Season-trader

Marktradar für 30. Oktober 2023

Marktradar für Montag, 30. Oktober 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar vom Montag, 30. Oktober 2023

Zu viele Kanonen im Nebel

Im vierten Quartal wird die US-Wirtschaft abkühlen

Die Federal Reserve of Atlanta hat am Freitag, 27. Oktober, die initiale Erhebung für das Bruttoinlandsprodukt für das vierte Quartal 2023 veröffentlicht. Dieser sogenannte GDP-Now Indikator findet bei institutionellen Investoren viel Beachtung und wird in dieser Frühphase als eine der US-Wirtschaft vorlaufende Prognose betrachtet.

Für das dritte Quartal verzeichnete das US Bureau of Economic Analysis ein Bruttoinlandsprodukt von 4,9 % für die USA, nachdem der GDP-Now-Indikator eine finale Schätzung für das dritte Quartal abgegeben hatte, die bei 5,4 % lag – also um 0,5 Prozentpunkte zu optimistisch gelegen hatte.

Die nun am Freitag veröffentlichte erste Schätzung für das vierte Quartal lag bei nur noch 2,3 %. Damit deutet sich nun eine Abkühlung der US-Wirtschaft für die nächsten Monate an. Die von der Federal Reserve of Atlanta am Freitag veröffentlichte Schätzung von 2,3 % Wachstum für die USA (immerhin mehr als nur halb so viel wie für das dritte Quartal), dürfte insbesondere bei konjunktursensiblen Unternehmen dazu führen, dass die CEOs ihre Prognosen und die Aktienanalysten ihre Schätzungen nach unten korrigieren beziehungsweise Anpassungen vornehmen, die von vielen Experten eigentlich viel früher (teils schon zu Jahresbeginn) erwartet wurden. Denn dass die rapide gestiegenen Zinsen irgendwann dann doch dämpfend auf die US-Wirtschaft einwirken, das kann auch durch das milliardenschwere Infrastrukturprogramm der Biden-Regierung wie auch durch die Tendenz zu einer Reindustrialisierung in den USA (wegen der zunehmenden Produktionsverlagerung in heimische Fabriken und Arbeitskräfte) nicht gänzlich kompensiert werden.

Und wie weit die Künstliche Intelligenz zu bereits starkem Wachstum im dritten Quartal beigetragen hat, darüber sind sich auch Experten uneins. Dass die Künstliche Intelligenz aber nachhaltig zu einem sich beschleunigenden Wachstum wegen optimierter Arbeitsprozesse und wegen langfristig die Personalkosten und teils auch die Produktionskosten reduzierenden Effekte führen wird, scheint inzwischen konsensfähig zu sein.

Sind wir nun im Bärenmarkt ?

Ökonomen und Aktienanalysten stellen sich nun die Frage: Befinden sich US-Aktien wieder im Bärenmarkt von 2022 oder handelt es sich nur um eine temporäre Verschnaufpause im Rahmen eines Anfang 2023 begonnenen Bullenmarktes?

Anlagestrategen sehen aktuell keine wirkliche Panik im Aktienmarkt, aber doch eine recht beharrlich ausgeprägte Scheu davor, in Aktien Geld zu investieren. 

Droht weltweit ein Bankenkollaps ?

Das gilt nun aber für eine ganz andere Weise für den Bereich Anleihen, wo viele Institutionelle sich viel zu früh auf die Long-Seite bei langlaufenden US-Staatsanleihen begeben haben und nun diese so lange halten müssen, bis diese wieder einen Kurswert von 100 % oder darüber aufweisen können – denn würden Investmenthäuser diese jetzt verkaufen, dann wäre eine neue Finanzkrise mit allen ihren katastrophalen Folgen wohl kaum abwendbar. Würden Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und Vermögensverwalter langlaufende US-Staatsanleihen nun komplett vor Verfall glattstellen, dann müsste beispielsweise die Bank of America Abschreibungen von über 100 Milliarden US-Dollar vornehmen. So hoch waren zum Ende des zweiten Quartals die nicht realisierten Verluste in langlaufenden US-Staatsanleihen bei dieser Bank gewesen – und diese Verluste sind nun, Ende Oktober, sicherlich noch weiter ausgeufert.

Der Börsenwert der Bank of America beträgt aktuell 200 Millionen US-Dollar – realisierte Verluste von über 100 Mrd. US-Dollar würden unweigerlich zu einem Bankenkollaps weltweit führen. Solange die Hoffnung auf Verkauf der US-Staatsanleihen zu einem Kurswert von 100 % in Betracht gezogen werden kann, könnte diese Leiche im Keller tatsächlich nur ein Halloween-Schreck – aber mehr auch nicht – sein.

Wird die USA noch in diesem Jahr zahlungsunfähig ?

Dass die USA noch vor Weihnachten zahlungsfähig wird, dürfte temporär eher zum Kopfschütteln statt zu nackter Panik führen – ein Shutdown ab November oder Dezember sollte nach der Wahl von Mike Johnson, der in der vergangenen Woche zum neuen Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt wurde, weiterhin ernsthaft in Betracht gezogen werden.

Dass der Republikaner Mike Johnson in der vergangenen Woche zum neuen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses gewählt worden ist, dürfte die Märkte kaum beruhigen. Mike Johnson ist nun die neue Nummer drei im Staat nach dem US-Präsidenten Joe Biden und dessen Vizepräsidentin Kamala Harris. Mike Johnson gilt als Hardliner und gehört zur religiösen Rechten seiner Fraktion. Der Jurist und frühere Radiomoderator aus dem Bundesstaat Louisiana zählt zu Trumps loyalen Anhängern. Er weigerte sich seinerzeit, Trumps Niederlage gegen Biden bei der Präsidentenwahl 2020 anzuerkennen. Ob er zwischen den Republikanern und Demokraten taktisch klug vermitteln kann – wie man es eigentlich von seinem Vorgänger Kevin McCarthy erwartet hatte -, darf bezweifelt werden.

Institutionelle Vermögensverwalter sind in Anleihen überinvestiert, in Aktien unterinvestiert

Vermögensverwalter wie die Bank of America sind wegen den hohen, nicht realisierten Verlustpositionen in langlaufenden US-Staatsanleihen gezwungen, diese Positionen in ihren Portfolios zu halten und könnten damit durchaus mal in liquide Engpässe geraten, weil dieses Geld für nichts anderes, auch nicht für die sonst so profitablen rollierenden Strategien bei Anleihen verwendet werden kann. Das heißt natürlich auch, dass US-Banken zusehends weniger US-Staatsanleihen mit Laufzeiten von mehr als 10 Jahren kaufen wollen – eben weil sie schon zu viele in ihren Portfolios liegen haben. In Aktien hingegen sind die großen Investmenthäuser eher unterinvestiert; auch bedingt dadurch, dass Verluste in Aktien realisiert werden können, ohne dass gleich das ganze Kartenhaus zusammenbricht.

Da können sich Börsianer zurecht fragen, wer denn bitte die künftig noch auszugebenden US-Staatsanleihen kaufen soll. Nicht umsonst wurde schon der Vorschlag gemacht, dass die US-Regierung mehr Staatsanleihen mit Laufzeiten von nur wenigen Jahren (etwa 3 bis 5) ausgeben sollte, weil dort die Nachfrage noch einigermaßen zu stimmen scheint.

Der Hedgefondsmanager Bill Ackman, der bereits seit Sommer auf steigende Renditen bei US-Staatsanleihen und damit auf fallende Kurse bei Bonds gesetzt hat und mit dieser Wette bei einem Anstieg des zehnjährigen US-Treasury von 3,75 Prozent auf 5,02 Prozent richtig viel Geld verdient hat, verkündete am vergangenen Montag publikumswirksam im Fernsehen (CNBC), dass er gegen 14:45 Uhr über die Plattform X (ehemals Twitter) verkündet hat, dass er nun nicht weiter auf fallende Kurse bei langlaufenden US-Staatsanleihen setzt. Seine Begründung: Die weltpolitische Unsicherheit in der Welt sei zu groß, die Aussichten für eine Rezession in den USA zu deutlich, so dass es riskant sei, jetzt weiter auf steigende Renditen bei langlaufenden US-Staatsanleihen zu setzen. Ihre Funktion als sicherer Hafen könnte in Kürze reaktiviert werden – trotz der hohen Schuldenlast der US-Regierung und der sich abschwächenden Nachfrage.

Ob Bill Ackmann nun Long in langlaufende US-Staatsanleihen geht, hat er aber bisher nicht verkündet. Der Marktradar rät dazu, von langlaufenden US-Staatsanleihen die Finger zu lassen. Erst wenn es absehbar wird, dass die FED sich dafür entscheidet, einen Zinssenkungszyklus einzuleiten, der nicht nur einen, sondern mehrere Zinsschritte nach unten erwarten lässt, dürfte die Nachfrage nach langlaufenden US-Staatsanleihen wieder zu steigen beginnen.

Goldpreis steigt im Oktober um 8,6 %

Dass die letzten drei Wochen in den Aktienmärkten weltweit von geopolitischen Pulverfässern (allen voran der Nahost-Konflikt) geprägt war, kann man auch aus dem Anstieg beim Goldpreis ablesen. Der entsprechende ETF für den Goldpreis (GLD) konnte im Oktober um 8,6 % steigen und erhält vom Marktradar aktuell den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” und zugleich das Siegel “Trendfolgend kaufbar”. Dennoch raten wir nicht zur Aufstockung von Positionen im Goldsektor. 

Der ETF für die Goldminen (GDX) konnte im Oktober zwar um 8,5 % zulegen – also nur geringfügig weniger als der Goldpreis – aber nicht deutlich stärker steigen als der Goldpreis. Nur wenn die Goldminenaktien mit deutlich mehr Schwung als der Goldpreis eine Talsohle beenden, hätte ein Anstieg im Goldpreis auch die Chance, über mehrere Monate hinweg zu steigen.

Wir sehen den Anstieg bei Gold daher nur als eine “hastige Flucht in den sicheren Hafen”; verursacht insbesondere durch den unerwarteten Angriff der Hamas auf Israel und vielleicht auch dadurch, dass US-Staatsanleihen für eine solche Flucht in den sicheren Hafen nicht mehr als ein geeignetes Asset angesehen werden. Diese durch ein weiteres geopolitisch geöffnetes Pulverfass verursachte Flucht in Gold (die übrigens auch im Bitcoin zu beobachten war – aber dazu unten gleich mehr) dürfte vorerst nur als politisch getrieben und nicht als nachhaltig wertsteigernde Bewegung verstanden werden.

Der Nasdaq 100 nun mit Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell Off spekulieren”

Für diesen Montag erhalten ausnahmslos alle großen US-Aktienindizes den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” – auch der ETF auf den Nasdaq 100 (QQQ), der sich in den beiden Wochen zuvor noch in einer besseren Verfassung präsentiert hatte.

Nun sofort auf Short im Nasdaq 100 zu spekulieren erscheint jetzt verspätet oder verfrüht. Wer seit Anfang August Short positioniert war, hat bisher alles richtig gemacht. Wer noch nicht Short positioniert war, sollte abwarten, bis sich in den großen US-Indizes eine kurzfristig überkaufte Situation abzeichnet. Vor allem SmallCaps sind aktuell so stark überverkauft, dass eine Gegenbewegung Anfang November nun von Tradern einkalkuliert werden sollte.

Kann sich der Russell 2000 in der Seitwärtsrange behaupten ?

Mitte Juni und Mitte Oktober 2022 hatte sich im Chart des ETFs zum Russell 2000 (IWM) ein Doppeltief um 160 US-Dollar gebildet, von dem viele annahmen, dass dieses nicht mehr unterschritten wird. Noch Ende Juli 2023 notierte der IWM-ETF knapp unter der 200 US-Dollar Marke. In den nächsten Handelstagen dürfte der IWM-ETF die markante Unterstützung bei 160 US-Dollar ein drittes Mal testen (Schlusskurs im IWM-ETF am Freitag: 162,21 US-Dollar). Sollte die 160 US-Dollar Marke nicht halten, dann könnte es zu einem Abwärtssog im S&P 500 und im Nasdaq 100 kommen, weil dann die Marktbreite weiter “abschmiert” und auch Big Caps mit runterziehen würde. Auf die 160er Marke im IWM-ETF sollten Trader in der kommenden Handelswoche achten und dann ggf. reagieren.

Wann beginnt die Jahresendrallye denn nun ?

Der Marktradar – Season-trader sieht die Hoffnung auf eine Jahresendrallye aktuell deutlich schwinden. Ein kräftiger Aufwärtsschub im US-Aktienmarkt könnte durchaus mit Beginn oder auch mit der Abwehr eines Shutdowns, der ab dem 17. November wieder zur Verhandlung steht, verspätet einsetzen. Es ist auch durchaus möglich, dass es im Januar zu einer Jahresanfangsrallye kommt. Bis zum 17. November sieht der Marktradar höchstens die Chance einer technisch bedingten Gegenbewegung, die danach aber durchaus schnell wieder in sich zusammenfallen könnte und neue Tiefs im Nasdaq 100 und im S&P 500 Mitte November erzeugen könnte.

Während des längsten Shutdowns der US-Geschichte 2018 / 2019 stieg der S&P 500 um über 8 %. Tritt die Haushaltssperre (englisch: Shutdown) in Kraft, dann gilt an der Börse entweder “Buy on Bad News” oder dieses Ereignis wird zu einem Non-Event. Aber die Zeit davor, also noch die Zeit bis mindestens 17. November, verhinderte in der Vergangenheit meist steigende Kurse und damit eine ab Oktober einsetzende Jahresendrallye.

 

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

Für den Handelsstart am Montag erhält nur einer von 60 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von 1,66 % (in der Vorwoche lag diese Quote bei 3,33 %). 

Den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” erhält für diesen Montag nur die Branche Schifffahrt. Der entsprechende ETF (BOAT) wird jedoch vom Marktradar nicht als trendfolgend kaufbar eingestuft. Der BOAT-ETF konnte am Freitag zwar das tiefere Hoch vom 24. Oktober überschreiten (was positiv zu werten ist); da wir am 23. Oktober jedoch ein tieferes Tief im Chart verorten, sollte nun entweder ein höheres Tief abgewartet oder prozyklisch agiert werden, sofern ein Ausbruch über die sich seit August gebildete Seitwärtsrange um 29 US-Dollar gelingt (Schlusskurs im BOAT-ETF am Freitag: 27,98 US-Dollar).

Ein Grund für den Anstieg bei Aktien von Unternehmen, die Container oder Trockenfracht bzw. Öl per Schiff über die Weltmeere fahren lassen, scheint weniger in einer boomenden Auftragsflut zu liegen, sondern vielmehr daran, dass es zu wenige Schiffe für den Transport von Massenfracht gibt, was die Frachtpreise nach oben treibt und die Kalkulationen pro Fracht für die Reedereien rentabler als in den vergangenen Jahren macht.

45 von 60 ETFs erhalten den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” (Vorwoche: 37). Das entspricht einer Quote von 75 %, die rekordverdächtig ist. Wir sehen in nahezu allen Branchen eine Verstärkung der Abwärtsbewegung.

Kanonen im Nebel

Relative Stärke zum Gesamtmarkt zeigen neben Aktien aus dem Bereich Schifffahrt aktuell Aktien aus den Bereichen Öl und Gas, Gold- und Silberminen, Uran, Bitcoin Miners und teils auch Aktien aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung / Rüstung und Sicherheitssoftware. Diese erhalten entweder den Tagesstempel “Buy the dip ?” oder “Bodenbildung oder Seitwärts”. Genannt werden hier Branchen, die dann steigen, wenn externe geo- und finanzpolitische Bedrohungen befürchtet werden, die im Detail zwar noch recht unbestimmt in ihrer Auswirkung bleiben, deren Konfliktauslöser aber durchaus lokalisierbar sind und bereits angstmachend auf Börsenhändler wirken.

Das Sentiment und die Put-Call-Ratio sowie der VIX (Volatilitätsindex) zeigen alle keine Panik an, aber doch Werte, die Anleger so verunsichern, dass selbst Risk-Off Branchen wie Basiskonsumgüter oder Stromversorger nur recht zögerlich als “jetzt interessant” tituliert werden. In einem solchen “Nebel der Angst” gedeihen zwar gute Gruselgeschichten, die in die Halloween-Zeit passen, aber keine guten Anlagemöglichkeiten – selbst auf der Risk-Off Seite nicht.

Man sollte zwar kaufen, wenn die “Kanonen donnern”, aber nicht unbedingt dann, wenn wir nicht wissen, von woher die Kanonen in Kürze in Stellung gebracht werden und vor allem, was für eine Reichweite dem Flug der Kugeln dann zugeschrieben werden könnte.

Bitcoin Miners: Leben Totgesagte länger ?

Der Bitcoin-Kurs erreichte am 24. Oktober ein neues 17-Monats-Hoch. Der vom Marktradar beobachtete Proshares Bitcoin Strategy ETF (BITO) zog hier mit und erhält aktuell den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” und zugleich das Siegel “Trendfolgend kaufbar”. Mit dem Aufwärtsdrift entstand prozyklisch ein charttechnisch auffälliges Kaufsignal, weil eine seit März 2023 etablierte Seitwärtsphase mit Karacho nach oben verlassen werden konnte. Mit diesem Paukenschlag konnten alle Verluste wettgemacht werden, die nach dem Scheitern des Terra-Stablecoins entstanden waren. Der rasche Niedergang von Terra löste eine Vertrauenskrise aus, die mit dem geopolitisch und womöglich auch finanzpolitisch motivierten Ausbruch nun wieder in Optimismus unter den Bitcoin-Fans umschlagen könnte.

Fantasie für steigende Kurse im Bitcoin wird unter anderem dadurch geschürt, dass die Securities and Exchange Commission (SEC) in den kommenden Monaten einen börsengehandelten Fonds, der in den Bitcoin investiert, zulassen wird.

Die Bitcoin-Fonds-Initiative wird von namhaften Investmenthäusern wie Blackrock und Franklin Templeton angeschoben, die sich im Wunsch nach einem Bitcoin-ETF Emittenten wie VanEck und WisdomTree angeschlossen haben und entsprechende Unterlagen zur Prüfung bei der SEC eingereicht haben. Und damit wird es wahrscheinlich, dass im Fall einer SEC-Genehmigung unseriöse und unregulierte Institutionen immer mehr vom Bitcoin-Markt durch an der Wall Street etablierte Institutionen verdrängt werden. Zuversichtlich stimmt bezüglich einer Genehmigung des Bitcoin-Fonds, dass die SEC aktuell unter medialem Druck steht, nachdem ein Gericht in Washington entschieden hatte, dass die Regulierungsbehörde zu Unrecht einen Antrag des Vermögensverwalters Grayscale abgelehnt hatte, sein Flaggschiff-Produkt, Grayscale Bitcoin Trust, in einen ETF umzuwandeln.

Eigentlich sind Kryptowährungen eine Assetklasse, die dann nachgefragt wird, wenn  Risk-On den Ton an der Börse angibt. Aber anscheinend wird der Bitcoin – im Unterschied zu anderen Coins – immer mehr als eine Alternative zu Gold verstanden und auch entsprechend gehandelt. Langfristige Bitcoin-Investoren neigen verstärkt dazu, Bitcoin als eine Art Cold-Value-Storage für den Fall der Fälle zu benutzen. Man kauft also Bitcoins, um nicht damit irgendwas bezahlen zu wollen, sondern, um sie auf einer externen Krypto-Wallet zu speichern und für eine lange Zeit in den Tresor zu legen, wobei man in den Hype-Phasen Teilgewinne realisiert, um dann in Schwächephasen wie zuletzt wieder Bitcoin zuzukaufen. 

Der Valkyrie Bitcoin Miners ETF (WGMI) erhält für diesen Montag den Tagesstempel “Bodenbildung oder Seitwärts”. Ein signifikantes Zwischenhoch wurde Mitte Juli 2023 bei 19,38 US-Dollar erreicht. Seitdem hat sich der Kurswert halbiert (Schlusskurs am Freitag: 9,46 US-Dollar). Die drei größten Positionen im WGMI-ETF sind Cipher Mining (CIFR; Marktkapitalisierung: 800 Mio US-Dollar), Cleanspark (CLSK; Marktkapitalisierung: 600 Mio US-Dollar) und Marathon Digital Holdings (MARA; Marktkapitalisierung: 1,9 Mrd. US-Dollar). Alle drei Aktien bilden zusammen mehr als 30 % vom ETF ab. Die Aktie von Nvidia ist aktuell die zehntgrößte Position im Portfolio des ETFs und ist mit 4,45 % im ETF gewichtet.

Bei Cipher Mining, Cleanspark und Marathon Digital Holdings handelt es sich um klassische Bitcoin-Miners, wobei Marathon Holdings höher kapitalisiert und auch stärker diversifiziert als die beiden anderen Unternehmen aufgestellt zu sein scheint. 

Marathon Digital Holdings verfolgt eine Wachstumsstrategie durch Zukäufe von Minern und konnte so die letzten Jahre massiv wachsen. Das Unternehmen wurde 2010 gegründet und hat seinen Sitz in Las Vegas. 

Alle drei genannten Unternehmen betreiben Rechenzentren, deren Infrastruktur unter anderem von Nvidia geliefert wird. Marathon Digital Holdings ist wohl am stärksten von den drei Unternehmen im Blockchain-Ökosystem als innovativer Erzeuger digitaler Assets auch jenseits von Kryptowährungen aktiv. 

Bitcoin-Mining stellt inzwischen eine Nische im Blockchain-Universum dar, die von anderen Entwicklungen wie NFT’s oder über die per Blockchain Technologie angewandte KI, was die Wachstumsmöglicheiten betrifft, überrollt zu werden scheint. Daher dürften alle Unternehmen, die sich auf das Bitcoin-Mining fokussiert haben, über kurz oder lang vom Markt gezwungen werden, sich zu diversifizieren. 

Weitere Unternehmen, die mit Bitcoin-Mining Geld verdienen wollen, sind beispielsweise Riot Platforms (RIOT; Marktkapitalisierung: 2 Mrd. US-Dollar), Hut 8 Mining (HUT; Marktkapitalisierung: 450 Mio US-Dollar) und Hive Digital Technologies (HIVE; Marktkapitalsiierung: 250 Mio US-Dollar). Hive Digital Technologies versucht aktuell durch Rebranding des eigentlichen Bitcoin-Minings eine weitere spekulative Story hinzuzufügen. Hive Digital Technologies hat sich dabei von Hive Blockchain in Hive Digital Technologies umbenannt, um zu betonen, dass es mehr als nur digitale Assets anbietet und auch im Cloud-Computing aktiv ist.

Der Marktradar favorisiert von den genannten Unternehmen Marathon Digital Holdings und Riot Platforms und nimmt beide nun in die Watchlist für das Musterdepot auf.

Außerdem überzeugt mehr und mehr die Idee vom CEO des Unternehmens Microstrategy (MSTR; Marktkapitalisierung: 5,70 Mrd. US-Dollar), das von allen hier genannten Unternehmen am nahesten der Mitte Juli erreichten Zwischenhochs notiert und damit als erstes von den genannten Aktien noch in diesem Jahr neue 52-Wochen-Hochs erreichen könnte. 

Eigentlich bildet das Kerngeschäft von Microstrategy die Bereitstellung von Business Intelligence, mobiler Software und Cloud-basierte Dienstleistungen. Schaut man in die Unternehmensbilanz, dann verdiente das Unternehmen in der Vergangenheit mehr über seine gehaltenen Bitcoins als über das, was im operativen Geschäft an Gewinn übrig blieb. Im Jahr 2020 kündigte der damalige CEO Michael Saylor seine Absicht an, kein Bargeld mehr zu halten und sich stattdessen auf Kryptowährungen zu verlassen, um seine Unternehmenskasse zu finanzieren – beginnend mit dem Kauf von Bitcoin im Wert von 250 Mio. USD. Wenn man bedenkt, dass Bitcoin seitdem um mehr als das Dreifache gestiegen ist, scheint die nebenher laufende Unternehmensstrategie als “Bitcoin Buy and Hold Player” tatsächlich erfolgreich zu sein. Seit 2020 hat Microstrategy seine Investitionen auf etwas mehr als 140.000 Bitcoins erhöht und dürfte daher von einem Anstieg im Bitcoin indirekt stark profitieren.

Insgesamt raten wir aber eher zu einem Investment in den Bitcoin selbst als zu den Bitcoin-Minern. Wie die Goldminen mit dem Preisanstieg im Goldpreis nicht mithalten können, so laufen auch die Bitcoin-Miner dem Preis des Bitcoins hinterher. Ob hier dieselbe Konklusion wie bei Gold geschlossen werden kann, dass also der Preisanstieg beim Bitcoin nicht nachhaltig ist, weil die Bitcoin-Miners deutlich schwächer performen, mag ich hier nicht beantworten. Dafür ist die Datenhistorie einfach zu kurz. Und in Rechenzentren zu minen ist schon ein anderes Geschäft als physisch unter der Erde zu minen.

Deutsche Nebenwerte: Ist das Schlimmste nun überstanden ?

Mitten in der Rezession ist häufig der beste Zeitpunkt, um “Fallen Angels” zu kaufen. Während zum Beispiel Bill Ackman für die USA nun eine Rezession erwartet (der Marktradar erwartet diese für 2024 nicht !), befindet sich Deutschland inmitten einer Rezession. Nun mehr auf deutsche Nebenwerte als US-Nebenwerte zu setzen – insbesondere wenn es sich um Fallen Angels handelt – könnte vom Zeitpunkt her die bessere Alternative darstellen.

Betrachtet man den Chart des deutschen Scale All-Share Index, der 26 Unternehmen mit niedriger Marktkapitalisierung enthält, so fällt zum Einen die hohe Fallgeschwindigkeit seit Juli diesen Jahres auf. Zum Anderen sieht man deutlich, dass die Erholung 2023 nur sehr schleppend gegenüber anderen deutschen Nebenwerte-Indizes wie dem General All Share Index oder dem SDAX verlief. Inzwischen ist der Scale All Share Index im RSI Wilder Indikator mit dem Parameter 27 auf Wochenbasis unter die Marke von 30 gefallen, was in der Vergangenheit häufig ein verlässlicher Hinweisgeber dafür war, dass das Schlimmste erst einmal durchgestanden sein dürfte. Am Freitag notierte der RSI(27) im Wochenchart bei 29,20.

Ich habe diese Beobachtung zum Anlass genommen, nach deutschen “Fallen Angels” zu suchen, die in dieser Handelswoche trotz wenig überzeugender Quartalsergebnisse im Kurs steigen konnten. Also Unternehmen, bei denen nun das Schlimmste durchgestanden sein könnte.

Zwei deutsche Fallen Angels, die am Freitag trotz schwacher Quartalszahlen steigen konnten

Stratec SE

Die Aktie der Stratec SE (WKN: STRA55; Marktkapitalisierung: 450 Mio Euro) ist am Freitag um fast 5 % gestiegen. Grund für diesen Anstieg ist die leichte Ertragsverbesserung im dritten Quartal, die vorbörslich gemeldet wurde. Seit Jahresbeginn hat die Aktie knapp 60 % an Wert verloren. 

Die Stratec SE (vormals Stratec Biomedical AG) litt vor allem durch den abrupten Wegfall der Corona-Tests. Zudem hatten sich Kunden damals massiv mit Tests und Laborausrüstungen eingedeckt, so dass die Nachfrage auch dadurch fast zum Erliegen kam. Laut dem Unternehmen wird erst ab Anfang oder Mitte 2024 mit einer Normalisierung der Lagerbestände für Corona-Tests bei den Kunden gerechnet. Bis dahin bleibt die schwache Nachfrage vermutlich bestehen. Anders sieht es aber bei neuen Produkten aus. Hier kann der Lieferant von Laborausrüstungen vor allem für die Diagnostik nun erste Erfolge vermelden und stellte eine gut gefüllte Produktpipeline vor. Außerdem soll sich noch im vierten Quartal 2023 sowie im nächsten Jahr die Übernahme von Natech Plastics positiv auf den Umsatz auswirken. Auch wenn der Geschäftsverlauf eigentlich weder positive noch negative Überraschungen enthielt, könnte der Tiefpunkt in der Aktie mit der Veröffentlichung der Ergebnisse zum dritten Quartal nun überschritten worden sein. 

Positiv merkten Redakteure des Anlegermagazins DER AKTIONÄR am Freitag an, dass sich die Ertragslage gegenüber den Vorquartalen verbessert hat. Und zwar deutlich: Aus dem am 27. Oktober veröffentlichten Quartalsbericht wird nämlich ersichtlich, dass sich im dritten Quartal die operative EBIT-Marge mit 14,8 % gegenüber dem Vorquartal fast verdreifacht hat. Hier machte sich offensichtlich das eingeleitete Ergebnisverbesserungsprogramm bereits bemerkbar.

Auch wenn die Quartalszahlen zum dritten Quartal nun wirklich keinen Befreiungsschlag darstellten, so konnte sich die Aktie am Freitag in einem schwachen Marktumfeld behaupten. Sollte das Tief vom Donnerstag bei 36,20 Euro am heutigen Montag im Xetra-Handel nicht unterschritten werden (Schlusskurs am Freitag: 38,65 Euro), dann könnten wir ein erstes höheres Tief im Chart lokalisieren und es läge für die Aktie ein Trendfrüherkennungssignal für die Long-Seite vor.

Hypoport SE

Die Hypoport SE (WKN: 549336; Marktkapitalisierung: 750 Mio Euro) betreibt ein Netzwerk von Technologieunternehmen für die Kredit- & Immobilien- sowie Versicherungswirtschaft. Sie gruppiert sich in vier voneinander getrennte Segmente die voneinander profitieren sollen und in naher Zukunft “aus einer Hand” angeboten werden sollen: Kreditplattform, Privatkunden, Immobilienplattform und Versicherungsplattform. Das langfristige Ziel von Hypoport ist es, sich zum Full-Service-Anbieter für den Kauf und Verkauf von Immobilien und Wohnungen zu entwickeln. Das Unternehmen mit Sitz in Lübeck möchte seinen Kunden einen Rundumservice aus einer Hand mit minimalem Aufwand und Stress anbieten. Hierzu wurden zahlreiche strategische Investitionen, wie der Zukauf von FIO, einer Firma, die webbasierte Softwarelösungen für die Immobilienbranche anbietet, und die Übernahme der Value AG getätigt. Damit kann inzwischen die komplette Wertschöpfungskette im Bereich der Besichtigung und Bewertung von Immobilien vorgenommen werden. Hypoport will dadurch die komplette Digitalisierung von Vermarktung, Bewertung, Finanzierung und Verwaltung von Immobilien erreichen, die Zwischenschritte minimieren und effizienter gestalten. 

Die Aktie ist am Freitagmorgen nach Veröffentlichung von Quartalszahlen zunächst unter die 100-Euro-Marke gefallen. Grund dafür sei gewesen, dass der Finanzdienstleister seine Umsatzprognose wegen des weiter schwierigen Geschäfts mit Immobilienfinanzierungen gesenkt habe. 

Nachdem der Kurs am Freitagmorgen mit einem Gap nach unten eröffnet hatte, hätten sich bereits in den nächsten Minuten genug Käufer gefunden, um den Kurs schnell und recht deutlich über die 100-Euro-Marke zu hieven. Die Aktie schloss im Xetra-Handel am Freitag bei 111,20 Euro – fast 13 % über dem Tiefststand vom Freitag.

Die am Donnerstag nachbörslich verbreitete Senkung der Umsatzprognose könnte nun für Trader und Anleger positiv zu werten sein, wie Analysten von Warburg Research betonten. Mit den jüngsten Nachrichten sei die Katze nämlich aus dem Sack und negative Nachrichten dürften nun fast vollends eingepreist sein. Die Messlatte für die künftigen Quartalszahlen liegt nun sehr niedrig. Der Analyst von Warburg Research betonte, dass Kurse unter 100 Euro exzellente Kaufgelegenheiten für Anleger mit mittelfristiger Perspektive seien.

Der Marktradar teilt diese Meinung und nimmt die Aktie in die Watchlist für das Musterdepot auf.

Das Musterdepot Marktradar bei wikifolio.com

Hinweis: Das wikifolio ist inzwischen unter dem Titel “Marktradar” auf der Plattform www.wikifolio.com publiziert worden. Der Verfasser dieser Kolumne würde sich über weitere Vormerkungen der Leser freuen, damit das wikifolio möglichst schnell als handelbares Zertifikat investierbar gemacht werden kann.

Wertentwicklung im Musterdepot

Das Musterdepot verlor in der vergangenen Handelswoche 2,88 % an Wert. Aktuell sind wir seit Auflegung am 31. Juli 2023 mit 5,48 % im Verlust. Damit stehen wir besser als der DAX da, der seit dem 31. Juli 2023 10,70 % an Wert verloren hat. Der S&P 500 hat in diesem Zeitraum fast 10 % verloren.

Trades aus der vergangenen Woche im Musterdepot und weiteres geplante Vorgehen

Wir haben im Musterdepot in der vergangenen Woche aktiv getradet und ich möchte hier nicht alle Trades kommentieren, die nun ja auch mit der Publizierung auf www.wikifolio.com für Interessenten einsehbar sind. 

In der vergangenen Handelswoche hielten wir viele Aktien, die im Laufe der Woche Quartalszahlen gemeldet hatten. Neben wenigen positiven Kursreaktionen am Tag der gemeldeten Quartalszahlen (Graco, Rollins) überwogen doch eher negative Reaktionen (Automatic Data Processing, Alphabet, Exponent, Simpson Manufacturing u. a.), so dass eine Outperformance über Prä-Earning Trades zum Gesamtmarkt in der vergangenen Handelswoche nicht erreicht wurde. Immerhin verlor das wikifolio nur geringfügig mehr als der S&P 500 (-2,50 %) und der Nasdaq 100 (-2,62 %). 

Als Prä-Earning Trades halten wir aktuell Aktien von Advanced Micro Devices, Alnylam Pharmaceuticals, AT&S Austria, Axcelis Technologies, Boise Cascade, Booking Holdings, Cameco, Caterpillar, Checkpoint Software, Crocs, Dropbox, Etsy, Extreme Networks, Fastly, Humana, Inmode, IQVIA Holdings, Lantheus, Lattice Semiconductor, Livent, Match Group, Monolithic Power, On Semiconductor, Rambus, S&P Global, Tennant, Trex Company, Zebra Technologies. Alle diese Aktien werden in dieser Handelswoche  Quartalszahlen präsentieren und wir spekulieren darauf, dass es sowohl kurz vor Bekanntgabe als auch kurz nach den Earnings zu einem Kursanstieg in den Aktien kommt – auch wenn diese Spekulation in der vergangenen Handelswoche nicht aufgegangen ist.

Das Faktor 5 Long-Zertifikat auf den Nasdaq 100 haben wir am Montag verkauft und sind am Mittwoch und Donnerstag zu günstigeren Kursen und mit auch kleineren Tranchen wieder eingestiegen. Da wir zumindest kurzfristig auf eine Gegenbewegung spekulieren, wollen wir die aktuelle Position behalten, würden kleinschrittig nachkaufen und auch Gewinne realisieren; aber bei einer Verstärkung der Abwärtsbewegung die Reißleine ziehen.

Von der Alphabet-Aktie wollen wir uns am Montag trennen. Auch wenn die Quartalszahlen nur im Cloud-Geschäft unter den Erwartungen lagen und auch nur dieses “Haar in der Suppe” letztendlich die Börsianer auf den “Verkaufen-Knopf” drücken ließ, sieht die Aktie charttechnisch nun angeschlagen aus. Im Wochenchart wurde das höhere Tief aus der 39. Kalenderwoche in dieser Woche unterschritten. Wenige Wochen vor Beginn der nächsten Quartalszahlen, die für Ende Januar 2024 erwartet werden, könnte sich ein Wiedereinstieg in die Alphabet-Aktie anbieten. Zuvor könnte sich die nun zu erwartende Korrektur in der Aktie bis 110 oder sogar bis 100 US-Dollar ausweiten (Schlusskurs am Freitag: 122,17 US-Dollar).

Stattdessen wollen wir das freiwerdende Kapital in die Aktie von Oracle (ORCL) investieren. Oracle hatte vor wenigen Tagen bekannt gegeben, dass NVIDIA AI Enterprise, eine Software in Unternehmensqualität, die Data Science beschleunigt und die Entwicklung und den Einsatz von produktionsreifer KI rationalisiert, ab sofort über den Oracle Cloud Marketplace verfügbar sei. Gleiches gilt für die KI-Supercomputing-Plattform NVIDIA DGX Cloud. Diese Angebote bieten Kunden einen einfachen Zugang zu NVIDIAs Plattform für die durchgängige KI-Entwicklung und -Bereitstellung auf Oracle Cloud Infrastructure (OCI). Kunden können nun schnell und einfach jede Art von Training großer Modelle für generative KI-Anwendungen auf OCI durchführen. Viele Unternehmen nutzen bereits die Vorteile von beschleunigtem Computing und KI von NVIDIA auf OCI. Weitere OCI-Kunden können die Entwicklung von generativen KI-Anwendungen jetzt beschleunigen.

Damit steigert Oracle seinen First-Mover-Effekt, was die Erzeugung von generativen KI Modellen betrifft, massiv. Oracle wird mit diesem neuen Angebot vorerst kaum Geld verdienen, wird dafür aber langfristig neue Kunden an sich binden können, was wir für einen sehr klugen Schachzug seitens der Unternehmenslenker ansehen. Auf längere Sicht wird Oracle die dominierende und fast schon monopolartige Stellung, die der Software-Riese nun als Anbieter für die Entwicklung und Testung generativer KI-Anwendungen genießt, wohl noch weiter ausbauen können. Wettbewerber stoßen hier jetzt schon auf einen so breiten Burggraben, dass vermutlich keine andere Software-Firma Oracle hier merklich Anteile abknöpfen kann.

Charttechnisch sieht die Aktie nun wieder interessant aus. Nach der scharfen Korrektur infolge der im September gemeldeten Quartalszahlen, die – ähnlich wie bei Alphabet in dieser Woche – eigentlich von übertrieben hohem Pessimismus überzogen waren, testet die Aktie aktuell die 100 US-Dollar-Marke. Am Donnerstag ist die Aktie für kurze Zeit darunter gerutscht. Der Schlusskurs von Oracle am Freitag lag bei 100,99 US-Dollar. Wir planen einen engen Stopp-Loss unter der Marke von 100 US-Dollar zu platzieren, so dass das Chance-Risiko-Verhältnis sehr gut ist, wenn diese horizontale Unterstützung verteidigt werden kann. Oracle wird erst um den 11. Dezember herum neue Quartalszahlen melden.

Meta Platforms wurde am Tag nach den Quartalszahlen ebenfalls von Börsianern verkauft, obwohl rückblickend die Schätzungen der Analysten eigentlich auf überzeugende Weise geschlagen werden konnten. Denn sowohl auf der Ertrags- als auch auf der Kostenseite lag man deutlich über den Erwartungen. So stieg der Umsatz im 3. Quartal um 23 % auf 34,15 Mrd. US-Dollar (Prognose: 33,4 Mrd. US-Dollar), während die Betriebsausgaben um 7 % zurückgingen. Dabei senkte das Unternehmen für das Gesamtjahr noch einmal die Prognose der Gesamtausgaben, was natürlich positiv zu sehen ist. Das Betriebsergebnis stieg um satte 143 % auf 13,75 Mrd. US-Dollar, während sich die operative Marge von 20 % im Vorjahresquartal auf 40 % verdoppelte. Der Gewinn pro Aktie lag mit 4,39 US-Dollar deutlich über den erwarteten 3,62 US-Dollar. Nach Bekanntgabe dieser Zahlen stieg die Aktie von Meta Platforms zunächst um mehr als 4 % im nachbörslichen Handel. Erst als dann im Earning Call die CFO Susan Li zu Wort kam, drückten Börsianer auf den “Verkaufen-Knopf”. Diese sagte, dass sich ab Oktober das Werbegeschäft abgeschwächt habe. Diese Abschwächung sei mit dem Ausbruch des Krieges in Gaza und dem Überfall auf Israel zusammengefallen. Damit sei es wahrscheinlich, dass ein anhaltender Konflikt in der Region das Werbegeschäft weiter bremse. Auch in früheren Konflikten dieser Art sei das Werbegeschäft schlechter gelaufen, so Susan Li.

Befürchtet wird nun, dass in den kommenden Quartalen die Margen wieder schrumpfen könnten, sollte der Krieg anhalten, zumal die Investitionsausgaben für das Jahr 2024 auf 30 bis 35 Mrd. US-Dollar angesetzt wurden. Im Jahr 2023 werden sie nur bei etwa 27 bis 29 Mrd. US-Dollar liegen und damit deutlich niedriger als im kommenden Jahr. Neben den Investitionen in Server und KI-Hardware fließt das Geld in neue Rechenzentren, die bereits Ende letzten Jahres angekündigt wurden. 

Daneben darf nicht vergessen werden, dass Investitionen in das Metaverse weiter hohe Verluste einfahren. Im kommenden Jahr wird mit weiter steigenden Verlusten gerechnet. So wird die Skalierung des Metaverse mit neuen Produkten und Softwarelösungen weiter vorangetrieben. Die hohen Investitionen in das Metaverse verteidigte Mark Zuckerberg erneut und verwies auf die zuletzt gemachten Erfolge, unter anderem bei den AR-Brillen.

Zuckerberg betonte, dass man sich im kommenden Jahr neben dem Thema KI weiter auf eine effiziente Betriebsführung konzentrieren werde. Dabei wird man unter anderem eine Reihe von Projekten zurückstellen, die nichts mit KI zu tun haben. Die KI treibt schon jetzt das Umsatzwachstum im Werbebereich voran. So haben KI-gesteuerte Feed-Empfehlungen einen immer größeren Einfluss auf die Verweildauer der Nutzer. Allein in diesem Jahr stieg durch KI die Verweildauer auf Facebook um 7 % und auf Instagram um 6 %. Erfreulich waren die Nutzerzahlen bei Facebook und Threads, die weiter ansteigen konnten. Allein bei Facebook waren täglich 2,09 Mio. Nutzer aktiv, was einen Anstieg von 5 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Interessant dabei ist, dass auch die Zahl der Werbeeinblendungen bei den Apps von Meta Platforms deutlich zunahm. So stiegen die Einblendungen gegenüber dem Vorjahr um 31 %. Auch bei Threads, der neuen X-Alternative von Meta, läuft es wesentlich besser, als die Analysten vermutet hatten. So sind es aktuell gut 100 Millionen Nutzer, welche die App mindestens einmal im Monat nutzen. Nach wie vor ist Mark Zuckerberg überzeugt davon, dass man mit Threads in den kommenden Jahren mehr als eine Milliarde Nutzer an sich binden werde. Dabei wurde im Earning Call erwähnt, dass Threads in den nächsten Monaten wohl auch in Europa verfügbar sein soll, sofern die Restriktionen seitens der EU aufgrund neuer gesetzlicher Bestimmungen zum Datenschutz dieses Vorhaben nicht noch verhindern werden.

Wir halten Meta Platforms weiterhin für ein Technologieunternehmen, das in Sachen Innovationskraft zu den absoluten Leadern im Tech-Bereich gehört. Das höhere Tief von der 39. Kalenderwoche, das sich auch im Wochenchart von Meta Platforms findet, ist auf Wochenschlusskurs-Basis nicht unterschritten worden. Damit halten wir ein Anlaufen neuer Hochs bei Meta Platforms für deutlich wahrscheinlicher als bei Alphabet und bleiben in der Aktie vorerst investiert.

Wir planen für Montag einen Wiedereinstieg in den Pharmariesen Eli Lilly. Damit wollen wir uns vor Veröffentlichung der Quartalszahlen, die am kommenden Donnerstag vorbörslich veröffentlicht werden, positionieren und planen auch nicht, vor Veröffentlichung der Quartalszahlen die Positionsgröße zu reduzieren, wie wir das sonst in den Prä-Earning Trades meistens machen.

Bei Eckert & Ziegler konnten wir in der vergangenen Handelswoche Anschlusskäufe sehen. Die neue Ausrichtung des Managements, über die wir im Marktradar vom 23. Oktober und ausführlicher über das Geschäftsmodell im Marktradar vom 16. Oktober berichtet hatten, scheinen von den Börsianern honoriert zu werden. Wir platzieren ein Kauflimit bei 34 Euro im Markt, um in die Aktie einen Wiedereinstieg zu bekommen, nachdem wir zuvor einen Tradinggewinn von 6 % in der Aktie innerhalb von 24 Stunden erzielen konnten. 

Hinweis:

Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.

WF MR 20231029