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Marktradar vom 27. März 2023

Marktradar vom Montag, 27. März 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar für Montag, 27. März 2023

Läuft Asien nun Europa davon, während sich der S&P 500 im Seitwärtsgang verkriecht ?

Seit Mitte August 2022 bewegt sich der ETF auf den S&P 500 (SPY) in einer Seitwärtsrange zwischen 420 und 360 US-Dollar. Am vergangenen Freitag schloss er bei 395,75 US-Dollar, also etwas über der Mitte dieser Range. 

Da der mittelfristige Trend im S&P 500 weder Long noch Short, sondern Seitwärts lautet, sollten langfristig bis mittelfristig orientierte Investoren es vielleicht den Stillhaltern nachmachen: Geld verdienen dadurch, dass die Zeit vergeht und Kursschwellen nicht über- oder unterschritten werden.

Neben Daytrader können Stillhalter vermutlich die am höchsten erzielten Renditen für die vergangenen sieben Monate aufweisen.

Nach den Turbulenzen, die wir im Bankensektor seit dem 9. März sahen, verwundert es schon ein bisschen, dass das langfristige Bild des S&P 500 sich in so eine zwar volatile, aber eigentlich lethargische Vorwärtsbewegung “hinein gekrochen” hat.

Drei Bankenpleiten nach Bank-Runs: Kann es noch schlimmer kommen ?

Wenn schon drei Bankenpleiten in so kurzer Zeit den S&P 500 nicht nach unten crashen ließen, dann fragen sich nun viele Börsianer, welche Schreckensszenarien stärkere Crash-Potentiale entwickeln könnten, als die Ängste vor Bankpleiten und Bank-Runs. Mehr geht doch eigentlich nicht, oder?

Da eine Bankpleite auf einen Bank-Run folgt und nicht umgekehrt, wissen die FED unter Jerome Powell und das US-Finazminsiterium unter Janet Yellen nun recht genau, wann und wo sie einschreiten müssen. Das haben beide in der vergangenen Handelswoche auch deutlich kommuniziert: “Unsere Interventionen waren nötig, um das breite US-Bankensystem zu schützen”, so Yellen in einer Rede vor dem Branchenverband American Bankers Association in Washington. Zugleich stellte die US-Finanzministerin und ehemalige US-Notenbankchefin weitere Unterstützung in Aussicht und betonte, dass die Regierung fokussierte Maßnahmen bei Bedarf ergreifen werde, um einen Run auf Giroeinlagen zwecks Abzug von Kundengeldern zu verhindern.

Bestehen auf Indexebene nun also mehr Chancen nach oben als nach unten, weil wir das Schlimmste hinter uns haben ?

Eine Verschärfung der Risiken für den Bankensektor ist nicht ausgeschlossen. Normale Bankkunden ohne Finanzwissen können heutzutage über das Internet schnell herausfinden, dass Geldmarktfonds und sogar Broker mehr Zinsen auf Einlagen zahlen als klassische Kreditinstitute wie Regionalbanken oder Sparkassen. Das führt aber nur zu Abflüssen, nicht zu einem Bank-Run.

Ein möglicher Kollaps einzelner REITs Aktien, die ihr Geschäft zu wenig diversifiziert auf Büro- und Gewerbeimmobilien ausgerichtet haben, wird vermutlich mehr Einzelfall- als Flächenbrand-Risiko zugesprochen. Ich hatte im Marktradar vom 23. März 2023 darüber berichtet. Den S&P 500 sollte dieses “Schreckgespenst” vermutlich kaum aus der Ruhe bringen können.

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

Der Marktradar zeigt mir aktuell, dass in asiatischen Ländern akkumuliert wird, während aus europäischen Ländern zuletzt etwas Kapital abgezogen wurde.

Der ETF für Indonesien (EIDO) konnte in der vergangenen Handelswoche um 4 % steigen. Auch die ETFs für Malaysia (EWM), Thailand (THD) und Vietnam (VNM) verzeichneten Wochengewinne und konnten im Laufe der Handelswoche vom Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” auf “Unter Beobachtung” hochgestuft werden. Nun wird eine Bodenbildung für diese Regionen immer wahrscheinlicher.

Höhere Hochs beobachten wir aktuell in den Charts von Länder-ETFs für Singapur (EWS) und Taiwan (EWT). Beide ETFs erhalten außerdem den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”, so dass Trader hier trendfolgend agieren können.

Schauen wir kurz auf Singapur:

Beim Scannen nach Aktien, die im Vergleich zu anderen, in Singapur beheimateten Unternehmen, relative Stärke aufweisen, fiel mir Maexon Solar Technologies (MAXN; Marktkapitalisierung: ca. 1 Mrd. US-Dollar) auf. Das Unternehmen bietet unter der Marke SunPower Solarzellen an.

Am 7. März verkündete das Unternehmen einen höheren Verlust und auch niedrigere Umsätze als vom Markt erwartet wurde. Dennoch konnte die Aktie am Earning Day um über 40 % steigen. Das könnte dadurch ausgelöst worden sein, weil der erwartete Umsatz für das erste Quartal 2023 nach oben korrigiert wurde. Das Phänomen Buy-on-Bad-News ist manchmal ein gutes Mittel, um frühzeitig an einer Turnaround-Story teilhaben zu können. 

Nach Verkündung der letztendlich enttäuschenden Quartalszahlen bewegt sich die Aktie von Maexon Solar Technologies in einer Spanne zwischen 28 und 22 US-Dollar. Zu beachten ist, dass das Handelsvolumen der ADR’s, die an der Nasdaq gelistet sind, seit Bekanntgabe der Earnings durchgehend höher ist als in den Monaten zuvor. Spekulative Trader könnten sich hier versuchen, sollten aber bedenken, dass der Bereich Solar (entsprechender ETF: TAN) aktuell vom Marktradar den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” erhält. Innerhalb dieser Branche sind jedoch recht unterschiedliche Bewegungen bei den im ETF vertretenen Aktien zu beobachten, so dass die Kursbewegung des ETFs eigentlich kein Spiegelbild von den in ihm vertretenen Aktien darstellt. So notiert First Solar (FSLR) beispielsweise nur etwa 3 % unter dem Allzeithoch. Enphase (ENPH) hingegen notiert etwa 40 % unter dem Allzeithoch, das in dieser Aktie bereits Anfang Dezember 2022 erreicht wurde.

Neuseeland mit höherem Tief

Auch die Region Neuseeland, die im Marktradar durch den ENZL-ETF vertreten ist, zeigte in der vergangenen Woche ein gewisses Eigenleben: Für den 21. März (vergangener Dienstag) verorten wir im ETF ein höheres Tief, während wir in vielen Länder-ETFs aus Europa an diesem Dienstag und auch am darauffolgenden Mittwoch meist tiefere Hochs sehen. Solche Divergenzen an bestimmten Handelstagen entpuppen sich im Nachhinein häufig als Stellschrauben, die bewirken, dass die Richtung der verglichenen ETFs sich von diesem Tag an in eine gegenläufige Richtung entwickelt, als es vor Aktivierung dieser Stellschraube noch der Fall gewesen ist.

Ein REITs für digitale Infrastruktur koppelt sich vom REITs-Sektor ab

Unter den Branchen. die mir an diesem Wochenende positiv aufgefallen sind, befindet sich auch eine bestimmte REITs-Klasse. Während der breit aufgestellte ETF für REITs (XLRE) den Tagesstempel „Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” erhält und sich trotz einer Reboundbewegung am Freitag immer noch fest in einem Abwärtstrend bewegt, ist der ETF VPN, in dem  Aktien enthalten sind, die REITs Konstruktionen darstellen, die in Datencenter und Digitale Infrastruktur investieren, für diesen Montag hochgestuft worden. Ab heute vergibt der Marktradar für diesen ETF den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. 

Ich hatte bereits im Marktradar vom 26. Oktober 2022 über Akten aus diesem VPN-ETF berichtet: Equinix (EQIX), American Tower (AMT), Crown Castle (CCI), Digital Realty Trust (DLR). 

American Tower (AMT) und Crown Castle (CCI) betreiben und vermieten u. a. Mobilfunkmasten, Streckenmeilen für Glasfaser, also alles was mit der Infrastruktur von Telekommunikation und 5G zu tun hat. Equinix (EQIX) stellt die digitale Infrastruktur für Unternehmen her und Digital Realty Trust (DLR) betreibt Rechenzentren.

Viele klassische REITs Aktien mit Schwerpunkt Büro- und Gewerbeimmobilien notieren unter den Kursen aus dem Oktober. Während American Tower, Crown Castle und Digital Realty Trust nah über (!) den Oktobertiefs notieren und am Freitag eine Reboundbewegung vollzogen, zeigt Equinix noch mehr relative Stärke: die Aktie notiert satte 40 % über dem Oktobertief.

Equinix arbeitet als Dienstleister für Betreiber von Rechenzentren, die von Unternehmen für die eigene digitale Infrastruktur benötigt werden. Wachstum generiert das Unternehmen durch den steigenden Informationsfluss, der durch die Verbreitung Künstlicher Intelligenz in den nächsten Monaten und Jahren exponentiell ansteigen muss, damit Chat-GPT und seine Nachfolger Bard (Google) bzw. Ernie (Baidu) die Ausbreitung erfahren können, um deren Implantierung so große Unternehmen wie Nvidia, Meta Platforms, Alphabet, Microsoft und Oracle aktuell konkurrieren, teils aber auch zusammenarbeiten. 

Digitale Infrastruktur-REITs wie Equinix werden voraussichtlich vom Wachstum der Künstlichen Intelligenz sowie der Märkte für autonome Fahrzeuge und virtuelle bzw. erweiterte Realitäten profitieren, das in den nächsten fünf bis sechs Jahren nicht nur robust, sondern exponentiell wachsen soll. Equinix hat sich durch Zukäufe eine Expertise im Bereich Quantencomputer geschaffen.

Angesichts des zunehmenden Zwangs zur Beschleunigung digitaler Transformationsprozesse und -strategien gab Equinix am 15. März bekannt, dass Oxford Quantum Circuits („OQC“) beabsichtigt, einen der weltweit leistungsstärksten Quantencomputer, und zwar den TY11 Tokyo, kommerziell Unternehmen zur Verfügung zu stellen  Unter Nutzung der On-Demand-Verbindungslösung von Equinix, Equinix Fabric, installiert OQC seine Quantenhardware im TY11 eines Unternehmens. Sobald QCaaS mit Equinix Fabric verbunden ist, bietet dies dem Unternehmen die Möglichkeit, die bahnbrechende Technologie zu testen und damit zu experimentieren.

Nvidia hat in der vergangenen Handelswoche während der dreitägigen GTC-Entwicklerkonferenz, die für viel Furore und steigende Kurse bei Nvidia und weiteren Künstliche Intelligenz Profiteuren geführt hat, den Teilnehmern vorgestellt, wie das Konzept Künstliche Intelligenz nun den Ausbau der Kapazitäten in Rechenzentren vorantreiben wird.

Es werden nun Rechenzentren entstehen, die für das Trainieren künstlicher Intelligenz optimiert sind. 

NVIDIA verkündete auf der Entwicklerkonferenz eine Vielzahl von Kooperationen mit anderen Firmen. Genannt wurden unter anderem Super Micro Computer, ASML, Taiwan Semiconductors, Adobe, Oracle, Synopsis, ServiceNow, Shutterstock. Die Nachrichten überschlagen sich derzeit und es werden fast täglich neue Projekte mit Partnerunternehmen genannt.

Equinix steht aktuell noch nicht so stark im Fokus der Profiteure innerhalb des Megatrends Künstliche Intelligenz. Da sich die Aktie seit Oktober aber deutlich besser als andere REITs aus dem Bereich entwickelt hat, ist zu vermuten, dass so mancher AI-Investor schon “ein Bein in der Tür” hat. 

Wem Aktien wie Arista Networks (ANET) oder Super Micro Computer (SMCI), die beide neben Rambus (RMBS) als größte Schaufelverkäufer-Profiteure im AI-Segment gelten, momentan zu heiß gelaufen sind, findet in der Equinix-Aktie vielleicht einen Profiteur, der noch nicht in aller Munde ist. 

Firmen, die vom benötigten Ausbau der Rechengeschwindigkeit in Datacentern vor einer Auftragsflut stehen, gehören zu den am besten gelaufenen Aktien seit Oktober. 

Super Micro Computer notiert etwa 120 % über dem Oktobertief.

Rambus (RMBS) notiert etwa 80 % über dem Oktobertief.

Arista Networks (ANET) notiert etwa 70 % über dem Oktobertief.

Gemäß der von Canslim-Gründer William J. O’Neill wichtigen Regel, dass die Aktien, die in schwachen Marktphasen von Hoch zu Hoch laufen, auch die Gewinner im nächsten Bullenmarkt sein werden, sollten Investoren nicht zu lange zögern, auf diesen Zug mit aufzuspringen. Dieser Zug ist ja erst im November 2022, als Chat-GPT Künstliche Intelligenz auch für Normalsterbliche nutzbar machen ließ, vom Bahnhof abgefahren. Und er hat noch eine lange Reise vor sich.

Hinweis:
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