Aktien kommt.
Wir planen, in der kommenden Woche weitere Aktien zu kaufen, die innerhalb der nächsten zwei Wochen Quartalszahlen veröffentlichen werden.
Unsere größte Position ist aktuell Uber Technologies (UBER). Uber wird am Dienstag vorbörslich neue Quartalszahlen melden. Wir planen aber, diese Aktie über die Earnings hinaus zu halten.
Booking Holdings konnte trotz guter Quartalszahlen im Chart die 3.000 US-Dollar Marke nicht zurückerobern. Wir erwarten für die nächsten 3 Monate in der Aktie eine Seitwärtsbewegung zwischen 2400 und 3000 US-Dollar (Schlusskurs am Freitag: 2858,75 US-Dollar). Daher werden wir die Aktie am Montag verkaufen und planen einen Wiedereinstieg, wenn die Aktie um 2.600 US-Dollar notiert.
Eli Lilly hat in der vergangenen Handelswoche ebenfalls Quartalszahlen veröffentlicht. Dabei senkte der Pharmariese die Gewinnprognose für 2023 deutlich auf 6,65 US-Dollar, nachdem das Management zuvor noch von 9,76 US-Dollar pro Aktie ausgegangen war. Immerhin eine Verfehlung von über 30 %. Als Gründe wurden vor allem Steuerbelastungen angeführt. Die Aktie kam dadurch aber nicht wirklich unter Verkaufsdruck, konnte am Earning-Day sogar um fast 5 % steigen. Institutionelle Anleger bleiben in der Aktie investiert, weil vor allem das Medikament Mounjaro langfristig für viel Kursphantasie sorgt: Mounjaro wird 2023 voraussichtlich einen Umsatz von 4,47 Milliarden US-Dollar erwirtschaften, was einem Wachstum von mehr als 8.250 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Es wird erwartet, dass sich der Umsatz von Mounjaro im Jahr 2024 nahezu verdoppeln und 7,98 Milliarden US-Dollar erwirtschaften wird. Bis 2028 könnte der Umsatz von Mounjaro 22 Milliarden US-Dollar erreichen. Auch wenn wir kurzfristig in der Aktie keine Höhenflüge erwarten, bleiben wir in der Aktie vorerst investiert. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird die Zulassung von Mounjaro durch die Food and Drug Administration als Medikament zur Gewichtsabnahme erwartet. In diesem Fall wird Mounjaro gegen Wegovy vom dänischen Konkurrenten Novo Nordisk antreten. Beide Medikamente ahmen ein Darmhormon nach und tragen dazu bei, Diabetes-Marker wie A1C und das Sättigungsgefühl zu verbessern und die Geschwindigkeit der Magenentleerung zu verlangsamen. Diese Medikamente werden GLP-1-Agonisten genannt. Aber Mounjaro wird bereits über Ärzte und Apotheken verkauft, obwohl die Zulassung offiziell noch nicht erfolgt ist.
Wir planen einen Call Discount Optionsschein auf den DAX mit CAP bei 15.000 Punkten und Laufzeit 15. Dezember zu kaufen. Für einen Einstieg warten wir aber einen schwachen Handelstag im DAX ab.
Ebenso planen wir einen Call Discount Optionsschein auf den Nasdaq 100 mit CAP bei 14.500 Punkten und Laufzeit 15. Dezember zu kaufen. Für einen Einstieg warten wir ebenfalls einen schwachen Handelstag im Nasdaq 100 ab.
Bei den Aktien, die Quartalszahlen vorgelegt haben, hat uns der Ausblick für 2024 von Electronic Arts (EA) überzeugt. Wir planen einen Call Discount Optionsschein auf diese Aktie mit Laufzeit 15. März 2024 mit CAP bei 120 US-Dollar zu kaufen.
Wir planen auch, einen Put-Discount Optionsschein auf Apple mit CAP bei 200 US-Dollar mit Laufzeit Mitte März 2024 zu kaufen. Wir glauben nicht, dass Apple bis zu den nächsten Quartalszahlen, die für Anfang Februar 2024 erwartet werden, über 200 US-Dollar steigen wird. Die Aktie sieht charttechnisch angeschlagen aus. Die am 2. November veröffentlichten Quartalszahlen lagen innerhalb der Schätzungen. Im Vergleich zu anderen Big-Tech Aktien wie Alphabet oder Microsoft erscheint Apple, was das PEG (Price-Erarning-Growth) betrifft, zu teuer. Beim Price-Earning Growth wird das KGV ins Verhältnis zum erwarteten Gewinnwachstum gesetzt. Apple weist für den Zeitraum 2023 bis 2024 ein PEG von 5 aus. Microsoft hingegen ein PEG von 2,68. Alphabet nur ein PEG von 1,7. Je kleiner der PEG-Wert, umso weniger wird das künftige Wachstum in der aktuellen Bewertung berücksichtigt. Allgemein gelten Aktien, die ein PEG von unter 1 haben, als unterbewertete Wachstumsaktien. Ein PEG von unter 1 zeigt aktuell übrigens Electronic Arts auf.
Hinweis:
Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.