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Marktradar vom 30. November 2022

Marktradar vom Mittwoch , 30. November 2022 von Stefan Pröhl

Wird Jerome Powells Rede ein Non-Event für Börsianer ?

Heute um 19:30 Uhr deutscher Zeit wird Jerome Powell in der Brookings Institution eine Rede halten. Zwei Tage später beginnt die übliche “Schweigephase”, in der Notenbanker sich nicht öffentlich über ihre Absichten und Vorstellungen in Bezug auf Geldmarktpolitik äußern dürfen – solange, bis die nächste öffentliche Zinssitzung im Dezember beginnt.
Ich vermute, dass Jerome Powell versuchen wird, wieder den Spielverderber für den Aktienmarkt zu spielen – wie er es bereits im August in Jackson Hole gemacht hat – damals weniger in seiner Rede, sondern in seinen Antworten auf Fragen der eingeladenen Pressevertreter. Die bis vor Thanksgiving weitgehend positive bis sogar euphorische Stimmung an den Aktienmärkten dürfte aus Sicht der FED kontraproduktiv in Bezug auf ihr oberstes Ziel Inflationsbekämpfung gewesen sein.

Dass Jerome Powell heute erklärt, dass die Aufgabe der Fed noch lange nicht beendet ist und dass die Zinsen noch höher steigen könnten als vom Markt erwartet, halte ich für wahrscheinlicher als das Gegenteil. Falls das alle so sehen, dann dürfte die Kursreaktion begrenzt sein. Falls viele Börsianer für morgen aber anderes erwarten oder besser: erhoffen, dann könnte es im SPY evtl. schnell Richtung 390 Punkte gehen.

Stefan Pröhl

Technischer Analyst & Wikifolio Trader

Die Volatilität ist gestern zurückgegangen. Das kann als Hinweis dafür gesehen werden, dass die Rede von Jerome Powell heute mehr oder weniger als Non-Event eingestuft wird.

Was sehen wir unter dem Radar der großen Aktienindizes ?

Gewinner des Tages waren Aktien der sogenannten Opening-Stocks – also Aktien, die von einer Lockerung in Chinas Covid-Politik profitieren würden: Hotels, Casinos, Fluggesellschaften, Reisedienstleister. Außerdem sah man Tagesgewinne bei Großbanken, Immobilienaktien (REITs und auch Immobilienfinanzierer) sowie Rohstoffaktien. Bei den Rohstoffen stieg diesmal alles: Sowohl Öl- und Gas, Kupfer-, Gold- und Silberminen, als auch Aktien aus den Bereichen Rohstoffverarbeitung wie Stahl, Aluminium und Metallverarbeitung. Dazu passt, dass einige Aktien aus dem Bereich Kohle überdurchschnittlich zulegen konnten.

Zu den Tagesverlierern gehörten Versorger und Solaraktien und der Technologiebereich, wobei chinesische Internetaktien besser als US-Aktien performen konnten.

Regionen ex-USA im Blick

Das passt zu der bereits mehrmals im Marktradar geäußerten Beobachtung, dass Regionen ex-USA aktuell teils kräftige Mittelzuflüsse erleben. Hier favorisiere ich aktuell aus Asien die Philippinen, Malaysia und Vietnam. Für die Region Afrika scheint der entsprechende ETF mit Kürzel AFK charttechnisch eine Bodenbildung abzuschließen. Mit knapp 30 % ist im AFK Südafrika übergewichtet. Ca. 10 % sind aktuell in Marokko, Nigeria und Kenia investiert.

Abflüsse sehen wir aktuell in ETFs mit Schwerpunkt arabischer Länder sowie Länder aus Mittel- und Südamerika – hier vor allem Brasilien. Aus Indonesien wird auch Kapital abgezogen. Für diese Regionen spielt sicherlich auch der Kursverfall im Ölpreis eine Rolle, von dem sich Öl- und Gasaktien aus den USA jedoch bisher in ihrer Kursentwicklung unbeeindruckt zeigten.

Norwegen (ETF Kürzel: ENOR) als europäischer Ölförderer entwickelt sich etwas schwächer als andere europäische Länder, konnte an Dynamik in der Rebound Bewegung seit Oktober mit Ländern wie Großbritannien, Italien oder Deutschland nicht mithalten. Dennoch erhält ENOR den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” wie übrigens fast alle europäischen Länder ETFs. Die einzige Ausnahme bildet aktuell Portugal (PGAL). Dieser Länder-ETF muss sich für heute mit dem Tagesstempel “Bodenbildung oder Seitwärts” begnügen.

Interessante eHealth Aktie aus Deutschland: Nexus

Heute fiel mir eine Aktie aus dem deutschen Nebenwerte Segment auf. Die Nexus AG (WKN: 522090) ist ein IT-Dienstleister für das Gesundheitswesen in Deutschland. Die Marktkapitalisierung beträgt aktuell knapp 1. Mrd. EUR.

Das Unternehmen unterstützt mit seinen Dienstleistungen und Softwareangeboten Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen, Ärzte. Über 200.000 Anwender nutzen die Lösungen bereits. Viele Arbeitsprozesse sind während der Coronapandemie digitaler geworden. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Deutschland ist sicherlich noch ausbaufähig. Nexus sollte davon profitieren.

Die Aktie ist von der Bewertung her kein Schnäppchen, erscheint im historischen Vergleich mit sich selbst aber eher unter- als überbewertet zu sein. Die Software Firma wächst im Umsatz und im Gewinn stark, so dass diese eHealth-Aktie als Wachstumsunternehmen und nicht als Value-Aktie eingeordnet werden sollte.

Nexus hatte das Allzeithoch am 25. Oktober 2021 bei 80 EUR erreicht. Danach fiel die Aktie bis unter den Bereich von 50 EUR. Aktuell notiert Nexus um 58 EUR. Charttechnisch scheint die Bodenbildung mit dem Sprung über den ehemaligen horizontalen Widerstand bei 55 EUR abgeschlossen zu sein, der nun als horizontale Unterstützung dient.

Hinweis:
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