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Marktradar vom 12. Dezember 2022

Marktradar vom Montag, 12. Dezember 2022 von Stefan Pröhl

Marktradar für Montag, 12. Dezember 2022

Fühlen die Stillhalter schon Schweiß auf der Stirn?

Das war ein schlechter Freitag für den Russell 2000

Der Russell 2000 (IWM) erhält für heute den Tagesstempel “Unter Beobachtung”, nachdem er am Freitag noch mit “Kaufen oder Aufstocken” prahlen konnte. Das sah am Freitag nach einem empfindlichen “Faustschlag” aus, der ihm vom Markt da verpasst wurde. Wir sollten nun abwarten, ob sich der nun angezählte Russell 2000 schnell davon erholt oder KO geht. Bevor wir das besser einschätzen können, sollten  wir Long-Quoten in den Portfolios vielleicht (noch) nicht erhöhen.

Am Freitag verlor der IWM 1,23 %. Damit mehr als der S&P 500 (SPY) und auch mehr als der gleichgewichtet berechnete Nasdaq 100 (QQQE), der 0,85 % verlor. 

Wenn die Mid- und Small Caps schlechter laufen als Big Caps, dann würden gemäß Risk-On / Risk Off Logik nun die Mid- und Small Caps in der Tendenz die Big Caps mit nach unten ziehen.

Die Marktbreite deutet zumindest für Montag erst einmal fallende Aktienkurse an, da am Freitag das Handelsvolumen in fallenden Aktien höher war als bei steigenden Aktien.

Großer Verfallstag in Sicht

Kommender Freitag ist wieder einmal ein großer Verfallstag für Termingeschäfte. Die Stillhalter am Markt werden gegen Ende der Handelswoche vermutlich versuchen, den S&P 500 bei 3900 oder 4000 Punkten schließen zu lassen. Wenn der S&P 500 am Freitag zwischen dieser Preisspanne schließen würde, könnten die Stillhalter das sicherlich verschmerzen. Nur wenn der S&P 500 relativ deutlich über 4000 oder unter 3900 schließt, dann gäbe es für Stillhalter Freud und Leid zum Wochenende – je nachdem, welchem Lager (Bulle oder Bär) man sich zuordnet.

Von vielen Marktteilnehmern wird also mehrheitlich gewünscht, dass der S&P 500 sich in dieser Handelswoche in einer relativ engen Handelsspanne bewegen wird. Aber die Börse ist bekanntlich kein Wunschkonzert. Die kommende Handelswoche liefert nämlich reichlich Dynamit für die Kurse, was eigentlich zu einem Anstieg der Volatilität führen sollte: Am Dienstag werden vorbörslich um 14:30 Uhr deutscher Zeit in den USA die Verbraucherpreise veröffentlicht. Am Tag darauf wird die FED die Zinsentscheidung bekannt geben (20 Uhr) und eine halbe Stunde später beginnt die Pressekonferenz, in der Jerome Powell den Journalisten Rede und Antwort geben wird. Am Donnerstag vorbörslich (wieder 14:30 Uhr) werden neue Daten zu den Einzelhandelsumsätzen in den USA veröffentlicht. Am Freitag folgen dann noch Daten zu Inflationsraten.

Von der News-Seite her scheint ein langweiliges Pendeln im S&P 500 zwischen 3900 und 4000 Punkten also ein ziemlich unwahrscheinliches Szenario für den Wochenverlauf zu sein. Die Stillhalter könnten in dieser Handelswoche ganz gut ins Schwitzen kommen.

Was sehen wir unter dem Radar der großen Aktienindizes ?

Marktradar ab nun auch mit Entry Stempeln

Ich habe mein Modell für den Marktradar erweitert. 

Bisher vergab ich nach Blick auf den Marktradar Tagesstempel, die für Sektoren oder Branchen die Tendenz für die nächsten Tage oder wenigen Wochen prognostizieren. Diese Tagesstempel sind als Set-Ups jedoch nicht zu gebrauchen. Das bedeutet, dass mit einem Wechsel von z. B. dem Tagesstempel “Bodenbildung oder Seitwärts” auf den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” kein Einstiegspunkt für einen Trade empfohlen werden kann. Mal sieht es im Chart ganz gut für einen Einstieg aus, mal ist das absolute Gegenteil der Fall.

Nun habe ich für das Modell einen zusätzlichen “Entry-Stempel” eingeführt, der einen Trader darauf hinweisen kann, dass für einen Swing-oder Trendfolge Trade nun ein womöglich interessanter Einstiegszeitpunkt auch im Chart vorliegt – und nicht nur im Modell. Natürlich werden wir auch hier vom Markt immer wieder mal getäuscht werden und das scheinbar gute Set-Up erweist sich im Nachhinein nur als Antäusch-Manöver, um uns Trader auszutricksen. 

Ich werde in dieser Kolumne also ab nun neben den aktuell gültigen Tagesstempeln auch auf “Entry-Stempel” für einzelne Branchen verweisen. “Entry-Stempel” können auch für einzelne Regionen oder Assets (Deutschland, Gold, Bonds etc.) vergeben werden. Auch auf diese vergebe ich hier ja bisher Tagesstempel. 

Mit Entry ist hier ein Einstieg in eine Korrektur hinein gemeint, sei es für einen Long Einstieg nach einer Abwärtsbewegung oder sei es für einen Short Einstieg nach einer Aufwärtsbewegung. Dabei soll in den laufenden Trend hinein gehandelt werden und nicht gegen diesen. Eigentlich ganz simpel: Für Long gilt: über einem höheren Tief sehen wir eine Überverkauftheit im entsprechenden Wert. Für Short gilt: unter einem tieferen Hoch sehen wir eine Überkauftheit in dem Wert. Es gibt jedoch eine Ausnahme: sollte ein höheres Tief per Tagesschlusskurs unterschritten (Long) bzw. ein tieferes Hoch per Tagesschlusskurs überschritten (Short) worden sein, dann gibt es den Entry-Stempel, wenn wir im Chart eine Umkehrkerze sehen. Diese Ausnahme von der Regel bewirkt dann vielleicht sogar noch bessere Einstiegschancen und könnte durchaus als das Top Entry-Set-Up bewertet werden.

Über eine Top-Down Analyse kann man dann in den Aktien, die der entsprechenden Branche zuzuordnen wären, nach einem ähnlichen Kursverlauf suchen oder diesen mit dem des ETF vergleichen und so seine Schlüsse ziehen.

Beginnen wir aber mit den Tagesstempeln, bevor wir danach auf ein paar interessante Entry-Stempel hinweisen.

3D-Druck bald unter Druck ?

Für Montag sind zwei Branchen erstmals seit längerer Zeit auf den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell Of spekulieren” abgestuft worden: Regionalbanken und der Bereich 3D-Druck. Während bei Regionalbanken (KRE) aktuell kein “Entry-Stempel” vorliegt, sehen wir den aber beim 3D-Druck (PRNT).

Schauen wir uns gemäß Top-Down Verfahren einmal die Aktie von 3D Systems Corp. (DDD) an. 

Die 3D Systems Corp. entwickelt und vermarktet 3D-Drucke mit Materialien wie Kunststoff, Nylon, Metall, Wachs u. a. Darüber hinaus bietet das Unternehmen digitale Designlösungen über Software aber auch haptische Geräte an. 3D Systems bedient hauptsächlich Unternehmen und kleine und mittelständische Unternehmen in den Bereichen Medizin, Zahnmedizin, Automobil, Luft- und Raumfahrt, Schmuck u. a. Auch Unternehmen aus dem Bereich Energie und Biotechnologie gehören zum Kundenstamm.

3D Systems ist an der Börse mit 1,3 Mrd. USD bewertet. Die höchsten Umsätze erzielte das Unternehmen im Jahr 2018, seitdem stagnieren die Umsätze bzw. verringerten sich 2019 und 2020. Zwischen 2009 und 2014 konnte 3D Systems profitabel wirtschaften. Seit 2014 nicht mehr. 2021 konnte jedoch erstmals wieder ein Gewinn erwirtschaftet werden. Für 2022 und 2023 werden aber wieder Verluste einkalkuliert. Mit einem erhofften Wiedereintreten in die Gewinnzone ab 2024 ließe sich nach aktuellen Schätzungen ein KGV von 61 berechnen. Fundamental also ein Unternehmen, das für Investoren wenig attraktiv erscheint.

Charttechnisch hat die Aktie am 7. Dezember ein höheres Tief erreicht. Da zeigte sich die Aktie noch etwas stabiler als der entsprechende Themen-ETF PRNT, der übrigens von Cathy Wood betreut wird. Im Unterschied zu diesem ETF liegt aktuell aber keine Überkauftheit in der Aktie vor, was wiederum auf kurzfristige Schwäche der Aktie zum Themen-ETF schließen lässt. Da der Themen-ETF ein Short-Set-Up anzeigt, könnte man in beispielsweise dieser Aktie einen Short-Einstieg wagen bzw. warten, bis die Aktie das Tief vom 7. September unterschreitet und dann mit dem Leerverkauf beginnen.

Niedrige Preise führen an der Börse zu immer neuen Allzeithochs

Auf der Long Seite sehen wir einen Entry Stempel u. a. im Einzelhandel (XRT).

Aus dieser Branche gefällt mir z. B. TJX Companies (TJX). Das Unternehmen ist auf Kunden mit niedrigerem Einkommen fokussiert und bietet in seinen diversen Ladenketten neben Bekleidung, Schuhen und Schmuck auch Teppiche, Beleuchtung und Haushaltswaren an. In Deutschland ist das Unternehmen beispielsweise über die Kette TK Maxx vertreten. 

Das letzte höhere Tief sieht man im Chart am 5. Dezember. Am Freitag wurde das Tief per Tagesschlusskurs unterschritten. Die Aktie zeigte während des Handelstages am Freitag relative Stärke zum Gesamtmarkt und lief praktisch gegenläufig. Wir sehen im Chart von TJX also ein Set-Up, das uns einen Top Entry-Stempel vergeben lässt. Die Aktie notiert knapp 4 % unter dem Allzeithoch, das am 25. November erreicht wurde.

Bonds zeigten sich am Freitag von der schwachen Seite

Die negative Korrelation zwischen Bonds und Aktien, die wir zuletzt sahen, hat sich am Freitag verflüchtigt. Im Unterschied zum S&P 500 (SPY) vergeben wir für langlaufende Staatsanleihen (TLT) aber einen Entry-Stempel. Und zwar auf der Long Seite. Wer auf eine Trendfortsetzung bei TLT setzen möchte, der könnte am Montag oder die nächsten Tage einen Einstieg wagen.

Bleibt Afrika weiterhin im Fokus der Börsianer ?

Der ETF für Afrika (AFK) bildet gerade die zweite Stufe einer flachen Basis innerhalb einer Bodenbildung aus. Das sieht charttechnisch sehr produktiv aus. 

Starkes Momentum an der Börse zeigt aktuell Ägypten. Der entsprechende ETF (EGPT) zeigte in den vergangenen vier Wochen im Chart die steilste Steigung von den von mir beobachteten Regionen ex-USA. Da wird kräftig akkumuliert. Für einen Einstieg sollte aber ein Rücksetzer abgewartet werden. Der Chart sieht momentan ein bisschen überhitzt aus. 

Für Nigeria (NGE) vergeben wir heute einen Entry-Stempel. Das Land hat gegenüber anderen afrikanischen Ländern charttechnisch Nachholpotenzial. 

 

Hinweis:
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