Marktradar vom Montag, 9. September 2024
Bis wie weit kann der S&P 500 bis zum 5. November noch sinken ?
Monatsanfänge scheinen im S&P 500 zusehends zu einem saisonal bedeutenden Faktor zu werden.
Während es im Mai, Juni und Juli zu Monatsbeginn im S&P 500 steil nach oben ging, gab es zu Monatsbeginn im August und nun auch im September heftige Dresche für die Bullen.
In den ersten 3 Handelstagen im August 2024 musste der S&P 500 einen Kursverlust von 6,07 % hinnehmen.
In den ersten 4 Handelstagen im September 2024 musste der S&P 500 einen Kursverlust von 4,14 % hinnehmen.
Bietet ein mögliches Sell-Off zur Eröffnung heute, am 9. September, nun genauso eine Kaufchance für Aktien wie der Yen-Carry-Crash am 5. August ? Immerhin stieg der S&P 500 vom 6. August bis zum 30. August 2024 um 8,95 %.
Wir glauben momentan nicht daran.
Denn der CBOE Volatility Index (VIX) notierte am 5. August zur Eröffnung bei 65,37 Punkten, was für uns eine Einladung für Vola-Short Trades gewesen ist – und indirekt auch eine Einladung gewesen ist, US-Aktien zu kaufen.
Mit Tagesschlusskurs 6. September notierte der CBOE Volatility Index (VIX) bei 22,38 Punkten. Vermutlich wird der VIX-Index heute zur Eröffnung der Wall Street höher stehen – aber zu einem Anstieg in Regionen über 50 im VIX-Index bedarf es schon eines externen Black Swan Ereignisses, wie der Yen-Carry-Crash das Anfang August gewesen ist.
Damit sehen wir für heute keine solche Einladung für Vola-Short Trades, wie wir diese am 5. August gesehen haben, sondern erwarten bis Anfang November vielmehr einen hoppeligen Vola-Ritt, der den VIX zwischen 20 und 40 Punkten ausschlagen lassen könnte.
Wenn der VIX-Index über 19 notiert, halten sich quantitative Trendfolgemodelle in der Regel mit dem Nachkaufen an schwachen Handelstagen zurück – dafür kommen Range-Trader wieder zum Zuge. Somit könnte sich der ETF für den S&P 500 (SPY) bis zum 5. November in einer Range zwischen 520 und 560 US-Dollar bewegen.
Für ein solches Szenario bieten sich aktuell Discount-Zertifikate oder Stillhalter-Optionen auf den S&P 500 an, die zwischen 520 und 560 US-Dollar im S&P 500 ETF (SPY) Seitwärtsrenditen möglich machen.
Ein Rutsch unter das Eröffnungs-Tief vom Montag, 5. August (510,27 US-Dollar) im SPY-ETF würde diese Prognose jedoch hinfällig machen und noch vor dem Wahltermin die Wall Street vorzeitig in einen Bärenmarkt entsenden – was wir für nahezu ausgeschlossen halten.
Wir können uns nun aber gut vorstellen, dass der Schlusskurs vom 30. August im S&P 500 (563,68 US-Dollar) bis zum 5. November (= US-Präsidenschaftswahl-Termin) nicht mehr überwunden werden kann.
Sicher sind wir uns dabei aber nicht, denn die US-Wirtschaft zeigt sich weiterhin robust (der GDP-Now-Indikator erwartet für das laufende dritte Quartal ein US-Wirtschaftswachstum von 2,1 %) und die US-Konsumenten geben weiterhin Geld aus – die Delle im PCE-Index (Price-Consumption-Expenditures-Index) vom April ist passè.
Heute werden übrigens Daten zur Kreditnachfrage von Konsumenten veröffentlicht, die, falls die Kreditnachfrage zurückgegangen ist, zu einem weiteren Verkaufsdruck in den großen US-Aktienindizes führen könnte – eben weil bereits zu den Wirtschaftsdaten von letzter Woche übertrieben negativ reagiert wurde, obwohl die Daten selbst ein Szenario für eine Rezession rein objektiv gar nicht vermittelten.
Viele Berichterstatter aus dem Börsen- und Wirtschaftsbereich haben den schwachen Monatsbeginn für US-Aktien im September nämlich vor allem auf Wirtschaftsdaten bezogen, die angeblich Rezessionsängste für die US-Wirtschaft wieder aufflammen könnten.
Aber seien wir ehrlich: die Daten sollten eher als Randnotiz betrachtet werden, denn die Veränderungen waren aus Big-Picture-Sicht recht marginal.
Der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe, der am 3. September vorbörslich veröffentlicht wurde, lag nämlich im August bei 47,2 und damit 0,4 Punkte über dem Juli-Wert von 46,8. Diese doch eher positive Mitteilung für die Bullen als Grund für den Kursrutsch am 3. September heranzuziehen, klingt schon sehr gewollt. Okay, die Konsensschätzungen lagen für den ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe bei 47,5 Punkten – welchen Volkswirt interessieren solche Schätzungen aber wenige Tage später noch ?
Der Kursrutsch am Freitag wurde dann auf die Daten des Arbeitsmarktberichts für August zurückgeführt. Aber, hey, die Arbeitslosenquote ging auf 4,2 % zurück (nach 4,3 % im Vormonat). Sorgen bereiteten damit nicht die Anträge auf Arbeitslosenhilfe – die waren ja gesunken -, sondern dass weniger Stellen als erwartet geschaffen wurden. Laut dem monatlichen US-Arbeitsmarktbericht wurden im August 142.000 neue Stellen (außerhalb der Landwirtschaft) geschaffen. Experten hatten im Durchschnitt mit 164.000 gerechnet.
Aktien wurden nach Ansicht des Marktradars am Freitag nicht wegen der Daten zum Arbeitsmarkt verkauft, sondern weil nun, 58 Tage vor den US-Wahlen, eine saisonale Phase für den US-Aktienmarkt beginnt, der in der Vergangenheit von hoher Volatilität und eher stagnierenden oder fallenden Aktienkursen geprägt war.
Damit überlagert die Saisonalität aktuell alle anderen Sorgen der Börsianer und die Saisonalität überlagert aktuell auch die positive Stimmung, die durch eine robuste US-Wirtschaft, nachlassende Inflation und sinkende Zinsen eigentlich zu weiter steigenden Kursen im S&P 500 führen sollte.
Hinzu kommt aus charttechnischer Sicht, dass der S&P 500 – nachdem am 2. September feiertagsbedingt (Labour Day) nicht gehandelt wurde – die V-Formation mit Beginn September nicht abschließen konnte: Dazu hätte es eigentlich nur eines Kursanstieges von 0,26 % im S&P 500 bedurft, um das Allzeithoch vom 16. Juli zu überwinden (wir hatten über den V-Form-Effekt in der Marktradar-Kolumne vom 2. September ausführlich berichtet), so dass wir nun eine W-Formation (statt V-Formation) im Chart des S&P 500 erwarten.
Das untere Ende des zweiten Beines in der W-Formation könnte bei 540 oder bei 530 oder bei 520 Punkten liegen – der Schlusskurs im ETF für den S&P 500 (SPY) lag am Freitag bei 540,36 US-Dollar.
Damit hat der S&P 500 in der ersten Handelswoche im September bereits die Hälfte des von uns erwarteten Korrekturpotentials abgearbeitet, so dass wir uns nun womöglich schon in der Mitte einer Range befinden, innerhalb der wir den S&P 500 bis zum 5. November hin und her pendelnd erwarten.
Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?
Aktuell erhalten 12 von 60 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von 20 % (in der Vorwoche lag diese Quote noch bei hohen 76,6 %).
Von den 12 Sektor-, Branchen- und Themen ETFs, die den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” erhalten, werden 6 ETFs vom Marktradar für diesen Montag als trendfolgend kaufbar eingestuft.
Zu den trendfolgend kaufbaren Sektor-, Branchen- und Themen ETFs gehören Banken (XLF) und Versicherungen (KIE), Basiskonsumgüter (XLP), Gesundheit (XLV), Real Estate (XLRE) und Versorger (XLU). Also Branchen, die in Risk-Off Phasen die Kauflisten der Aktienhändler anführen, wozu auch der Anstieg des VIX-Index über 19 Punkte in der vergangenen Handelswoche passt.
Zahlreiche Themen-, Sektoren- und Branchen-ETFs, die seit dem 5. August steil nach oben gelaufen sind, haben in der vergangenen Handelswoche die in den Charts noch in der Vorwoche ausgebildeten höheren Tiefs unterschritten, was gemäß simpler Dow-Theorie grundsätzlich als bärisch zu bewerten ist.
Diese schnelle und abrupte Korrektur kam für uns – ehrlich gesagt – überraschend. Wir hätten eher erwartet, dass die in der Vorwoche ausgebildeten höheren Tiefs nun die Grundlage für einen noch mindestens zwei Wochen anhaltenden Anstieg bei US-Aktien bilden könnten – ja, vielleicht sogar den Beginn für eine für Trendfolger gut handelbare Phase bilden werden – nach abgeschlossener V-Formation in vielen Aktien – eine Meinung, die Mister Market nicht mit uns geteilt hat und uns nun eines Besseren (oder besser: Schlechteren) belehrt hat: die schwache Marktphase vor den US-Wahlen hat für uns nun mindestens zwei Wochen früher begonnen, als von uns in der Vorwoche noch erwartet wurde.
Asiatische Börsen mit konstruktiven Chartmustern
Einige Länder-ETFs aus Asien bilden nun recht konstruktive Chartmuster aus und beginnen, eine Outperformance zu Länder-Indizes in den USA und Europa zu entwickeln.
Ein weiterhin schwacher US-Dollar gegenüber anderen Währungen könnte stimulierend für Länder ex-USA und auch ex-Europa wirken.
Zu den Outperformern im asiatischen Raum gehören neben dem aufstrebenden Wachstumsmotor Indien (INDA) die Länder-ETFs für Indonesien (INDO), Philippinen (EPHE), Singapur (EWS), Thailand (THD) und in einem möglichen Anfangsstadium auch Hongkong (EWH).
Politische Börse neben Argentinien nun auch in Thailand
Wir wollen jetzt auf die möglichen Ursachen dafür eingehen, warum der Aktienmarkt in Thailand (THD) nun Kapital von ausländischen Investoren anziehen könnte – ähnlich wie Argentinien in Lateinamerika (wir berichteten in der Marktradar-Kolumne vom 2. September über die Chancen am argentinischen Aktienmarkt, die durch einen Politikwechsel erwirkt wurde).
Der THD-ETF stieg aus Wochensicht um über 6 % und konnte einen seit Januar 2023 gültigen Abwärtstrend nach oben verlassen, womit ein prozyklisches Kaufsignal generiert wurde.
Am 15. August kam es in Thailand nach monatelangen politischen Turbulenzen zur Ernennung von Paetongtarn Shinawatra als Premierministerin. Frau Shinawatra ist erst 38 Jahre jung und soll die gesellschaftlichen Konflikte, die zwischen der jungen und alten Bevölkerung im Land entbrannt sind, schlichten.
Anfang August wurde die jugendorientierte Oppositionspartei “Move Forward Party” verboten und damit praktisch aufgelöst, nachdem sie die nationalen Wahlen 2023 gewonnen hatte. Der Sieg der Move Forward Party, die 151 der 500 verfügbaren Sitze im Repräsentantenhaus errang, war ein historischer Moment in der thailändischen Politik. Es war das erste Mal seit über 20 Jahren, dass die Pheu Thai-Partei, die eng mit dem ehemaligen Premierminister Thaksin Shinawatra, dem Vater von Paetongtarn Shinawatra, verbunden war, mit einer Wahlniederlage konfrontiert wurde.
Die “Move Forward Party” hatte zuvor eine energische Kampagne gegen das Militärregime geführt. Außerdem hat sie sich für eine radikale Änderung des “Majestätsbeleidigungsgesetzes” ausgesprochen.
Am Donnerstag, 5. September, hat Thailands König Maha Vajiralongkorn die Kabinettsaufstellung von Premierminister Paetongtarn Shinawatra vorzeitig gebilligt, was Spekulationen über eine vorzeitige Enthüllung der Wirtschaftspolitik der jungen Premierministerin zur möglichen Stimulierung in- und ausländischer Investitionen befeuerte.
Die Börse hat die Ernennung von Paetongtarn Shinawatra bisher gefeiert. Seit ihrer Ernennung am 15. August ist der Länder-ETF für Thailand (THD) um 16 % gestiegen und konnte charttechnisch – wie oben bereits erwähnt – nun den seit Januar 2023 ausgebildeten Abwärtstrend-Kanal nach oben verlassen.
Bitcoin fiel am Freitag unter 50.000 BTC
Das Trendfrüherkennungssignal Long, das wir vor zwei Wochen im Ishares Bitcoin Trust ETF (IBIT) sahen, ist am Freitag negiert worden. Der IBIT-ETF fiel unter das höhere Tief vom 15. August, womit die Voraussetzungen für einen antizyklischen Einstieg im Sinne der Trendfrüherkennung nicht mehr gegeben sind.
Die Kryptowährung Bitcoin beendete den Freitagshandel unter 50.000 BTC, womit auch eine markante Kursmarke unterschritten wurde. Erst die Wiedereroberung von 50.000 BTC würde wohl Bitcoin-Halter inspirieren können, neue Bitcoins zu kaufen. Solange dies nicht gelingt, dürften viele mittel- bis kurzfristig agierende Bitcoin-Enthusiasten starke Nerven aufbringen müssen, um an ihren in Wallets liegenden Bitcoins festzuhalten und nicht in Panik zu verfallen.
Saisonale Aktie der Woche: Collegium Pharmaceutical Inc.
Die im Russell 2000 gelistete Aktie von Collegium Pharmaceutical Inc. (COLL; Marktkapitalisierung: 1,2 Mrd. US-Dollar) profitiert von einer patentierten Technologie (DETERx), die es ermöglicht, dass Tabletten beim Kauen, Zerkleinern und Auflösen eine optimale Freisetzung des Wirkstoffs erfahren. Unter anderem stellt das Unternehmen Generika her, die durch Anwendung der firmeneigenen Technologie eine missbrauchssichere Freisetzung des Wirkstoffes als das Originalprodukt erlangen können.
Collegium Pharma hat sich der Bekämpfung von Schmerzen verschrieben, bietet mit Xtampza, Belbuca, Nucynta und Symproic bereits vier zugelassene Medikamente an. Nun kommt mit Jornay noch ein fünftes Medikament hinzu, mehr dazu gleich.
Die Quartalszahlen vom 8. August lagen leicht über den Erwartungen. Drei der vier zugelassenen Medikamente konnten den Umsatz gegenüber dem Vorjahresquartal steigern, wobei die Umsatzsteigerung bei dem Medikament Belbuca mit +21 % am höchsten war.
Am Mittwoch, 4. September, gab das Pharmaunternehmen die Übernahme von Ironshore Therapeutics Inc. bekannt.
Ironshore Therapeutics Inc. vermarktet und vertreibt das Medikament Jornay PM, das den Wirkstoff Ritalin enthält, welches ein Stimulans des zentralen Nervensystems (ZNS) zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist.
“Wir freuen uns, die Übernahme von Ironshore erfolgreich abgeschlossen zu haben, was einen wichtigen Meilenstein beim Aufbau eines führenden, diversifizierten Spezialpharmaunternehmens darstellt”, sagte Michael Heffernan, CEO von Collegium Pharmaceuticals. “Mit der Aufnahme von Jornay PM in unser Portfolio etablieren wir unsere Präsenz auf dem großen und wachsenden ADHS-Markt mit einem hochdifferenzierten Produkt, das unser führender Wachstumstreiber werden soll.”
Die Wachstumsraten dieses Medikaments könnten, falls diese halten, was sie versprechen, unmittelbar das KGV und das KUV für 2024 und für die folgenden Jahre herabsetzen. Denn der Nettoumsatz von Jornay PM wird im Jahr 2024 voraussichtlich über 100 Millionen US-Dollar liegen. Das macht etwa 1/6tel der erwarteten Gesamtumsätze aus, die Collegium Pharmaceuticals 2024 plant, erwirtschaften zu können.
Im ersten Halbjahr 2024 stiegen die Verschreibungen von Jornay PM im Vergleich zum Vorjahr um 32 %. Im Gesamtjahr 2023 wurden für das Produkt rund 490.000 Rezepte ausgestellt, ein Anstieg von 58 % im Vergleich zu 2022.
Die Wirkung von Jornay beginnt etwa 10 – 12 Stunden nach Einnehmen der Dosis auf oralem Wege. Das Medikament sollte daher vom Patienten abends eingenommen werden. Die Wirkung beginnt dann am nächsten Morgen. Sobald die Wirkung von Jornay PM einsetzt, hält sie den ganzen Tag an. Abends lässt die Wirkung dann nach.
Jornay PM und das Ironshore-Team können laut dem CEO, Michael Heffernan, nahtlos in das Tagesgeschäft von Collegium Pharmaceuticals integriert werden und dürften sowohl Umsatz als auch Gewinn unmittelbar steigern, womit eine Steigerung des bereinigten EBITDA und eine beschleunigte Cashflow-Generierung bereits für 2024 möglich wird.
Die Aktie wird für 2024 mit einem KGVe von 12 bewertet und dieses könnte nun nach Anpassung infolge der Übernahme auf 10 fallen. Bis 2026 könnte das KGV dann auf 8 fallen, womit dieses Pharmaunternehmen sicherlich eher unterbewertet als überbewertet zu sein scheint. Analysten nannten zuletzt Kursziele zwischen 40 und 47 US-Dollar für die Aktie; der Schlusskurs am Freitag lag bei 37,19 US-Dollar.
Charttechnisch hat sich eine Tassenformation mit Henkel ausgebildet, der Henkel erfuhr seinen Abschluss am Yen-Carry-Crash Tag (5. August).
Die Aktie reagierte auf die Meldung der Übernahme praktisch gar nicht, verhielt sich in den letzten drei Handelstagen in etwa ähnlich wie der Russell 2000.
Auch wenn der September in den vergangenen Jahren meist zu kleinen Verlusten geführt hat, so hätte sich dieser Monat als Einstieg für Investoren aus Mehrmonatssicht meistens gelohnt. Zwischen September und Dezember weist die Aktie historisch gesehen seit dem IPO im Mai 2015 fast immer eine bessere Entwicklung auf als in den ersten acht Monaten des Jahres.
Trendfolge-Aktie der Woche: CBOE Global Markets Inc.
Bekannt ist das Unternehmen Cboe Global Markets Inc. (CBOE; Marktkapitalisierung: 22 Mrd. US-Dollar) vor allem bei Optionshändlern, weil Optionen in den USA vorwiegend an der Chicago Board Option Exchange gehandelt werden, die von CBOE Global Markets Inc. betrieben wird.
Bei der Chicago Board Option Exchange handelt es sich um die weltweit größte Börse für Optionen.
Das Geschäftsmodell erinnert etwas an das von Kasinos, auch wenn die meisten Optionshändler vehement bestreiten, dass der Optionshandel ein Glücksspiel ist; sie hätten vielmehr den “Edge” auf ihrer Seite, was sie von einem Spieler am Roulette-Tisch fundamental unterscheidet. CBOE Global Markets kann letztendlich egal sein, ob der Optionshändler einen Vorteil gegenüber Mister Market zu Geld machen kann oder nicht; denn CBOE verdient bei jedem Trade mit Optionen Geld, egal ob der Händler ihn mit Gewinn oder Verlust abschließt.
Der CEO von CBOE Global Markets, Frederic Tomczyk, der seit etwa einem Jahr im Amt ist, möchte von innen heraus wachsen und hier vor allem durch Innovationen den Burggraben, den es als Handelsplattform für US-Optionen innehat, verteidigen und womöglich auch noch ausbauen. Wachstum durch Übernahmen zu generieren, lehnt der neue CEO ab. Zuletzt hat CBOE Global Markets die Spot-Handelsplattform für digitale Vermögenswerte geschlossen. Das digitale Segment musste im Zuge der Schließung eine Wertminderung von immateriellen Vermögenswerten in Höhe von 81 Mio. US-Dollar verschmerzen. “Die strategische Überprüfung hat uns den Rahmen gegeben, um unsere Strategie zu verfeinern und zu bestimmen, wie wir unsere Kernstärke am besten nutzen und unsere Ressourcen intern neu verteilen können“, sagte CEO Fredric Tomczyk.
Ein anderes wichtiges Produkt für CBOE Global Markets ist der Index-Future-Handel auf den S&P 500 Index (SPX), der am 21. April 1983 begann. Dieses Produkt zählt zu den umsatzstärksten Derivaten weltweit.
Auch veröffentlicht die CBOE Global Markets Inc. den Volatilitätsindex VIX, der die erwartete Schwankungsbreite des S&P 500 misst.
Als der VIX-Index in den ersten drei Handelstagen im August um 300 % in die Höhe schoss und Aktien weltweit in die Tiefe stürzten, freuten sich Aktionäre, die die Aktie der CBOE Global Markt Inc. im Depot hatten. Denn die Aktie stieg mit dem VIX-Index in die Höhe, wenn auch nicht um 300 %, sondern nur um knapp 7 %.
Die Aktie der CBOE Global Markets ist eine der wenigen US-Aktien, die von einem Anstieg der Volatilität profitieren können, weil an Tagen, an denen der VIX in die Höhe schießt, deutlich mehr Optionen gehandelt werden als sonst. Als Börsenbetreiber profitiert die Chicago Board Option Exchange deutlich mehr davon als die Nasdaq oder die New York Stock Exchange. Daher kann die Aktie von CBOE Global Markets auch als Hedge in Crashphasen betrachtet werden: ein Hedge, der langfristig sogar nichts kostet, sondern bei dem Aktionäre, die die Aktie halten und nicht verkaufen, bisher ein recht ordentliches Vermögen anhäufen konnten: Seit dem IPO im Juni 2010 legte der Kurs der Aktie von CBOE Global Markets um mehr als 700 % zu, das entspricht einer Rendite von 50 % p. A..
Im August war das Beste für die Aktionäre aber nicht, dass die Aktie zusammen mit dem VIX in die Höhe stieg, sondern dass die Aktie der CBOE Global Markets mit dem VIX-Verfall nicht auch in die Tiefe stürzte, sondern stattdessen mit dem Aktienmarkt nach oben stieg
Natürlich kann ein solches Win-Win Szenario nicht dauerhaft eingefordert werden, denn dann würde jeder diese Aktie im Depot liegen haben.
Größere Drawdowns um etwa 30 % gab es mit der Aktie im Corona-Jahr 2020 und im Jahr 2018, jeweils von Februar bis September. Ansonsten ist die Aktie ein Dauerläufer, dessen Korrekturen nur von kurzer Dauer sind und die in der Vergangenheit eigentlich immer Kaufgelegenheiten waren.
Während der S&P 500 am 3. September um 2 % fiel, stieg die CBOE-Aktie an diesem Tag um 3,6 %. Sollte die implizite Volatilität bis zu den US-Wahlen wie von uns erwartet steigen, dann könnte die CBOE-Aktie mit dem VIX zusammen steigen.
Daher halten wir die Aktie für ein gutes Trendfolge-Investment in volatilen Börsenphasen. Die Aktie notiert knapp unter dem Allzeithoch. Saisonal betrachtet könnte erst ab etwa Ende Februar die Aktie wieder in einen länger andauernden Korrektur-Modus überlaufen.
Dauerläufer-Aktie der Woche: Tyler Technologies
Auch wenn der Bereich Software aktuell nicht unbedingt die Branche darstellt, die in den Vorwochen der US-Präsidentschaftswahl im Fokus der Börsianer stehen wird, so gibt es hier doch Aktien, die mit Krisenresistenz und neu aufgeflammter Wachstumsphantasie punkten können.
Eine Software-Firma, die solche Dauerläufer-Eigenschaften nun wieder aktivieren könnte, ist Tyler Technologies (TYL; Marktkapitalisierung: 24,8 Mrd. US-Dollar). Die Firma ist Nutznießer der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung. Während Konkurrenten wie SAP oder Oracle bevorzugt private Unternehmen betreuen, dringt Tyler Technologies in kommunale Behörden auf Verwaltungsebene vor, und nun auch zunehmend in die öffentlichen Verwaltungen, die von Bundesstaaten und sogar vom Bund selbst betrieben werden. Polizei und Gerichte beispielsweise brauchen ein Managementsystem, um Strafverfolgungen und die wachsende Zahl an Gerichtsverfahren verwalten zu können. Angeboten werden vom Unternehmen zudem Lösungen, die das Personalmanagement, den Bürgerservice, die Immobilienverwaltung, die öffentliche Sicherheit und auch die Cybersicherheit, Gesundheitsdienste, allgemeine Budgetplanungen und die digitale Vernetzung von Schulen betreffen.
Die Zeiten, in denen Akten auf Rollwagen durch die Gänge geschoben werden, sollten eigentlich längst vorbei sein. Und nun sollen auch die Zeiten vorbei sein, wo jede Behörde eine eigene Verwaltung in der für sie eingerichteten Cloud besaß, stattdessen sollen partielle Verwaltungsabteilungen nun in einer Cloud diversifiziert abgelegt werden, um grenzübergreifende Zugriffe schneller und einfacher möglich zu machen, ohne dass dabei Sicherheitsinteressen verletzt werden.
Finanzvorstand Brian Miller sagte Ende 2023: „Wir haben uns wegbewegt von den Kommunen. Wir machen jetzt mehr mit den Bundesstaaten und dem Bund.“ Dort gibt es größere Budgets. Die Früchte dieser Erweiterungen werden in den kommenden drei Jahren über die Quartalsergebnisse sichtbar werden. Zusätzlich wird die operative Marge gesteigert werden können, indem die Kunden dazu gebracht werden, von einer individuell eingerichteten Cloud-Plattform in eine für alle Bundesbehörden zugängliche Cloudwelt zu wechseln. Die Margenverbesserungen für Tyler Technologises werden beträchtlich sein und kommen einer Neubewertung nahe.
Von 2021 bis 2023 stagnierte der Gewinn pro Aktie, obwohl die Umsätze weiter jährlich gesteigert werden konnten. Der Gewinn pro Aktie lag von 2021 bis 2023 in jedem Jahr bei etwa 160 US-Dollar pro Aktie. Ab 2024 sollen die Gewinne aber wieder sprudeln. Wird 2024 ein Gewinn pro Aktie von 250 US-Dollar erwartet (ein Anstieg von 50 % gegenüber 2023 !), so soll dieser bis 2026 noch bis auf 370 US-Dollar pro Aktie gesteigert werden können.
Weil der Gewinn bei Tyler Technologies von 2021 bis 2023 stagniert hatte, konnte sich die Aktie nicht sonderlich gut entwickeln und verlor in diesen drei Jahren knapp 5 % an Wert.
Seit November 2021 hat die Aktie im Chart eine Tassenformation ausgebildet, die im Zuge guter Quartalszahlen Ende Juli 2024 nach oben verlassen wurde, ohne dass es zur Ausbildung eines Henkels oder Griffs im Chart kam. Ein Griff wird nun im Chart aber ausgebildet, ungewöhnlich ist dabei, dass dieser sich oberhalb der Tassenformation bildet, was selten vorkommt und eigentlich dafür spricht, dass die Aktie nicht mehr in die Region der Tassenformation zurückkehren wird; in Kursen ausgedrückt hieße das, dass die Aktie nicht mehr unter 550 US-Dollar fallen sollte – Schlusskurs am Freitag: 581,16 US-Dollar.
Während die Aktie von CBOE Global Markets seit Juni 2010 um 700 % steigen konnte, stieg die Aktie von Tyler Technologies in diesem Zeitraum um fast 3.500 %. Es ist durchaus möglich, dass die Aktie nun, nach drei Jahren Stagnation beim Gewinn, an der Börse an die Kursstärke vor 2021 anknüpfen kann.
Mit einem für 2024 erwarteten KUV von 11 und einem KGV von 100 ist die Aktie alles andere als ein Schnäppchen. Aber die Aktie war schon immer verdammt hoch bewertet gewesen, und stieg – außer von 2021 bis 2023 – eigentlich immer von Links unten nach Rechts oben im Chart.
Wir erwarten, dass diese Dauerläufer-Funktion mit den Quartalszahlen Ende Juli wiederaktiviert worden ist und erwarten jetzt, dass die Aktie mindestens über die nächsten drei Jahre wieder von Links unten nach Rechts oben laufen wird.
Trades aus der vergangenen Woche im Musterdepot und weiteres geplante Vorgehen
In der vergangenen Handelswoche haben wir wieder Trades durchgeführt. Interessierte können die Trades auf wikifolio.com verfolgen, indem sie zum Beispiel im Suchfeld “Marktradar” eingeben.
Das wikifolio “Marktradar” verlor in der vergangenen Handelswoche 11,23 %, liegt seit Jahresbeginn noch mit 2,6 % im Plus.
Mit der höheren Gewichtung der Assetklasse Volatilität im wikifolio wird auch die Volatilität im wikifolio zunehmen, was in der vergangenen Handelswoche sichtbar wurde.
Wir begannen erst am Mittwoch Faktor Long Zertifikate auf den CBOE Volatility Index (VIX) zu kaufen und haben am Freitag in diesen ein paar Teilgewinne realisiert.
Unsere VIX Short-Long-Ratio liegt aktuell bei 1,4; bei einem Aktiencrash und einer Kursexplosion im VIX-Index, ähnlich wie wir ihn am 5. August gesehen haben, müssten – rein theoretisch – unsere VIX-Long Produkte um 140 % steigen, um damit (rein theoretische) Totalverluste bei den VIX-Short-Produkten auszugleichen.
Unser Themenschwerpunkt liegt momentan bei Smart Grid Profiteuren. Hier halten wir die Aktien von Ameresco, IES Holdings, MYR Group, Quanta Services, Tetra Tech. Wir planen, das Thema US-Präsidentschaftswahl zusätzlich mit rein zu nehmen. Dafür würden wir Teilverkäufe bei unseren Aktien von Smart Grid Profiteuren vornehmen, um mit dem Geld dann auf eine Seitwärtsrendite im S&P 500 bis zu den US-Wahlen zu spekulieren. Wir warten aber noch einen Rebound bei unseren Aktien aus dem Bereich Smart Grid Profiteure ab, bevor wir zwecks US-Präsidentschaftswahl aktiv werden.
Für unser Trading von saisonalen Chancen halten wir Call-Optionsscheine auf Swiss Re, Call-Discount-Optionsscheine auf BMW und Münchener Rück. Wir planen nun, Aktien von Collegium Pharmaceutical zu kaufen.
Im Rahmen unserer neuen Strategie “Defensiv von Links Unten nach Rechts oben” halten wir die Aktien von W.R. Berkley Corporation, Comfort Systems, Louisiana Pacific Corp., Parker Hannifin Corporation, RadNet. In dieser Woche wollen wir die Aktie Tyler Technologies dazu kaufen.
Als Earning-Trades halten wir aktuell Aktien von Caleres und Steelcase.
Aktuell sind wir trendfolgend in den Aktien von Axsome Therapeutics, Tyler Technologies dabei.
Die Gewichtung von Tyler Technologies im wikifolio werden wir nun erhöhen, weil wir diese Aktie nun in zwei Strategien halten werden.
Über Swing-Trades halten wir aktuell Danaher, CoStar, KB Home, Interactive Brokers, Gea Group.
Hinweis:
Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.
Seit 2014 ist Stefan Pröhl bei wikifolio aktiv. Dort setzt er Rotationsmodelle auf Wochen-, Monats- oder Quartalsbasis um.
Die Idee zum Marktradar ist entstanden, weil ihm bisher ein vernünftiges Modell fehlte, mit dem er sich täglich einen schnellen Überblick verschaffen kann, in welche Sektoren und Branchen gerade Kapital hineinfließt und aus welchen gerade Kapital abgezogen wird.
Mit dem von ihm entwickelten “Marktradar” kann er täglich für jeden Sektor bzw. jede Branche fünf Tagesstempel vergeben: “Kaufen oder Aufstocken”, “Buy the dip ?”, “Bodenbildung oder Seitwärts”, “Abwarten oder auf Sell Off spekulieren”, “Unter Beobachtung”.
Diese “Top Down” Analyse gibt ihm täglich wichtige Hinweise und Tipps zur Intermarketanalyse. Mit dem Schreiben dieser Kolumne dokumentiert er auf hoffentlich auch etwas unterhaltsame Weise die Tipps und Hinweise, die ihm der Marktradar liefert.
Mit jedem Wissen entsteht auch Unwissen. Nur so kann Stillstand, Leere, Einrosten im Kopf verhindert werden. Täglich gibt es Neues zu entdecken und täglich werden Überzeugungen revidiert. Das ist das Mindset, dem auch diese Kolumne folgt.