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Marktradar vom 29. Juli 2024

Marktradar vom 29. Juli 2024

 

Momentum oder Value? Welche Aktien aus dem Russell 2000 sind nun kaufenswert ?

 

Keine Abschwächung der US-Wirtschaft im dritten Quartal erwartet

 

Die Federal Reserve of Atlanta hat am vergangenen Freitag ihre Initial-Prognose für das US-Bruttoinlandsprodukt (GDP-Now-Indikator) für das dritte Quartal 2024 veröffentlicht. Diese wird vom Marktradar im dreimonatigen Rhythmus mit Spannung erwartet, da diese Initial-Indikation vorlaufend ist – und damit direkte Auswirkungen auf Handelsentscheidungen für Börsianer mit sich bringen kann.

Die am Freitag veröffentlichte Initial-Prognose der Federal Reserve of Atlanta für das dritte Quartal 2024 geht von keiner Abschwächung des Wirtschaftswachstums im dritten Quartal gegenüber dem zweiten Quartal aus. Die Initial-Prognose für das dritte Quartal wird von der Fed of Atlanta mit 2,8 % angegeben, das entspricht exakt dem Wert, den das US Bureau of Economic Analysis am vergangenen Donnerstag als reales Wirtschaftswachstum in den USA für das zweite Quartal offiziell bekanntgegeben hat.

Dass die Initial-Prognose für das nächste Quartal nahtlos an das erfasste reale Wirtschaftswachstum im Vorquartal anschließt, ist keineswegs selbstverständlich, da die Daten nun nicht rückblickend zu Rate gezogen werden, sondern vorausblickend. Nicht selten gibt es hier deutliche Sprünge nach oben oder unten – diese bleiben diesmal aber aus.

Viele Ökonomen rechnen damit, dass sich das US-Wirtschaftswachstum im dritten Quartal abschwächen wird und beziehen sich dabei einerseits auf einen leichten Anstieg der Arbeitslosenzahlen, eine wachsende Kaufzurückhaltung bei den Verbrauchern, insbesondere aus der Unter- und Mittelschicht, und inzwischen auch auf Aussagen vieler CEOs, die in ihren Ausblicken für das dritte Quartal mehrheitlich die zuvor geäußerten Erwartungen etwas runtergeschraubt haben.

Womöglich ist so mancher CEO beim Ausblick der Geschäftserwartungen zu pessimistisch, was sich positiv auf die Quartalsergebnisse für das dritte Quartal auswirken könnte, die Ende September / Anfang Oktober veröffentlicht werden. Denn dann dürfte es den Unternehmen leichter fallen, als in der aktuell laufenden Berichtssaison, die eigenen Prognosen zu schlagen.



US-Verbraucher mit eher niedrigen Einkommen halten sich mit neuen Anschaffungen zurück

Die laufende Berichtssaison, die in der kommenden Handelswoche ihren Hochpunkt hat, kann zwar mehrheitlich rückblickend ordentliche Ergebnisse liefern, die CEOs zaudern aber damit, wenn es darum geht, einen optimistischen Blick für die kommenden Quartale in Aussicht zu stellen, geschweige eine Steigerung der Nachfrage im zweiten Halbjahr zu verkünden – im Gegenteil: viele CEOs üben sich in Bescheidenheit und gehen aktuell davon aus, dass insbesondere der weniger gut betuchte US-Konsument sich mit Neukäufen zurückhält, also weniger Geld bereit ist in Dinge wie Möbel, Autos, Smartphones zu investieren; die US-Mittelschicht behält lieber die aktuell genutzten Sofas und Betten in den Zimmern und tauscht sie nicht durch neue aus, fährt Verbrenner-Autos weiterhin auf den Staßen, nutzt auch weiterhin die vor vielen Monaten installierten Smartphones und Notebooks anstatt neue Computer und Smartphones zu kaufen, die mit von der KI unterstützten Prozessoren laufen – solche sind seit Kurzem im Handel erhältlich und Händler berichten, dass ein solches Update die Nachfrage offensichtlich weniger belebt hat ist als von PC- und Laptop- Herstellern wie Dell, Lenovo oder Samsung im Vorfeld erwartet worden ist. Das hatte unter anderem die Aktien von Dell Technologies und Qualcomm nach unten geprügelt, da viele erwarteten, dass die neuen Modelle mit den zumeist von Qualcomm inplantierten Snapdragon-Prozessoren, die für KI-Anwendungen optimiert sind, ihnen förmlich aus der Hand gerissen werden – das ist aber offensichtlich nicht der Fall.



Wenn die Künstliche Intelligenz Pizza backt, dann …

Der neue, etwas kritische Blick der Verbraucher auf die Klugheit der KI mag zu dieser Kaufzurückhaltung mit beigetragen haben: So haben zahlreiche halluzinatorische Aussagen der KI für Belustigung im Netz gesorgt, wie beispielsweise die, dass auf einer Pizza nach Belegung mit Tomaten etc. der Käse mit ungiftigem Klebstoff befestigt werden sollte, bevor die Pizza dann in den Backofen geschoben wird. Das zeigt, dass die Sprachmodelle der KI auf der Suchmaschinen-Ebene noch in Kinderschuhen steckt und eher lyrische als diskursive Bezüge zwischen Käse und Klebe herstellt, die selbst ein vierjähriges Kind nie aufstellen würde, wenn es mit den Eltern eine Pizza belegt. Manche Antworten der KI auf Suchanfragen wirken fast so, als ob die KI so argumentiert, als hätte sie gerade zu viel Cannabis intus und es ihr egal ist, wie der eigene Nonsens auf andere wirkt.



Visa sieht Ausgabenzurückhaltung vornehmlich bei den unteren Lohneinkommensschichten auf uns zukommen

Hören wir einmal rein, wie der Kreditkartenaussteller Visa die Ausgabefreudigkeit der Konsumenten in den USA einschätzt:

Der Chief Financial Officer von Visa, Chris Suh, sagte am Dienstag gegenüber Analysten anläßlich der veröffentlichen Quartalszahlen seines Unternehmens: “In den USA blieb das Wachstum im Segment der ausgabefreudigen Verbraucher im Vergleich zu den Vorquartalen stabil, während wir im Segment der Verbraucher mit geringeren Ausgaben eine leichte Abschwächung verzeichneten”.

Seit dem 4. Quartal 2021 steigt die Ausfallrate bei Kreditkartenschulden von Quartal zu Quartal in den USA stetig an, hat jedoch noch kein Niveau erreicht, das Unternehmen wie Visa oder Mastercard wirklich Sorgen bereiten sollte. Die Ausfallraten in Zeiten vor 2009 waren allesamt höher als aktuell. Auffällig ist aber, wie stetig dieser Trend steigender Ausfallraten bei Kreditkartenschulden wächst.

Einige Kapitalmarktexperten sehen Tendenzen, die einer Rezession nahe kommen, daher auch nur für bestimmte Branchen aufkommen –  insbesondere der Bereich für Konsumgüter, die nicht für den täglichen Bedarf gebraucht werden, wird hier genannt.

Der industrielle Sektor der verarbeitenden Industrie dürfte in den USA hingegen weiterhin in einem gesunden wirtschaftlichen Fahrwasser unterwegs sein – hier können Unternehmen trotz Fachkräftemangel offenbar weiterhin die wachsende Zahl an Aufträgen abarbeiten und vermutlich kann hier und dort die Produktivität durch Einsätze der KI zudem noch gesteigert werden, auch wenn die Kosten für die Implementierung der KI natürlich in den Unternehmensbilanzen negativ zu Buche schlagen wird – und gerade der Unsicherheitsfaktor “Was kostet die KI eigentlich und ab wann bekommen wir die Kosten für die KI wieder rein ?” erhält aktuell massiv Einzug in der Wirtschaftspresse, nachdem dieser Faktor zuvor von den Börsenberichterstattern fast völlig ausgeblendet wurde.

 

Neue Daten zu den Konsumausgaben liefern nicht Neues

Am Freitag wurden aktuelle Daten zu den Konsumausgaben im Privatsektor veröffentlicht (der sogenannte PCE-Index), die aber keine neuen Erkenntnisse bringen. Der PCE-Index umfasst die Änderung der Waren- und Dienstleistungspreise, die US-Konsumenten im zweiten Quartal zahlen mussten. Der Kern-PCE stieg im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 % und lag damit leicht über den Erwartungen von 2,5 %. Der Gesamt-PCE stieg im Jahresvergleich um 2,5 % und entsprach damit den Erwartungen. 

Die Tatsache, dass er weitgehend wie erwartet ausfiel, beruhigte die Anleger und führte am Freitag in der Breite zu Aktienkäufen.



Nochniedagewesene Aufholjagd im Russell 2000

Seit dem 11. Juli, der Tag des “Rotationsknalls”, entwickelten sich die drei großen US-Aktien-ETFs wie folgt:

 

Russell 2000 (IWM): +10,14 %

S&P 500 (SPY): -3,00 %

Nasdaq 100 (QQQ): -7,95 %

 

Ein Pair Trade IWM Long und QQQ Short hätte in 12 Handelstagen eine Rendite von 18,09 % eingebracht – das ist eine derart hohe Performance in so kurzer Zeit, die manchen alten Hasen an der Börse nur den Kopf schütteln und das Wort “Nochniedagewesen” murmeln lässt.

Der IWM-ETF wird vom Marktradar weiterhin mit dem Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” bewertet und erhält auch das Gütesiegel “Trendfolgend kaufbar”. 

Wir sahen im IWM-ETF am Montag (22. Juli) ein höheres Tief und solange wir hier keinen Schlusskurs unter dem Intraday-Tief (215,38 US-Dollar) sehen, könnte der Russell 2000 weiter trendfolgend gehandelt werden – Schlusskurs am Freitag: 224,22 US-Dollar. 

Aktuell bildet der IWM-ETF im Chart eine flache Basis aus, die laut Lehrbuch eigentlich in Trendrichtung, also nach oben, verlassen werden sollte.

Der SPY-ETF und auch der QQQ-ETF werden vom Marktradar mit dem Tagesstempel “Buy the Dip ?” bewertet und könnten zumindest zu Wochenanfang für Swing-Trader tatsächlich interessant werden. Beide ETFs haben am Dienstag (23. Juli) jeweils ein tieferes Hoch ausgebildet. Bis zum Mittwoch, 31. Juli, wenn Jerome Powell vermutlich verkünden wird, dass der US-Leitzins unverändert gelassen wird, könnten die beiden großen US-Aktienindizes durchaus für einen Rebound gut sein. Wichtig wird sein, ob dieser Rebound dann über die tieferen Hochs vom vergangenen Dienstag hinausschießt oder vor Erreichen des tieferen Hochs wieder nach unten dreht.



Was wird insbesondere die beiden großen US-Börsenindizes S&P 500 und Nasdaq 100 in der kommenden Handelswoche bewegen ?

Am Dienstag, 30. Juli wird es nachbörslich im Rahmen der SIGGRAPH-Konferenz eine Sonderveranstaltung geben, bei der Jensen Huang (CEO von Nvidia) und Mark Zuckerberg (CEO von Meta Platforms) über neueste Entwicklungsschübe bei der Künstlichen Intelligenz diskutieren werden. Vor allem wird wohl ausgeführt werden, wie Kreative mit generativer KI virtuelle Welten erstellen können. Das könnte das zuletzt etwas aus den Schlagzeilen gekommene Thema “Metaversum” wieder mehr in den Fokus rücken lassen. 

Außerdem werden neben Meta Platforms die Big-Tech Unternehmen Amazon, Apple und Microsoft neue Quartalsergebnisse vorlegen. Microsoft ist bereits vor dem Zinsentscheid an der Reihe (30. Juli nachbörslich), Meta Platforms am 31. Juli kurz nach dem Zinsentscheid und einen Tag nach der Diskussion von Marc Zuckerberg mit Jensen Huang auf der SIGGRAPH-Konferenz. Amazon und Apple folgen dann am 1. April nachbörslich.

Die vier genannten Unternehmen machen im SPY-ETF fast 20 %, im QQQ-ETF sogar fast 27 % von der Gewichtung aus, so dass die Reaktion auf die Quartalszahlen diese beiden nach Marktkapitalisierung gewichteten ETFs stark beeinflussen dürfte.

 

Die Anzahl von Aktien mit Momentum steigt

Aus Wochensicht sah es so aus: Der ETF auf den Russell 2000 (IWM) konnte in der vergangenen Handelswoche um 3,4 % steigen, während der ETF auf den S&P 500 (SPY) um 0,83 % nachgab und der ETF auf den Nasdaq 100 um 2,58 % nachgab.

Damit profitiert der Russell 2000 weiterhin in hohem Maße vom Rotationsknall, der seit dem 11. Juli die Favoritenrolle der letzten Monate von heute auf morgen nahezu umgekehrt hat: standen noch bis zum 10. Juli vor allem Big-Tech Aktien auf der Kaufliste, die im Segment KI ihr unternehmerisches Glück suchen, so sind es nun eher Small- und Midcaps aus den Bereichen Finanzen, Immobilien, Dienstleistungen und Industrie, die ganz oben auf den Kauflisten stehen und die wenig Bezüge zur Künstlichen Intelligenz vermuten lassen.

Unten haben wir zehn Namen von Aktien, absteigend sortiert nach Marktkapitalisierung, aufgelistet, die alle im Russell 2000 enthalten sind und aktuell zu den US-Small- und Midcaps gehören, die hohes Momentum aufweisen. Alle diese Aktien haben in der vergangenen Handelswoche zudem einen höheren Wochengewinn als der Russell 2000 verzeichnet.

 

Sprout Farmers Market (SFM; Marktkapitalisierung: 8 Mrd. US-Dollar) – Branche: Einzelhandel – Performance seit Jahresbeginn: 80,21 %.

 

Carpenter Technologies (CRS; Marktkapitalisierung: 7 Mrd. US-Dollar) – Branche: Metallverarbeitung – Performance seit Jahresbeginn: 98,84 %.

 

Mr. Cooper Group (COOP; Marktkapitalisierung: 6 Mrd. US-Dollar) – Branche: Immobilienfinanzierung – Performance seit Jahresbeginn: 45,18 %.

 

Piper Sandler (PIPR; Marktkapitalisierung: 4,8 Mrd. US-Dollar) – Branche: Investmentbanking – Performance seit Jahresbeginn: 58,19 %.

 

Park National (PRK; Marktkapitalisierung: 3 Mrd. US-Dollar) – Branche: Regionalbanken – Performance seit Jahresbeginn: 39,70 %.

 

HNI Corp. (HNI; Marktkapitalisierung: 2,5 Mrd. US-Dollar) – Branche: Möbel – Performance seit Jahresbeginn: 30,29 %. 

 

Universal Technical Institute (UTI; Marktkapitalisierung: 1 Mrd. US-Dollar) – Branche: Weiterbildung – Performance seit Jahresbeginn: 55,19 %.

 

Barrett Business Services (BBSI; Marktkapitalisierung: 940 mio US-Dollar) – Branche: Personalvermittlung – Performance seit Jahresbeginn: 24,46 %.

 

Miller Industries (MLR; Marktkapitalisierung: 800 Mio. US-Dollar) – Branche: Automobile – Performance seit Jahresbeginn: 56,51 %.

 

Immersion (IMMR; Marktkapitalisierung: 430 Mio US-Dollar) – Branche: Software – Performance seit Jahresbeginn: 91,36 %.

 

 

Trendfolge-Trader, die sich in den vergangenen Monaten vermehrt auf Aktien mit KI-Phantasie gestürzt haben, könnten nun zu solchen Momentum-Aktien aus dem Russell 2000 wechseln.

Wer nach solchen Aktien sucht, wird natürlich noch viel mehr Aktien im Russell 2000 als diese zehn finden. 

Die Marktbreite hat seit dem 11. Juli deutlich zugenommen, was eigentlich ein bullisches Zeichen ist. Denn man hätte auch erwarten können, dass mit dem Ausverkauf bei Big-Tech Aktien auch der Ausverkauf bei solchen Aktien wie die oben genannten hätte beginnen können.

Ja, wenn das passiert wäre, dann würde eine Rezession wohl wirklich vor der Tür stehen.

Da es aktuell aber von der Anzahl her mehr Aktien mit hohem Momentum gibt als vor dem 11. Juli, dürften die Bären in den nächsten Handelswochen auch nicht die Oberhand gewinnen.

 

 

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

 

Aktuell erhalten 28 von 60 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von 46,6 % (in der Vorwoche lag diese Quote bei 58,3 %).

Von den 28 Sektor-, Branchen- und Themen ETFs, die den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” erhalten, werden 18 ETFs vom Marktradar für diesen Montag als trendfolgend kaufbar eingestuft. In der Vorwoche erhielten 17 ETFs dieses Gütesiegel.

Dass sich die Anzahl der trendfolgend kaufbaren Aktien gegenüber der Vorwoche recht stabil gehalten hat, obwohl die Anzahl der Aktien, die den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” erhalten, gesunken ist, zeigt an, dass an den US-Börsen das Momentum in der Breite zunimmt.

 

Der von uns beobachtete ETF, der Aktien mit hohem Momentum hält (MTUM), vermittelt hier ein schiefes Bild. Denn dieser MTUM-ETF konnte natürlich nicht rechtzeitig auf den Rotationsknall am 11. Juli reagieren und hält immer noch die Aktien, die seit dem 11. Juli unter heftigem Verkaufsdruck stehen. Die drei größten Positionen im MTUM-ETF sind Nvidia (6,60 % Gewichtung), Broadcom (6,04 % Gewichtung), Eli Lilly (5,37 % Gewichtung). Der ETF hat seit dem 10. Juli 6,7 % an Wert verloren.

 

ETF für Burggraben-Aktien mit neuem Allzeithoch

Relativ stark zeigt sich aktuell ein ETF, der sich auf sogenannte Burggraben-Aktien fokussiert. Der VanEck Morningstar Wide Moat ETF (MOAT) erreichte am Freitag ein neues Allzeithoch. Die drei größten Positionen in diesem ETF sind Alphabet (2,81 % Gewichtung), Emerson Electric (2,73 % Gewichtung) und Tyler Technologies (2,72 % Gewichtung). Die meisten Aktien aus dem MOAT-ETF sind im S&P 500 vertreten, so dass der ETF auch als eine fundamental optimierte Variante auf den S&P 500 betrachtet werden kann. Der ETF auf den S&P 500 (SPY) ist aus 3-Jahressicht um 29,35 % gestiegen. Der ETF mit Fokus auf Burggraben-Aktien ist aus 3-Jahressicht nur um 23,84 % gestiegen. Aktuell gehen wir aber davon aus, dass der MOAT-ETF in den nächsten Wochen seine Outperformance zum SPY-ETF, die seit dem 10. Juli recht eklatant ist, in den nächsten Wochen beibehält.

Der MOAT-ETF ist seit dem 10. Juli um 4,68 % gestiegen, der SPY-ETF verlor in diesem Zeitraum 3 %.

 

Zwei Value-Aktien aus dem Russell 2000, die nun eine Turnaround Kaufchance bieten

Nachdem wir oben Aktien aus dem Russell 2000 genannt haben, die aktuell ein hohes Momentum aufweisen, wollen wir uns nun Aktien aus dem Russell 2000 widmen, die einerseits saisonal in den eher schwachen Börsenmonaten August und September relative Stärke zum Gesamtmarkt aufweisen und die zugleich einen hohen Wert im Piotroski F-Score aufweisen.

Aktien mit einem hohen Piotroski F-Score Wert wird unterstellt, dass diese Aktien Qualität bei zugleich günstiger Bewertung aufweisen. Der Fokus liegt dabei auf Aktien mit niedrigem Kurs-Buchwert, der vor allem dann aufzufinden ist, wenn das Unternehmen mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hat. Bewertet werden über diesen fundamentalen Score dabei Kennzahlen zur Rentabilität (mit Schwerpunkt auf die Kapitalrendite) und es wird untersucht, ob die Verschuldung zuletzt am Fallen oder am Steigen war, sowie ob eine gewisse Preissetzungsmacht bei gleichzeitig steigender Produktivität vorliegt.

Mit der Saisonalität und einer guten Kennzahl im Piotroski F-Score im Rücken, könnten sich für Trader in solchen Aktien nun Turnaround-Kaufchancen ergeben.

Wir wollen nun zwei solcher Aktien aus dem Russell 2000 vorstellen

 

OraSure Technologies

 

OraSure Technologies, Inc. (OSUR; Marktkapitalisierung: 300 Mio US-Dollar) war ein Profiteur der COVID-19 Pandemie, da das Unternehmen Verbrauchsprodukte herstellt, die bei diagnostischen Tests Verwendung finden. Das Unternehmen war eines der ersten Anbieter gewesen, die Schnelltests für Corona liefern konnten, als diese dringend benötigt wurden.

Langfristig konzentriert sich OraSure darauf, sein Portfolio an Nicht-COVID-Tests zu erweitern. Diese Strategie zielt darauf ab, das Unternehmen weniger abhängig von Corona zu machen und seine Geschäftsbasis zu diversifizieren.

OraSure bezeichnet sich heute zusammen mit seiner hundertprozentigen Tochtergesellschaft DNA Genotek, Inc. führend in der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von Schnelldiagnose-Tests sowie von Geräten, die bei der Entnahme von beispielsweise Stuhl- oder Urinproben Verwendung finden. Die Produkte werden weltweit an Labore, Krankenhäuser, Arztpraxen, Pharmaunternehmen, und auch direkt an Privatpersonen (z. B. COVID-Schnelltests) verkauft.

Aktuell verkauft das Unternehmen Zubehör zur Schnelldiagnose von Syphilis-Infektionen, HIV, Hepatitis C, COVID-19 und Ebola. Außerdem Verbrauchsmaterial, das in den Mund geführt wird, um über die Mundflüssigkeit Nachweise darüber zu erbringen, ob der Untersuchte Drogen zu sich genommen hat.

Das Unternehmen kann eine Eigenkapitalquote von über 80 % vorweisen, so dass eine Insolvenz so gut wie ausgeschlossen werden kann. 

Von 2021 auf 2023 haben sich die Umsätze nahezu verdoppelt und das Unternehmen schaffte 2023 auch den operativen Turnaround. Für das laufende und auch das kommende Jahr rechnet das Unternehmen jedoch mit einem massiven Umsatzeinbruch, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass viele Labore immer noch Überkapazitäten, was insbesondere Corona-Schnelltests betrifft, aufweisen.

Anfang dieses Jahres notierte die Aktie noch bei 8 US-Dollar, zum Halbjahreswechsel war die Aktie bis auf 4 US-Dollar gefallen, hat sich also seit Jahresbeginn im Wert halbiert. 

Ob die Aktie nun bei 4 US-Dollar ihr Tief für die nächsten Jahre erreicht hat, können wir natürlich nicht wissen. Viel Negatives ist sowohl im Aktienkurs als auch im Ausblick auf die zukünftige Geschäftsentwicklung bereits eingepreist. Ob das aber ausreicht, damit die Aktie nun wieder in die Gänge kommt, muss abgewartet werden. 

Mit dem Rotationsknall am 11. Juli kam auch wieder etwas Kaufdruck in dieser Russell 2000-Aktie auf. Dass dieser in den nächsten Monaten die Aktie wieder auf 8 US-Dollar steigen lassen kann, halten wir zum jetzigen Zeitpunkt  für unwahrscheinlich. Die Short Interest Ratio ist mit 4 % für diese Aktie relativ gering, was vielleicht an dem gesunden finanziellen Polster liegen kann, über das das Unternehmen verfügt. Auf einen Squeeze-Out, der die Aktie kurzfristig um 50 % oder mehr steigen lassen könnte, sollten Trader in dieser Aktie also nicht spekulieren.

Investoren sollten über einen langen Atem verfügen, irgendwann werden die Überkapazitäten in den Laboren abgebaut sein und das Unternehmen wird wieder in die Gewinnzone kommen. 

Trader sollten spätestens bei einem Rutsch unter die 4 US-Dollar Marke die Reißleine ziehen – die Aktie schloss am Freitag bei 4,32 US-Dollar.



G-III Apparel Group

 

Die G-III Apparel Group (GIII; Marktkapitalisierung: 1,2 Mrd. US-Dollar) stellt eine breite Palette an Bekleidung, Schuhen und Accessoires her, die es sowohl unter eigenen als auch etwa 30 lizenzierten Marken wie unter anderem DKNY, Donna Karan, Calvin Klein, Tommy Hilfiger und Karl Lagerfeld verkauft. Ein Großteil der Umsätze wird dabei über den Großhandel erzielt. Der Rest fällt auf den Einzelhandel, der die Einzelhandelsgeschäfte Wilsons Leather, G.H. Bass und DKNY umfasst.

Analysten zeigen sich aktuell recht pessimistisch, was Umsatz und Gewinnwachstum bis in das Jahr 2027 hinein betrifft. Bei nur wenig veränderter Umsatzentwicklung erwarten Analysten für die nächsten drei Jahre eher zurückgehende als steigende Gewinne.

Dementsprechend ist die Aktie günstig bewertet. Das KUV beträgt für das laufende Kalenderjahr nur 0,4, das KGV nur 7.

Im Jahr 2023 konnte die Aktie um 150 % steigen und gehörte damals zu den Aktien mit der höchsten Performance im Russell 2000. Im laufenden Kalenderjahr liegt die Aktie mit etwas über 20 % im Minus.

Am 10. Juli, also am Tag vor dem Rotationsknall, testete die Aktie im Chart erfolgreich die 25 US-Dollar Marke. Diese wurde bisher nicht unterschritten – Schlusskurs am Freitag: 26,65 US-Dollar. Trader könnten einen Stopp-Loss knapp unter der 25 US-Dollar Marke platzieren und auf den nächstfälligen Squeeze-Out in der Aktie spekulieren. Mit einer Short Interest Ratio von 9 % könnte die Aktie kurzfristig schon mal um 10 bis 20 % nach oben donnern, weil Leerverkäufer sich eindecken müssen.

Wir halten die Aktie für deutlich unterbewertet. Mittelfristig können wir uns gut vorstellen, dass die Aktie wieder bis 50 US-Dollar (Hochs aus dem Jahr 2018) steigen kann. Bei der G-III Apparel Aktie scheint uns ein negativer Ausblick auf die kommende Geschäftsentwicklung im Aktienkurs weitestgehend eingepreist zu sein, so dass leicht positive Ausblicke schon zu einem rasanten Kursanstieg führen könnten. 

Die nächsten Quartalszahlen werden erst Anfang September erwartet.



Trades aus der vergangenen Woche im Musterdepot und weiteres geplante Vorgehen

 

In der vergangenen Handelswoche haben wir zahlreiche Trades durchgeführt, dabei haben wir uns sowohl von Positionen verabschiedet als auch neue Positionen aufgesetzt. Interessierte können die Trades auf wikifolio.com verfolgen, indem sie zum Beispiel im Suchfeld “Marktradar” eingeben.

Unser Musterdepot konnte in der vergangenen Handelswoche einen kleinen Wochengewinn von 0,5 % erzielen.

Die Short-Spekulation auf die Aktie von Adobe ging voll auf und wir haben den Gewinn bereits realisiert. Auch Short-Spekulationen auf den Index Nasdaq 100 und auf die Aktien Datadog und Netflix liegen aktuell im Plus.

Die Short-Position auf Mercedes-Benz haben wir in der vergangenen Woche kurz vor den Quartalszahlen mit Gewinn geschlossen.

Bei unseren Long-Positionen hatten wir mit unserem Neukauf von Inter Parfums Glück, die Aktie stieg aus Wochensicht über 10 %, nachdem das Unternehmen erfreuliche Umsatzanstiege in seinen lizenzierten Marken gemeldet hatte. Leider haben wir die Aktie recht gering gewichtet, so dass wir insgesamt nur wenig vom Anstieg der Aktie profitieren konnten.

Wir haben sowohl unsere Positionierung bei KI-Profiteuren als auch bei Aktien aus dem Diagnostik-Healthcare Bereich reduziert. Dafür sind wir nun wieder im Bereich Gold- und Silberminen positioniert. Die guten Quartalszahlen von Newmont Mining bestätigen, dass Minenbetreiber von den angestiegenen Preisen für Gold profitieren werden und allein damit den Cashflow steigern können. Wir spekulieren darauf, dass die in Kürze eintrudelnden Quartalsergebnisse bei Goldminenbetreibern auf ein positives Echo stoßen werden und erwarten davon unabhängig, dass die Preise von Gold und Silber aktuell vorläufige Tiefststände erreicht haben.

Wir haben eine kleine Short-Position auf Kakao eröffnet, die wir planen noch zu erhöhen. Der Schweizer Schokoladen- und Pralinenhersteller Lindt & Sprüngli meint, dass der Kakaopreis überteuert ist und zu einer schwächeren Nachfrage nach Kakaoprodukten führen könnte. Außerdem spricht die Saisonalität und auch der Chart dafür, dass wir in Kürze keine steigenden Kakakopreise sehen werden.

Als Earning Trade halten wir aktuell sieben Aktien. Commvault Systems, Arista Networks, T-Mobile, Kirby, Blueprint Medicines und GoDaddy werden in dieser Handelswoche neue Quartalszahlen präsentieren, Diamondback Energy in der Woche darauf. 

Aktuell sind wir trendfolgend in den Aktien von BKW, Casey’s General Stores, Gea Group, Leidos Holding, Moody’s dabei.

Über Swing-Trades halten wir aktuell die deutschen Aktien LEG Immobilien und Vonovia – beide kommen aus der Branche Wohnimmobilien -, sowie die Aktien Endeavour Silver und Hecla Mining, die beide dem Bereich Gold- und Silberminen zuzuordnen sind.

Über Faktor-Zertifikate sind wir in der Assetklasse Volatilität (VIX Future) aktiv. Wir sind hier aktuell Vola Short positioniert. Wir werden künftig unserer auf Regeln basierenden Strategie mehr Gewichtung im Musterdepot gewähren, so dass sich das Handeln in der Assetklasse Volatilität künftig stärker in der Kursentwicklung im wikifolio bemerkbar machen wird als zuletzt.

 

Hinweis:

Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.



Seit 2014 ist Stefan Pröhl bei wikifolio aktiv. Dort setzt er Rotationsmodelle auf Wochen-, Monats- oder Quartalsbasis um.

Die Idee zum Marktradar ist entstanden, weil ihm bisher ein vernünftiges Modell fehlte, mit dem er sich täglich einen schnellen Überblick verschaffen kann, in welche Sektoren und Branchen gerade Kapital hineinfließt und aus welchen gerade Kapital abgezogen wird.

Mit dem von ihm entwickelten “Marktradar” kann er täglich für jeden Sektor bzw. jede Branche fünf Tagesstempel vergeben: “Kaufen oder Aufstocken”, “Buy the dip ?”, “Bodenbildung oder Seitwärts”, “Abwarten oder auf Sell Off spekulieren”, “Unter Beobachtung”.

Diese “Top Down” Analyse gibt ihm täglich wichtige Hinweise und Tipps zur Intermarketanalyse. Mit dem Schreiben dieser Kolumne dokumentiert er auf hoffentlich auch etwas unterhaltsame Weise die Tipps und Hinweise, die ihm der Marktradar liefert.

Mit jedem Wissen entsteht auch Unwissen. Nur so kann Stillstand, Leere, Einrosten im Kopf verhindert werden. Täglich gibt es Neues zu entdecken und täglich werden Überzeugungen revidiert. Das ist das Mindset, dem auch diese Kolumne folgt.

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