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Marktradar vom 12. Januar 2023

Marktradar vom Donnerstag, 12. Januar 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar für Donnerstag, 12. Januar 2023

 

Niemand will heute das schwarze Schaf sein.

Heute um 14:30 Uhr deutscher Zeit werden aus den USA neue Verbraucherpreise gemeldet. Eine Stunde vor Handelsbeginn dürfte es zu erhöhter Volatilität kommen. Ein Up- oder ein Down-Gap mit Erklingen der Börsenglocke dürfte in den US-Aktienindizes deutlich wahrscheinlicher sein als ein Eröffnen nah am Tagesschluss von gestern. Aktuell kleben wir noch nah an den Schlusskursen von gestern (Stand: 13:50 Uhr). 

Sollte es ein Up-Gap geben, erwarte ich eigentlich ziemlich schnell Gewinnmitnahmen. Die Märkte sind überkauft, so dass nicht ungebremst weiter gekauft werden dürfte.

Sollte es ein Down-Gap geben, dann sind viele Szenarien möglich. 

Ein Down-Gap wäre unberechenbarer für aktive Trader. Trader wünschen sich ein Up-Gap, um Kasse machen zu können.

Der TRIN Indikator (Term Trading Index”), angewendet auf die Aktien im S&P 500, zeigte gestern einen Extremwert an. 

Bei dem TRIN handelt es sich um einen Marktbreiteindikator, der über folgende Formel berechnet wird: (Die Anzahl der steigenden Aktien / Die Anzahl der fallenden Aktien) / (Volumen der steigenden Aktien / Volumen der fallenden Aktien). 

Gestern sahen wir, dass das Volumen bei Aktien, die verkauft wurden, deutlich geringer war als bei Aktien, die gekauft wurden. Börsianer waren gestern also in Wettlaune: sie setzen darauf, dass die Verbraucherpreise darauf hindeuten, dass die Inflation weiterhin etwas ausgebremst wird.

Wie es bei Wetten so ist: am meisten kann der gewinnen, der sich gegen die Masse positioniert – also gestern gegen Handelsschluss Short gegangen ist. Gewinner ist er natürlich nur, sofern er richtig liegt. Liegt er falsch, ist er einer der wenigen Verlierer unter den vielen Gewinnern. Und da niemand gern das schwarze Schaf sein möchte, gingen gestern gegen Handelsschluss nahezu alle Marktteilnehmer Long.

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

Die Zombies dürfen ein bisschen feiern – Shortseller realisieren Gewinne

Ich habe mir gestern bei FinViz die US-Aktien anzeigen lassen, die aktuell den höchsten Short Float aufweisen. Einziges weiteres Scan-Kriterium: Die Aktie soll eine Marktkapitalisierung von über 300 Millionen US-Dollar aufweisen. 

Die Kennziffer Short Float gibt an, wie viel Prozent der umlaufenden Aktien an Leerverkäufer verliehen worden sind. Allgemein wird gesagt, dass ab einem Short-Float von bereits 6 % die Leerverkaufsquote Einfluss auf das Kursverhalten nimmt. Kaufversuche werden relativ schnell von den Shortsellern abgewürgt – eine stabile Trendaufwärtsbewegung über “Buy the Dip” Nachkäufe ist praktisch nicht möglich, weil die Tiefs immer wieder unterschritten werden (sollen). Praktisch ist dann auch eine Konsolidierung innerhalb einer flachen Basis unter dem letzten Hoch nicht möglich. 

Auf einen Short-Squeeze spekulieren könnte man ab einem zweistelligen Short Float. Seit Jahresbeginn sehen wir viele solcher Short-Squeezes. Bei den Verlierern des abgelaufenen Jahres realisieren die Shortseller zu Jahresbeginn ihre Gewinne. Meist dauert diese “Bereinigung” etwa drei Handelswochen.

Begeben wir uns also kurz in die Welt der Zombieaktien:

Die Aktie mit dem höchsten Short Float ist aktuell – wen wundert’s – Silvergate Capital (SI). Der Short-Float liegt bei knapp 60 %. Diese Aktie nimmt allerdings die Rolle eines schwarzen Schafs ein, denn unter den zehn Akten mit dem höchsten Short-Float ist Silvergate Capital die einzige Aktie, die seit Jahresbeginn im Minus notiert. 

Bed Bath & Beyond (BBBY; Short-Float: 43 %) stieg gestern mal eben um 68,6 % !

Beyond Meat (BYND; Short Float: 40 %) konnte seit Silvester 30 % nach oben laufen.

Upstart Holdings (UPST; Short-Float: 39 %) notiert seit Jahresbeginn immerhin 17 % im Plus (2022 verlor Upstart Holdings 91 % an Wert).

Meistens dürften diese Verlierer von gestern auch die Verlierer von morgen sein. Seriöse Long Trader dürften sich in diesen Aktien seit Jahresbeginn kaum über Gewinne freuen. Der ein oder andere Zocker aber vielleicht schon.

Nach dem 20. Januar sollte dieser Spuk der Aktienzombies wohl vorbei sein. 

Der Silberpreis steckt in einer Zitterpartie – Silberminenaktien steigen aber weiter

Der Silberpreis hat nach dem tieferen Tief nun auch ein tieferes Hoch ausgebildet. Droht nun eine längere Konsolidierung? 

Die Aktie von Silvercorp Metals (SVM) steigt unbeeindruckt von Hoch zu Hoch. Wheaton Precious Metals (WPM) erreichte intraday gestern ein neues Zwischenhoch, konnte es per Tagesschluss aber nicht verteidigen. SSR Mining (SSRM) arbeitet an einer konstruktiv aussehenden flachen Basis. 

Nein, einen starken Abrutsch des Silberpreises kann ich mir aktuell nicht vorstellen. Mittel- und langfristig sollte es weiter mit den Silberminenaktien nach oben gehen. Ein Anstieg des ETFs für den Silberpreis (SLV) über 22,14 würde die Zitterpartie beenden und den Risk-Off Part Silberpreis dem Risk-On Part Silberminen folgen lassen. Und genau das ist das, was die Börse nach oben zieht. Nur wenn Risk On die Nase vorn hat, kann Risk-Off mit nach oben gezogen werden. Daher zittere ich nicht wirklich, wenn ich mir den Silberpreis anschaue. Ein Blick auf die Silberminen sagt mir, wohin die Reise gehen wird.

Abwarten statt Shorten

Da wir allerorts eine gewisse Überkauftheit beobachten, gibt es aktuell keine Entry Stempel auf der Long Seite. Short Entries sehen wir weiterhin im Ölpreis. In den Branchen nur bei den Gesundheitsdienstleistern und in Cannabis Aktien. Aber aktuell ist Abwarten die bessere Entscheidung als nun in Aktien Short zu gehen.

Bitcoin läuft etwas besser als gedacht

Der Bitcoin wird heute etwas hochgestuft. Er erhält den Tagesstempel “Bodenbildung oder Seitwärts”, nachdem er gestern noch mit “Unter Beobachtung” abgestempelt wurde.

Der Kursverlauf im entsprechenden ETF (BITO) war zuletzt von einer rundlich sich formierenden Bodenbildung geprägt. Das ist grundsätzlich eine konstruktive Form der Verschnaufpause. Dennoch sehe ich mittelfristig wenig Gründe, warum Bitcoin steigen sollte. Erst ein Anstieg über 11,50 $ (aktuell: 11,13 $) würde das Gesamtbild im ETF etwas aufhellen. Ab dann sehe ich einen Grund, um nach einem Grund für den Anstieg zu suchen. Vorher nicht.

 

 

Hinweis:
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