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Marktradar vom 5. Juni 2023

Marktradar vom Montag, 5. Juni 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar für Montag, 5. Juni 2023

Wechseln Börsianer nun vom SPY-ETF in den RSP-ETF ?

Der ETF für den S&P 500 (SPY) hat am Freitag per Tagesschluss ein neues 52-Wochen-Hoch erreicht. Damit konnte das zuvor gültige Jahreshoch von Mitte August 2022 erstmals überwunden werden. 

Dieser Ausbruch wurde zwar von höherem Handelsvolumen begleitet, jedoch war dieses nicht exorbitant hoch. Der Handelsumsatz für den SPY-ETF betrug am vergangenen Freitag etwa 40 Mrd. US-Dollar. Das liegt zwar im oberen Bereich der seit Anfang April in diesem ETF beobachteten Handelsumsätze, jedoch nur im mittleren Bereich der seit den letzten zwei Jahren in diesem ETF beobachteten Handelsumsätze.

Seit einigen Wochen rückt verstärkt ein ETF in die Berichterstattung, der ebenfalls nur Aktien aus dem S&P 500 enthält, diese aber gleich gewichtet abbildet (RSP).

Im Monat Januar dieses Jahres konnte der RSP-ETF höher steigen als der SPY-ETF: Der RSP-ETF stieg im Januar um 7,4 %, der SPY-ETF stieg nur um 6,3 %. Seit Anfang Februar konnte der RSP-ETF aber mit dem SPY-ETF nicht mehr Schritt halten: Der SPY-ETF konnte seit Anfang Februar dieses Jahres um 5,7 % zulegen. Der RSP-ETF verlor seit Anfang Februar dagegen 4,8 % an Wert. Wir sahen eine Outperformance des SPY-ETF um mehr als 10 %, die vorwiegend durch wenige Aktien aus dem Big-Tech Bereich bewirkt wurde, die wegen ihrer hohen Marktkapitalisierung den SPY-ETF mit Hebelwirkung zum nun erreichten 52-Wochen-Hoch steuerten. 

Schauen wir uns nun den Handelsumsatz im RSP-ETF vom vergangenen Freitag an, so sehen wir etwas, das Börsianer stutzig werden lassen sollte: Der Handelsumsatz für diesen RSP-ETF betrug am vergangenen Freitag etwa 1,5 Mrd. US-Dollar. Also deutlich weniger als im SPY-ETF, was auch normal ist. Was aber auffällt ist, dass wir am vergangenen Freitag im RSP-ETF den höchsten Handelsumsatz sahen, der seit langer Zeit in diesem ETF gemessen wurde. Hohe Handelsumsätze sahen wir im RSP-ETF außerdem meist nur an Tagen, an denen Aktien an der Wall Street mehrheitlich verkauft wurden. Am Freitag wurden Aktien aus dem S&P 500 aber mehrheitlich gekauft.

Es kann aus dieser Beobachtung geschlossen werden, dass einige Anleger nun vom SPY-ETF auf den RSP-ETF gewechselt sind – vermutlich, weil sie in der gleichgewichteten Version nun mehr Aufwärtspotenzial sehen als in dem Platzhirsch-Produkt, das Aktien aus dem S&P 500 desto höher gewichtet, je höher die Marktkapitalisierung ist. 

Die Wechseltrader mögen von der Anzahl her noch gering erscheinen. Einflussreicher als das tatsächliche Umschichten könnte aber die Wirkung sein, die diese Umschichtung nun in der Berichterstattung auslösen könnte.

Gemäß Risk-On- / Risk-Off Logik wäre ein Wechsel vom SPY-ETF in den RSP-ETF ein bullisches Zeichen für alle Stockpicker, die sich bisher nicht auf Big-Tech Aktien wie Microsoft oder Apple fokussiert haben, sondern in den vergangenen vier Monaten anderswo ihr Glück versucht haben. Und diese Stockpicker werden von der Anzahl her deutlich höher sein als die Stockpicker, die sich vier Monate lang weitestgehend mit Microsoft, Apple & Co. begnügt haben.

Beginnt nun also eine Renaissance von Aktien aus dem S&P 500, die bisher im Schatten dieser Big-Tech-Giganten standen ?

Der ETF für den Russel 2000 (IWM) konnte am Freitag immerhin aus der seit Mitte März verlaufenden Seitwärtsrange nach oben ausbrechen. Der Ausbruch erfolgte mit den höchsten Handelsumsätzen, die seit Mitte März gemessen wurden. 

Damit könnte es sich lohnen, im Juni wieder vermehrt Aktien aus der zweiten und dritten Reihe zu kaufen. Dass damit die Big-Tech Aktien unter Abgabedruck geraten, sollte aus dieser Überlegung heraus nicht geschlossen werden. Die Big Tech Aktien dürften mit der breiten Masse nach oben bewegt werden – wenn auch in weniger hervorstechender Weise als in den vergangenen vier Monaten.

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

Werfen wir zunächst einen Blick auf Regionen jenseits der USA. 

Europa korrigiert

Die meisten europäischen Länder-ETFs bewegen sich seit Anfang Mai auf US-Dollar Basis in einer Korrekturbewegung. Einige europäische Länder-ETFs werden aktuell sogar mit dem Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” bewertet. Dazu zählen alle Länder-ETFs aus Skandinavien sowie die Länder-ETFs aus Belgien, Österreich und Portugal. Neue 52-Wochen-Hochs wie im S&P 500 sehen wir in europäischen Länder-ETFs auf US-Dollarbasis nicht. Relative Stärke zeigen die ETFs für Griechenland (GREX) und Polen (EPOL).

Indien ist wieder kaufbar, China bald auch ?

Aus der Region Asien sehen wir aktuell einige Länder-ETFs, die trendfolgend gehandelt werden könnten. Dazu zählen Indien (INDA), Japan (EWJ), Südkorea (EWY), Taiwan (EWT).

Länder-ETFs aus China haben am Mittwoch, 31. Mai, die tiefsten Kurse seit Jahresbeginn gesehen. Das gilt sowohl für den ETF für chinesische Large Caps (FXI) als auch für den ETF für chinesische Internet-Aktien (KWEB). Mit Monatsbeginn am Donnerstag begann dann eine Umkehrbewegung, die von höherem Handelsvolumen begleitet war. 

Freunde des antizyklischen Handelns könnten sich nun Aktien aus China genauer ansehen und darauf spekulieren, dass wir Ende Mai auch die vorerst tiefsten Kurse in vielen chinesischen Aktien gesehen haben.

Emerging Markets dank Taiwan im Aufwind

Der ETF für die Emerging Markets (EEM) schloss am Freitag an der Wall Street bei 39,54 US-Dollar. Sollte der EEM-ETF in Kürze die 40 US-Dollarmarke überwinden, dann ergibt sich charttechnisch ein starkes prozyklisches Kaufsignal.

Die im EEM-ETF am höchsten gewichtete Aktie ist Taiwan Semiconductor (TSM). Die Aktie ist im EEM-ETF mit 6,77 % gewichtet. Die Aktie konnte im Zuge der starken Nvidia Quartalszahlen am 25. Mai ein neues 52-Wochen-Hoch erreichen und verbuchte – wie nahezu alle KI-Profiteure – im Nachgang bisher kaum Gewinnmitnahmen. 

Wird Intel bald wachgeküsst ?

Bekanntlich stellt Taiwan Semiconductor neben Samsung Electronics die Halbleiter her, die Nvidia designt. Es ist ebenfalls bekannt, dass der Nvidia CEO Jen-Hsun Huang die Abhängigkeit von Taiwan Semiconductor reduzieren möchte – also die Lieferketten für die Chipproduktion dezentralisieren möchte. Bereits Ende März verwies Jen-Hsun Huang auf eine mögliche Zusammenarbeit mit dem US-Halbleiterhersteller Intel (INTC).

Im Vergleich zu anderen Aktien aus dem Halbleiter-Sektor stellt der Chart von Intel ein Trauerspiel dar. Am Mittwoch, 31. Mai, wurde die Möglichkeit einer Kooperation zwischen Nvidia und Intel von den Börsianern offensichtlich zum Anlass genommen, um Intel Aktien zu kaufen. Intel stieg am Mittwoch gegen den Trend des Gesamtmarktes. Bisher handelt es sich nur um vage Äußerungen beider CEOs. Sollte sich eine Zusammenarbeit zwischen Nvidia und Intel aber tatsächlich konkretisieren, dann dürfte Intel aus dem Dornröschenschlaf erwachen – wachgeküsst von Jen-Hsun Huang.

Technologie dank Nvidia ohne Abgabedruck

Trendfolgend kaufbar sind gemäß Marktradar weiterhin alle Aktien aus dem Bereich Technologie, hier besonders alles, was im Newsflow um die Künstliche Intelligenz mitschwimmt. 

Womöglich ist mit den Nvidia-Zahlen nun erst die KI-Revolution in ihrer Bedeutung für die Realwirtschaft bei den Aktienanalysten angekommen – trotz hoher Bewertung wurden die Kursziele für Nvidia angehoben. Aktienanalysten der UBS, von Barclays, Goldman Sachs und JPMorgan nannten direkt nach dem starken Ausblick, den Nvidia im Earning Call gegeben hat, Kursziele zwischen 440 und 500 US-Dollar (Schlusskurs von Nvidia am Freitag: 393,27 US-Dollar). 12 – 27 % Kurspotential wird Nvidia in den nächsten Wochen und Monaten also von großen Analystenhäusern noch zugetraut.

Kriegen Leerverkäufer jetzt kalte Füße ?

Aktuell sehen wir teilweise recht stabil verlaufende Kursanstiege bei Aktien, in denen Leerverkäufer weiterhin hoch positioniert sind. Diese könnten mit einer Renaissance von Aktien aus der zweiten Reihe zunehmend unter Eindeckungs-Druck geraten. So zum Beispiel bei Upstart Holdings (UPST), die wir als Short-Squeeze-Chance bereits im Marktradar vom 22. Mai ausfindig gemacht haben; seitdem ist die Aktie um fast 30 % gestiegen, wobei sich der Kursverlauf eher stetig als sprunghaft vollzieht. Upstart Holdings betreibt eine cloudbasierte Kreditplattform, die künstliche Intelligenz verwendet.

Shortsqueeze Chance bei zwei Möbelhändlern ?

Mir sind zwei Möbelhändler aufgefallen, deren Aktien durch Leerverkäufe stark an Wert verloren haben.

Möbelhändler sind – sofern sie die Möbel selbst herstellen – dem Sektor “Zyklische Konsumgüter” zuzuordnen, dessen ETF (XLY) laut Marktradar aktuell mit dem Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” bewertet wird.

Sofern nur Möbel verkauft werden, könnte die Aktie eines Möbelhändlers eher dem Sektor “Einzelhandel” zugeordnet werden. Dieser Sektor wird vom Marktradar aktuell mit dem Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” bewertet und erhält für heute sogar ein Swing-Signal auf der Short-Seite.

Möbelhändler waren Profiteure während der COVID-19 Pandemie und standen bei Börsianern im Rahmen des erzwungenen Stay-at-home Hypes ganz oben auf den Kauflisten. Mit dem Abebben der Pandemie ließ auch die Nachfrage nach Möbeln nach, was so manchen Hedgefonds dazu trieb, Aktien, die mit Möbeln Geld verdienen, zu shorten. 

Die aktuelle Schwäche von Aktien aus dem Sektor Einzelhandel ist in der Angst der Investoren vor einem Konjunkturabschwung begründet. Ob dieser tatsächlich die US-Wirtschaft noch in diesem Jahr ausbremsen wird, kann aktuell von niemandem verlässlich vorhergesagt werden.

Lovesac Company

Eine Short-Squeeze-Chance könnten Trader nun bei der Lovesac Company (LOVE; Marktkapitalisierung: 300 Mio US-Dollar) wittern. 

Lovesac produziert und verkauft modulare Sofas, sogenannte Sactionals, und hochwertige Schaumstoff-Sitzsäcke, sogenannte Sacs. Das Unternehmen bietet auch anderes Zubehör für Wohnzimmer wie Decken, Fußsäcke und Kissen an. Die Lovesac-Produkte bestehen meist aus waschbaren und auswechselbaren Bezügen, was Konsumenten, die Katzen besitzen, besonders anspricht. Die Produkte werden in den USA sowohl online als auch über firmeneigene Läden verkauft. 

Das laufende Jahr muss als schwieriges und herausforderndes Übergangsjahr gelten – was eigentlich für alle Player im Möbelmarkt gilt: Trotz eines erwarteten Umsatzanstieges von etwa 30 % soll der Gewinn bei Lovesac gegenüber dem Vorjahr schrumpfen. Die operativen Margen sinken, weil Preisnachlässe aufgrund erhöhter Warenbestände notwendig wurden. Zugleich soll die Produktgestaltung weiterhin innovativ vorangetrieben werden, was natürlich Geld kostet. Das KGV für 2023e dürfte gegenüber 2022 von 8 auf 13 steigen. Für 2025 wird aber wieder ein KGV von unter 8 erwartet. 

Für die nächsten Jahre werden von den Analysten, die die Lovesac-Aktie covern, Umsatzanstiege im zweistelligen Prozentbereich erwartet. Das KUV für die LOVE-Aktie wird von Analysten für 2023 zwischen 0,5 und 0,6 geschätzt. Von der Umsatz-Seite her scheint die Aktie niedrig bewertet zu sein. Die Leerverkäufer halten trotz dieses niedrigen KUVs noch etwa 30 % der umlaufenden Stücke.

Lovesac ist erst seit Juni 2018 an der Börse gelistet. Im Chart konnte die LOVE-Aktie zuletzt erfolgreich die 20 US-Dollarmarke testen. Am Freitag stieg die Aktie um über 7 % und schloss bei 23,16 US-Dollar. 

Es ist gut möglich, dass die Shortseller langsam kalte Füße kriegen und sich vielleicht lieber mit wärmenden Fußsäcken von Lovesac eindecken sollten, als darauf zu spekulieren, dass die Aktie noch einmal unter 20 US-Dollar rutscht.

Wayfair

Wayfair (W; Marktkapitalisierung: 5 Mrd. US-Dollar) ist ein E-Commerce-Händler, der neben Möbeln auch Haushaltswaren und Heimwerkerprodukte verkauft. Der Short-Float liegt wie auch bei Lovesac bei ungefähr 30 %. 

Im Unterschied zu Lovesac wirtschaftet Wayfair nicht profitabel; ist also – obwohl von der Marke her schon recht etabliert in den USA – als deutlich spekulativer als Lovesac anzusehen. Wayfair wächst deutlich langsamer und schwerfälliger als Lovesac; zweistellige Zuwächse im Umsatz sind im Online-Handel für ein Unternehmen, das eher auf Masse statt Qualität setzt, illusorisch.

Mit einem KUV2023e von etwa 0,4 ist Wayfair allerdings nicht teuer bewertet. Ein Sprung in die Gewinnzone wird frühestens 2025 erwartet. 

Am 30. Mai gab es einen Short-Squeeze in der Aktie, nachdem JPMorgan die Wayfair-Aktie mit einem Kursziel von 63 US-Dollar in die “Analyst Focused List” aufgenommen hat. Die Aktie von Wayfair schloss am Freitag bei 43,21 US-Dollar. Folgt man dem Kursziel von JPMorgan, dann hat die Aktie ein Up-Potenzial von etwa 45 %.

Hinweis:
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