Marktradar vom Montag, 1. Juli 2024
US-Nebenwerte rockten am Freitag vor Handelsschluss
Die am Freitag vorbörslich veröffentlichten Daten zum privaten Konsum (PCE), der zugleich der bevorzugte Inflationsindikator der Federal Reserve darstellt, lagen im Rahmen der Erwartungen. Marktteilnehmer sahen den langsamsten Anstieg in der Preisverteuerung seit März 2021. Dieses Minimalziel genügte, um die beiden großen US-Aktienindizes S&P 500 und Nasdaq 100 in den ersten 40 Handelsminuten in den Rallye-Modus zu versetzen. Der S&P 500 erreichte am Freitag um 16:10 Uhr deutscher Zeit die Marke von 5.500 Punkten, der Nasdaq 100 sogar die magische Marke von 20.000 Punkten, was für so manchen Anleger womöglich auch ein Etappenziel für Direktinvestments im Nasdaq 100 darstellt.
Daher verwundert es nicht wirklich, wenn es danach im Laufe des Tages in diesen beiden meist beachteten US-Aktienindizes eher bergab als bergauf ging – trotz vierfachem Rotations-Termin (wir berichteten in der Marktradar-Kolumne vom 24. Juni ausführlich über dieses Rebalancing-Ereignis zum Halbjahresende).
Die letzten zwanzig Handelsminuten waren am Freitag zwar von hohem Handelsvolumen geprägt – in Anbetracht des Erreichens so wichtiger Kursmarken kurz nach Handelseröffnung wurden Big-Highflyer Aktien des ersten Halbjahres 2024 wie Alphabet, Amazon, Apple, Meta Platforms und Microsoft, die im SPY-ETF zusammen auf eine Gewichtung von 24,77 %, im QQQ-ETF sogar auf eine Gewichtung von 31,78 % kommen, bis zum Handelsschluss verkauft.
Bei Nvidia, ein weiteres Schwergewicht in diesen beiden Indizes, kamen gegen Ende sogar wieder einige Käufer in den Markt – diese Aktie korrigierte aber bereits im Vorfeld, so dass der Abgabedruck gegen Halbjahresschluss relativ moderat im Unterschied zu den oben fünf anderen genannten KI-Profiteuren ausfiel.
Wir hatten ja etwas darauf spekuliert, dass wir am 28. Juni eine ähnliche Endspurt-Rallye wie am 31. Mai bei US-Aktien sehen – die kam auch tatsächlich – aber eben nicht im S&P 500 und nicht im Nasdaq 100.
Kurz vor Handelsschluss sahen wir Kursgewinne im ETF des Russell 2000 (IWM) und im ETF für die gleichgewichtete Variante im S&P 500 (RSP). Der RSP-ETF konnte in den letzten 25 Handelsminuten des ersten Halbjahres um 0,33 % steigen, der IWM-ETF sogar um 0,62 %. Positiv hervorzuheben ist, dass der IWM-ETF die wichtige 200 US-Dollar Marke verteidigen konnte – Wochenschlusskurs im IWM-ETF: 202,89 US-Dollar.
Wir können uns nun gut vorstellen, dass wir bis zum Beginn der Berichtssaison Mitte Juli eine Outperformance im Russell 2000 gegenüber S&P 500 und Nasdaq 100 sehen werden – auch die gleichgewichteten Varianten vom S&P 500 (RSP) und vom Nasdaq 100 (QQQE) könnten in den nächsten zwei Wochen positiv überraschen und zur Abwechslung mal besser als die nach Marktkapitalisierung gewichteten Varianten performen.
Da der Juli bekanntermaßen ein recht starker Börsenmonat ist und wir uns in einem US-Präsidenschaftswahljahr befinden, halten wir weiterhin an unserem saisonalen Fahrplan fest, der besagt, dass wir im Juli eine Sommerrallye bei US-Aktien sehen werden, die sich dann in etwas schwächerer Form bis in den September verlängern kann.
Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?
Aktuell erhalten 17 von 60 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von 28,3 % (in der Vorwoche lag diese Quote bei 26,6 %).
Von den 17 Sektor-, Branchen- und Themen ETFs, die den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” erhalten, werden 7 ETFs vom Marktradar für diesen Montag als trendfolgend kaufbar eingestuft. In der Vorwoche erhielten 10 ETFs dieses Gütesiegel.
Das Gütesiegel “Trendfolgend kaufbar” erhalten folgende 7 ETFs: Vom Megatrend KI mitsamt seinen digitalen Innovationen beeinflusst sind sicherlich die folgenden vier ETFs: Automatik & Robotik (ARKQ), Cybersicherheit (CIBR), Semiconductor (SMH), Technologie (XLK). Hinzu kommen als trendfolgend kaufbare Themen Luxuskonsumgüter (XLY), Gaming & Sport (ESPO) und Healthcare (XLV).
Aktien aus dem Bereich Cybersicherheit sollten jetzt wieder auf die Watchlist
Charttechnisch sieht der ETF für Cybersicherheit (CIBR) nun sehr bullisch aus. Am Donnerstag gab es eine große Impulskerze nach oben, mit der eine seit zwei Wochen andauernde flache Konsolidierung mit erhöhten Handelsvolumen nach oben verlassen werden konnte. Eine ähnlich aussehende, flache Konsolidierung wurde Ende Mai noch zum Schrecken für die Bullen nach unten verlassen. Der jüngste Ausbruch nach oben deutet auf einen diametralen Stimmungswechsel bei institutionellen Anlegern hin, die von überrascht bärisch nun zu hoffnungsvoll bullisch gewechselt sind.
Trader sollten ab nun Aktien aus dem Bereich Cyber-Security mit in ihre Watchlist für die Sommerrallye nehmen.
Fünf Branchen nun mit Trendfrüherkennungssignal für die Long-Seite
Wir sehen in unserem Marktradar-Update fünf ETfs, die am Dienstag oder Mittwoch ein höheres Tief in einem abwärts gerichteten Trend ausbilden konnten. Damit liegt in diesen ETFs ein Trendfrüherkennungssignal für die Long-Seite vor. Dieses betrifft die ETFs für Gesundheitsdienstleister (IHF; höheres Tief am 26. Juni) und Medizintechnik (IHI; höheres Tief am 25. Juni), Fluggesellschaften (JETS; höheres Tief am 26. Juni), Regionalbanken (KRE; höheres Tief am 26. Juni), Agrar (MOO, höheres Tief am 26. Juni) und Stahl (SLX höheres Tief am 26. Juni).
Mit der Platzierung einer Stopp-Loss-Order unter dem jüngsten höheren Tief könnten Trader bei begrenztem Risiko frühzeitig auf das Ende der Bodenbildung in diesen Branchen spekulieren. Mit Ausnahme vom SLX-ETF (Stahl) kam es in den letzten Handelsminuten in den anderen vier ETFs auch zu Zukäufen im Sinne des Rebalancings, wobei die Zukäufe im Bereich Agrar (MOO) weniger dynamisch aussahen als in den anderen drei ETFs Fluggesellschaften (JETS), Gesundheitsdienstleister (IHF) und Medizintechnik (IHI).
Nimmt man die Rebalancing-Käufe in den letzten 20 Handelsminuten ernst, dann dürften die Branchen Gesundheitsdienstleister, Medizintechnik und Fluggesellschaften vor einem heißen Juli mit viel Höhensonne stehen.
Trendfrüherkennungssignal für die Branche Transport wurde bestätigt
Das Trendfrüherkennungssignal für den Bereich Transport (IYT), auf das wir in der letzten Woche aufmerksam wurden, konnte am Freitag bestätigt werden. Auch für diese Branche könnte ein positiver Juli, was die Performance betrifft, bevorstehen. Der IYT-ETF schloss am Freitag relativ nah am Wochenhoch und wurde am Rebalancing-Day in den letzten 20 Handelsminuten nach oben gepusht. Wir hatten bereits im Marktradar der Vorwoche auf die Chancen im Transportsektor verwiesen und erwarten ein baldiges Ende der Bodenbildungsphase bei vielen Aktien aus diesem Bereich.
Wir wollen heute drei Aktien aus den Bereichen Robotik, Cybersicherheit und Transport vorstellen.
Robotik-Profiteur: Tesla
Die von Cathy Wood im Ark Autonomous Tech. and Robotik ETF (ARKQ) am höchsten gewichtete Aktie ist mit 12,28 % Tesla (TSLA; Marktkapitalisierung: 630 Mrd. US-Dollar). Und das hat die bekannte, aber auch heftig umstrittene Fondsmangerin, die die Aktie von Nvidia viel zu früh verkauft hatte, aus gutem Grund getan. Denn Tesla will mithilfe der Robotik zum wertvollsten Unternehmen der Welt wachsen – also Apple, Microsoft und Nvidia in den nächsten Jahren vom Thron stürzen.
Elon Musk denkt schon seit langem, dass Roboter die besseren Autos sein werden. Noch wird die Tesla-Aktie von vielen Anlegern als Auto-Aktie verstanden, obwohl die Bewertung absolut nicht in die Peer-Group zu BMW, Ford, Mercedes-Benz, Volkswagen, Volvo und anderen Autobauern zu passen scheint. Wer Tesla immer noch als Autohersteller wahrnimmt, dürfte die Aktie nicht im Depot haben, weil sie im Vergleich zu den oben genannten Autobauern wahnsinnig überteuert ist.
Weitsichtige Analysten sehen schon jetzt in der Robotik für Tesla das zukünftige Wachstum. Vermutlich werden Autos in den 30er Jahren mehr als Roboter, in denen wir drin sitzen, verstanden als Geräte, die nur funktionieren, wenn wir gelernt haben, wie wir diese in Bewegung setzen können und nach der notwendigen Fahrpraxis die Routinen des Schaltens und Lenkens auf intuitive Weise möglichst unfallfrei umsetzen können.
Was Tesla mit der Robotik verdienen wird, wird das, was das Unternehmen aktuell mit E-Autos verdient, um ein Vielfaches übersteigen.
Der CEO des Börseninformationsdienstes TraderFox, Simon Betschinger, hat seinen Kunden kürzlich eine interessante Aussicht für den Börsenerfolg mitgegeben, sofern man noch ein paar Jahrzehnte an der Börse aktiv bleiben will. Wir zitieren Simon Betschinger:
“Das Zeitalter der intelligenten Maschinen beginnt. Tesla-CEO Elon Musk sieht die Zukunft von Tesla in der Herstellung humanoider Roboter. Auf jeden Menschen werden in wenigen Jahrzehnten schätzungsweise drei humanoide Roboter kommen, schätzt Musk. Die Roboter werden sowohl in Fabriken arbeiten als auch den Menschen die Arbeit im Haushalt abnehmen. Ein humanoider Roboter wird anfangs vermutlich ähnlich teuer wie ein Auto sein. Früher war das Auto ein Statussymbol. Das Statussymbol der 2030er-Jahre wird der eigene Roboter. Es wird der größte Markt der Welt. Ein iPhone, das Apple zur wertvollsten Marke der Welt gemacht hat, kostet knapp über 1.000 Euro. Der persönliche Roboter wird vermutlich deutlich über 20.000 Euro kosten. Der Smartphonemarkt wirkt regelrecht klein dagegen.”
Ein Redakteur bei TraderFox stieg schließlich etwas tiefer in die Elon-Musk Rechnung ein und rechnete im Kopf wie folgt nach:
Elon Musk taxiert das Marktpotential für humanoide Roboter ab den 30er Jahren auf rund eine Milliarde Modelle pro Jahr, wobei Tesla mit dem Optimus Bot hier einen Marktanteil von knapp 10 % anstrebt. Geht diese Rechnung auf, dürfte Tesla mittelfristig vor einem gewaltigen Gewinnsprung stehen, der eine Neubewertung der Aktie mit sich bringen würde. Da die Börse die Zukunft und nicht die Gegenwart handelt, wird die Rechnung für Aktionäre aufgehen, bevor das Unternehmen das Geld verdienen wird. Laut Elon Musk belaufen sich die Produktionskosten für ein Optimus Bot-Modell auf ca.10.000 US-Dollar, wobei der Verkaufspreis bei mindestens 20.000 US-Dollar liegen soll. Damit würde Tesla allein mit humanoiden Robotern jährlich einen Gewinn von rund einer Billion US-Dollar verdienen können.
Von solchen Gewinnaussichten können Unternehmen wie BMW, Mercedes-Benz oder Volkswagen noch nicht einmal hinter verschlossenen Türen träumen.
In dieser Woche kam es zu zwei Hochstufungen, wobei die Aktienanalysten den Schwerpunkt der Argumentation jeweils auf zwei unabhängige Geschäftszweige von Tesla legten: Stifel auf die neue Modellserie der E-Autos und Morgan Stanley auf Teslas Engagement im Energiespeicher-Segment.
Laut Stifel dürfte sich die aktuelle Überarbeitung vom Model 3 und die Auffrischung des Model Y positiv auf die Verkäufe auswirken. Zusammen mit dem Model 2 dürfte Tesla für ein Wachstum bis mindestens 2027 gut aufgestellt sein. Vor diesem Hintergrund bewertet das Finanzhaus Stifel die Tesla-Aktie mit „Kaufen“ und nennt als Kursziel 265 US-Dollar.
Langfristig sollen in den 30er Jahren aber die Roboter-Autos die aktuellen Modelle ablösen. Herzstück der KI–Robotik-Offensive im Bereich autonomes Fahren ist der Supercomputer DoJo, mit dem die KI, die derzeit die Fahrassistenz-Software Full Self-Driving (FSD) antreibt, auf Basis neuronaler Netzwerke weiterentwickelt und trainiert werden soll. Mit der Rechenpower des neuen Supercomputers DoJo, für den Tesla allein mehr als eine Mrd. US-Dollar investiert, will Tesla sein Ziel, ein komplett autonomes Fahrassistenz-System zu entwickeln, das ohne die Hilfe des Fahrers auskommt, in den kommenden Jahren verwirklichen.
Derzeit ist die neueste Version der FSD Supervised 12.3.3 in Nordamerika verfügbar. Diese Technik für das autonome Fahren soll weitgehend ohne die LiDar-Sensor-Technik auskommen, was viele Experten den Kopf schütteln lässt und zu dem Schluss kommen lässt, dass Teslas FSD-Technik, sofern sie nicht die 3D-LiDar-Sensortechnik integriert, letztendlich scheitern wird. 3D-LiDAR-Sensoren liefern essentielle Informationen zur Objekterkennung und Kollisionsvermeidung, indem sie durch hunderttausende Abstandsmessungen pro Sekunde ein exaktes 3D-Bild der Fahrzeug- oder Prozessumgebung erzeugen. Teslas FSD-Technik setzt dagegen – zumindest gehen viele damit befasste Journalisten noch davon aus – auf Kamera und KI.
Jüngst wurde jedoch ein Tesla Model Y auf dem kalifornischen Highway 101 mit einer auffälligen Anordnung von LiDAR-Sensoren auf dem Dach gesichtet. Die sperrige Hardware lässt vermuten, dass Tesla entweder Tests zur Optimierung seines kamerabasierten Fahrerassistenzsystems durchführt oder die Entwicklung eines LiDAR-basierten Robotaxis vorantreibt.
Ursprünglich kursierten Berichte, Tesla habe das Projekt seines angeblich günstigen E-Autos Model 2 eingestellt. Chefdesigner Franz von Holzhausen dementierte dies jedoch später. Stattdessen soll Tesla nun an einem autonomen Robotaxi arbeiten, das auf einer Kombination bestehender und zukünftiger Tesla-Technologien basieren soll.
Ein Foto, das vor kurzem von einem Leser an “The Verge” geschickt wurde, zeigt ein Tesla Model Y, das mit einem großen LiDAR-Sensor auf dem Dach ausgestattet ist. Dies deutet darauf hin, dass Tesla entweder LiDAR am Model Y testet oder seine Kamerasysteme validiert. Da die meisten Model Y nur Kameras für die autonome FSD-Fahrfunktion nutzen, ist es möglich, dass Tesla die FSD-Funktion auf der Model Y-Hardware mit Hilfe von LiDAR-Sensoren testet.
Andere spekulieren, dass Tesla mit dem Model Y lediglich sein auf Kameras basierendes System validieren will. Dies wird jedoch durch den kürzlichen Kauf von LiDAR-Sensoren im Wert von über 2 Millionen US-Dollar widerlegt, die Tesla bei Luminar Technologies, einem Unternehmen, das sich schwerpunktmäßig mit der Entwicklung und Herstellung von Lidar-Sensoren befasst, eingekauft hat.
Während Tesla zuletzt fast ausschließlich auf eine auf Kameras basierende autonome Fahrerassistenz-Technologie gesetzt hat, nutzen chinesische Wettbewerber wie NIO und Xiaomi schon lange LiDAR-Sensoren.
Tesla plant am 8. August einen Prototypen für das Robotaxi vorzustellen. Die Einführung von Robotaxis soll den Türöffner für selbstfahrende Autos als Produkt für den Massenmarkt spielen. Es bleibt vermutlich bis zum 8. August spannend, wie das kommende autonome Robotaxi von Tesla aussehen wird und ob LiDar Sensoren in die FSD-Technik integriert werden.
Elon Musk betonte jüngst schon einmal hoffnungsvoll, dass die FSD-Technik mit dem neuen Update in der Lage ist, selbständig die Spur zu wechseln, Fahrzeugen oder Hindernissen auszuweichen und eigenständig anhand der vorgegebenen Route auf Seitenstraßen abbiegen kann, wobei der Fahrer jedoch seine Hände während der Fahrt am Lenkrad behalten soll.
Kommen wir nun zur zweiten Hochstufung der Tesla-Aktie in dieser Woche. Morgan Stanley äußerte sich positiv zu Tesla und sieht das Unternehmen als einen Profiteur der Investitionen ins US-Stromnetz. Tesla vertreibt in der Sparte Tesla Energy seine Energiespeicher, die auch in Form von Megapacks für Versorger-Anwendungen zur Verfügung gestellt werden. Bereits über 10 GWh wurden an Speichern weltweit von Tesla Energy verbaut. Man hilft damit, das Netz zu stabilisieren und den Strom der erneuerbaren Energien zwischenzuspeichern.
Morgan Stanley geht davon aus, dass Tesla ein immer wichtigerer Player auf dem US-Energiemarkt wird. Denn die Investitionen ins Stromnetz werden auch mit mehr installierten Energiespeichern einhergehen. Das Speichergeschäft könnte um 29 % pro Jahr im Zeitraum 2020 bis 2040 zulegen und das bei wachsenden Margen.
Die wichtigste Story, die eine Neubewertung von Tesla rechtfertigen würde, liegt aber in der schon oben angesprochenen Kommerzialisierung des humanoiden Roboters Optimus. 2025 sollen schon mindestens 1.000 Exemplare in den Tesla-Fabriken Aufgaben übernehmen. Mit diesem klugen Schachzug, Roboter für die eigene Fertigung zu bauen, kann Tesla massiv Personalkosten sparen und zusätzliches Geld damit verdienen, indem diese Roboter an andere Firmen verliehen oder verkauft werden.
Am Freitag hat die Tesla-Aktie im Chart das obere Ende der aktuellen Bodenbildungsformation bei 200 US-Dollar getestet. Da diese die Form einer Tasse annahm, erwarten wir nun eine sogenannte Griff- oder Henkelbildung im Chart. Sollte der Widerstand bei 200 US-Dollar dann in wenigen Wochen übersprungen werden, könnte die Aktie schnell in Richtung 250 US-Dollar laufen.
Cybersecurity-Profiteur: Palo Alto Networks
Die Aktien von Palo Alto Networks (PANW; Marktkapitalisierung: 110 Mrd. US-Dollar) verloren am 20. Februar mehr als 20 % an Wert, nachdem das Unternehmen zwar einen Überschuss beim Umsatz und Gewinn im Rahmen des Quartalsberichts veröffentlichte, aber seine Jahresprognose für Umsatz und Abrechnungen deutlich gesenkt hat. In einer Telekonferenz mit Analysten sagte CEO Nikesh Arora, die gesenkte Prognose sei auf einen Wechsel in der Strategie, Kunden langfristig an sich zu binden, zurückzuführen. Statt den Kunden Einzelmodule zu verkaufen, sollen diese durch den Wechsel zu einem Vertrag, der die gesamte Plattform von Palo Alto Networks über ein Abo-Modell nutzbar macht, bewegt werden. Um den Kunden den Wechsel von einer Einzelbestellung zu einem Abo-Modell schmackhaft zu machen, sollen wechselwilligen Kunden kostenlose Testzugänge und Rabatte geboten werden, um möglichst schnell die Verträge für Einzelmodule in Platform-Abo-Verträge umzuwandeln. Der Strategiewechsel wird zu stabiler skalierbaren Erlösen führen, da das Plattform-Modell die Kundenbindung vertieft und die jährlich wiederkehrenden Einnahmen massiv erhöhen wird. Der CEO, Nikesh Arora, erwartet nun, dass die jährlich wiederkehrenden Erlöse mit der Plattform Next-Gen-Security bis 2030 von heute 3,49 Mrd. US-Dollar auf 15 Mrd. US-Dollar gesteigert werden können – das wäre ein Gewinnzuwachs von über 300 % in etwa 6 Jahren.
Da wir die neue Strategie für die Kundenbindung langfristig für richtig halten, erwarten wir für die Aktie nun sogar Rückenwind – trotz schwächerer Zuwächse bei den Gewinnen für 2024 und 2025, als noch zu Beginn dieses Jahres erwartet wurde. Bekanntlich wird an der Börse ja die Zukunft gehandelt, so dass Börsianer, die langfristig denken, in Palo Alto Networks einen ähnlichen Gewinner bis in die 30er Jahre hinein sehen könnten wie Tesla.
Der US-Finanzdienstleister Jefferies ist der Ansicht, dass Palo Alto Networks angesichts seines breiten Produktportfolios mehr als die meisten anderen Branchenvertreter von der Einbettung von auf die generative KI bezogenen Sicherheitslösungen in seine Plattform profitieren dürfte. Wobei man das für eine Annahme hält, die in den nächsten zwei Jahren noch deutlicher zu Tage treten dürfte. Die jüngste Übernahme der Start-Up Firma Talon sollte die Gesellschaft außerdem in die Lage versetzen, potenziell von der ChatGPT-Nutzung in Unternehmen zu profitieren.
Der Markt für generative Künstliche Intelligenz wird für 2024 auf 19 Mrd. US-Dollar geschätzt und er wächst mit einer durchschnittlichen Rate von 76 % auf 104 Mrd. US-Dollar im Jahr 2027. Wenn wir davon ausgehen, dass 2,5 % bis 10 % des Softwaremarktes für Anwendungen per Generativer KI dem Cyber-Bereich zuzurechnen sind, bedeutet dies eine Marktchance von 500 Mio. bis 2 Mrd. US-Dollar im Jahr 2024, die bis 2027 auf 3 bis 10 Mrd. USD anwachsen könnte, schreibt Jefferies in seiner aktuellen Studie.
Wer die Aktie nach dem 20. Februar nicht verkauft hat, hat alles richtig gemacht, denn die Aktie fiel bis heute nicht mehr tiefer. Am vergangenen Donnerstag konnte die Aktie aus einer flachen Basis nach oben ausbrechen und dürfte im Chart nun damit beginnen, die am 20. Februar entstandene Kurslücke zu schließen. In diesem Fall läge das Kursziel, das natürlich aus langfristiger Perspektive nur ein erstes Etappenziel darstellt, bei 360 US-Dollar – am Freitag schloss die Aktie bei 339,01 US-Dollar.
Transport-Profiteur: InPost
Von den europäischen Länder-ETFs wird für heute nur der für Polen (EPOL) vom Marktradar als trendfolgend kaufbar eingestuft. Als eine der interessantesten Aktien im polnischen Aktienmarkt halten wir die Aktie von InPost (WKN: A2QNEL; Marktkapitalisierung: 8 Mrd. Euro).
Das Unternehmen wurde 1999 gegründet und hat sich in Polen längst als Marktführer im Bereich der Paketzustellung durchgesetzt.
Die beeindruckenden Kennzahlen untermauern den Vorteil, den dieses “Postunternehmen” gegenüber Wettbewerbern aus Europa und den USA besitzt. InPost versendet Pakete nahezu vorwiegend an automatisierte Paketstationen – das Treppensteigen von Paketzustellern und das Abfahren von kleinen Straßen in großen Städten findet in Städten wie Warschau oder Danzig praktisch gar nicht mehr statt – die klassische Haustürzustellung wird in ländlichen Regionen aber noch angeboten.
Die automatisierten Paketstationen (in Polen APMs genannt) haben den Vorteil, dass sie immer verfügbar sind und Kunden ihre Pakete in der Nähe ihres Wohnorts mit einer App zu jeder Zeit selbst abholen, beziehungsweise Retouren selbstständig zurückschicken können. Bislang können 61 % der Bevölkerung in Polen eine Paketstation innerhalb von 7 Minuten zu Fuß erreichen. Kein Wunder, dass bereits 94 % der polnischen E-Commerce-Konsumenten Paketstationen als die häufigste Lieferoption nutzen. Dies dürfte vor allem als Verdienst der InPost angerechnet werden. So ist es dem Unternehmen durch seine Pionierarbeit gelungen, seine APMs als überlegene Option gegenüber herkömmlichen Zustellungsmethoden, nicht nur was die Bequemlichkeit, sondern auch die Kosten und Umweltauswirkungen betrifft, zu etablieren. In keinem Land ist die Expansion der Paketzustellung per APM schon so weit fortgeschritten wie in Polen. Und das rechnet sich. Das Geschäft von InPost in Polen ist mittlerweile Cashflow-positiv, wobei sich das Cashflow-Wachstum in den letzten Jahren deutlich beschleunigt hat.
Das Wachstum in den letzten Jahren war beeindruckend: So hat sich die Anzahl der seit 2017 von InPost ausgelieferten Pakete von 54 Millionen Stück auf 589 Millionen im Jahr 2023 mehr als verzehnfacht. Trotz der ohnehin schon erreichten Größe wuchs InPost in Polen im Jahr 2023 um 16 %. Das ist ein Wachstumstempo, das signifikant über dem von anderen Zustelldiensten wie der DHL-Group oder UPS (über deren Aktien wir im letzten Marktradar berichtet haben) liegt. Der Umsatz stieg in diesem Zeitraum bei der InPost von 480 Mio. PLN auf satte 8,84 Mrd. PLN im Geschäftsjahr 2023, während der Verlust von -0,42 PLN pro Aktie inzwischen in einen beeindruckenden Gewinn von 1,30 PLN pro Aktie umgewandelt werden konnte.
Nun möchte InPost das polnische Erfolgsmodell auf Westeuropa übertragen – wobei Deutschland aber ausgeklammert bleibt. InPost ist in Polen und Großbritannien im Bereich der APMs bereits die Nr. 1 und erwartet, dass ein solcher Rang 2024 auch in Frankreich gelingt. Insgesamt werden aktuell neun Länder durch die InPost bedient, wobei das polnische Logistik-Unternehmen mit insgesamt 29.765 Paketfächern über weit mehr APMs als seine Konkurrenz verfügt.
Neben dem Kerngeschäft mit automatisierten Paketstationen bietet InPost zwei zusätzliche Liefermethoden an, um ein breites Spektrum an Kundenbedürfnissen und Marktgegebenheiten abzudecken. Dabei handelt es sich einerseits um die klassische Haustürzustellung, um Regionen zu bedienen, in denen das APM-Netzwerk noch nicht etabliert ist. Andererseits kooperiert InPost mit lokalen Geschäften, um Pick-Up/Drop-Off-Punkte (PUDOs) anzubieten, an denen Kunden Pakete abholen oder abgeben können. Diese Strategie ermöglicht es InPost, ihr Liefernetzwerk effizienter zu verdichten und schneller zu skalieren, als es mit APMs allein möglich wäre.
Für Westeuropa ist zu erwarten, dass InPost in den nächsten Jahren verstärkt auf PUDOs setzen wird, um später nach und nach auf ein APM-basiertes Modell umzustellen, ähnlich wie dies in Polen der Fall war. Diese Übergangsphase dürfte zwar mittelfristig die Margen negativ beeinträchtigen, da PUDOs in der Regel geringere Margen pro Paket im Vergleich zu APMs bieten. Doch wenn es gelingt, eine übergreifende Infrastruktur, wie dies in Polen bereits geschehen ist, zu etablieren, dann dürften die so entstehenden Netzwerkeffekte dem Unternehmen einen breiten Burggraben verschaffen. Aktuell werden bereits 40 % der Gesamtumsätze auf internationalen Märkten realisiert.
Seit dem Herbsttief 2023 hat sich die InPost Aktie im Wert verdoppelt. Zum Vergleich: die Österreichische Post und die DHL-Group konnten seitdem nur um etwa 20 – 25 % steigen. Seit Mitte Mai konsolidiert die Aktie auf hohem Niveau seitwärts und bewegt sich auf deutschen Handelsplätzen zwischen 16 und 17,50 Euro.
Investoren sollten bedenken: Die Aktie ist nicht mehr günstig bewertet. Das KUV für 2023 lag bei 4. Zum Vergleich: das KUV für die Österreichische Post und die DHL-Group für 2023 lag bei unter 1.
Vieles wird nun davon abhängen, ob die Expansion nach Westeuropa gelingt. Kann InPost hier keine Marktanteile anderen Zustellern abjagen wie erhofft, dann dürfte sich das in einem fallenden Aktienkurs bemerkbar machen.
Wir halten die Aktie für smart, aber auch für spekulativ.
Trades aus der vergangenen Woche im Musterdepot und weiteres geplante Vorgehen
In der vergangenen Handelswoche haben wir zahlreiche Trades durchgeführt, dabei haben wir uns sowohl von Positionen verabschiedet als auch neue Positionen aufgesetzt. Interessierte können die Trades auf wikifolio.com verfolgen, indem sie zum Beispiel im Suchfeld “Marktradar” eingeben.
Wir haben im Vorfeld der Quartalszahlen ein paar Aktien von Nike gekauft und sind im Zuge der weit unter dem Konsens liegenden Quartalszahlen und dem doch herbe enttäuschenden Ausblick auf dem falschen Fuß erwischt worden und liegen mit der relativ kleinen Position nun ca. 20 % im Minus.
Auch die beiden relativ hoch gewichteten Langfrist-Positionen mit KI-Phantasie Micron Technology und Qualcomm enttäuschten aus Wochensicht und gaben mehr als 5 % nach, wobei wir den Kursrutsch bei Micron Technology nach den Quartalszahlen nicht so negativ sehen; wir planen, die Position in Micron Technology in Kürze wieder zu erhöhen.
Wir sind nun in die Assetklasse Staatsanleihen eingestiegen. Über einen ETF sind wir nun in US-Staatsanleihen mit Laufzeiten von 20 Jahren oder länger investiert und über ein Hebelprodukt im Euro Bund Future.
Als Earning Trade halten wir aktuell nur Constellation Brands. Das Unternehmen wird am 3. Juli vorbörslich Quartalszahlen vorlegen.
Im Rahmen unseres Tradings von trendstarken Aktien haben wir neben einem Breakout-Setup nun auch ein Swing Setup eingeführt.
Aktuell sind wir trendfolgend in den Aktien von Alphabet, Intuitive Surgical, Medpace, Monolithic Power Systems, Moody’s und Zoetis dabei.
Über Swing-Trades halten wir aktuell die Aktien Ameriprise Financial, ASML Holdings, Regeneron Pharmaceuticals und Trane Technologies.
Über Faktor-Zertifikate sind wir in der Assetklasse Volatilität (VIX Future) aktiv. Wir sind hier aktuell Vola Long positioniert.
Hinweis:
Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.
Seit 2014 ist Stefan Pröhl bei wikifolio aktiv. Dort setzt er Rotationsmodelle auf Wochen-, Monats- oder Quartalsbasis um.
Die Idee zum Marktradar ist entstanden, weil ihm bisher ein vernünftiges Modell fehlte, mit dem er sich täglich einen schnellen Überblick verschaffen kann, in welche Sektoren und Branchen gerade Kapital hineinfließt und aus welchen gerade Kapital abgezogen wird.
Mit dem von ihm entwickelten “Marktradar” kann er täglich für jeden Sektor bzw. jede Branche fünf Tagesstempel vergeben: “Kaufen oder Aufstocken”, “Buy the dip ?”, “Bodenbildung oder Seitwärts”, “Abwarten oder auf Sell Off spekulieren”, “Unter Beobachtung”.
Diese “Top Down” Analyse gibt ihm täglich wichtige Hinweise und Tipps zur Intermarketanalyse. Mit dem Schreiben dieser Kolumne dokumentiert er auf hoffentlich auch etwas unterhaltsame Weise die Tipps und Hinweise, die ihm der Marktradar liefert.
Mit jedem Wissen entsteht auch Unwissen. Nur so kann Stillstand, Leere, Einrosten im Kopf verhindert werden. Täglich gibt es Neues zu entdecken und täglich werden Überzeugungen revidiert. Das ist das Mindset, dem auch diese Kolumne folgt.