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Marktradar für 14. August 2023

Marktradar für Montag, 14. August 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar vom Montag, 14. August

China und Adipositas im Fokus

Börsianer kehren dem chinesischen Aktienmarkt wieder den Rücken zu

Beginnen wir heute mit China, da aus diesem Land in der 32. Kalenderwoche Wirtschaftsdaten und -nachrichten kamen, die Börsianer so aufrüttelten, dass wir einen unmittelbaren Einfluss dieser Daten auf die Aktienkurse sahen. Eine Korrelation von Realwirtschaft und Aktienkursen verläuft in der Regel zeitversetzt, weil die Aktienkurse meist vorwegnehmen, was sich in der Realwirtschaft anbahnt. In diesem Fall kann man aber wohl davon sprechen, dass Daten aus der Realwirtschaft recht unmittelbar die Aktienkurse bewegten.

Schauen wir aber erst einmal zurück: Noch vor zwei Wochen sah es nämlich so aus, als ob der chinesische Aktienmarkt einen Weckruf für Investoren und Trader ausgerufen hatte (wir berichteten am 31. Juli in dieser Kolumne über diesen “Weckruf”). Am 25. und 28. Juli wurden chinesische Aktien bei hohem Handelsvolumen gekauft. Der Marktradar sah ein lukratives Kaufsignal und hat sich bei dem bei wikifolio.com geführten Musterdepot zu dieser Kolumne mit einem ETF auf den CSI300 positioniert.

Die chinesische Führung hatte auf einer Sitzung des Politbüros am 24. Juli Unterstützungsmaßnahmen genannt, um den Inlandskonsum anzukurbeln. Das ist eigentlich nichts wirklich Neues gewesen. Aber anders als zuvor wurden diesmal konkrete Ziele für diese Maßnahmen genannt.

Am Montag, 7. August, rief die politische Führung unter Parteichef Xi Jinping schließlich heimische Wirtschaftsjournalisten dazu auf, negative Kommentare zur chinesischen Volkswirtschaft in den nächsten Wochen doch bitte zu unterlassen. Vermutlich wusste die chinesische Führung bereits, was an negativen Handelsdaten auf die chinesische Volkswirtschaft in der 32. Kalenderwoche zukommen würde. Verhindern konnte Xi Jinping die Bekanntmachung dieser Daten jedoch nicht.

Versuchen wir es mit einer Chronik der Ereignisse:

Dienstag, 8. August: Das Handelsministerium in China meldete, dass sowohl die Importe als auch die Exporte in China im Juli um 13 bzw. 14 % gegenüber dem Vorjahresvergleich eingebrochen sind. Vor allem der Rückgang der Importe lag deutlich unter den Schätzungen der Wirtschaftsökonomen. Diese hatten mit einem Rückgang der Importe um etwa 5 % gerechnet. Am Ende betrug der Rückgang 13 % ! Offensichtlich wurden im Juli deutlich weniger Waren importiert als erwartet, was auf eine Abschwächung der Konsumnachfrage in China, aber auch auf ein Stocken der Industrieproduktion in China hinweist. Damit würde das Problem der Jugendarbeitslosigkeit, die bei etwa 20 % in China liegt, durch die Wirtschaft selbst kaum in absehbarer Zeit gelöst werden können.

Mittwoch, 9. August: Das Handelsministerium in China meldete, dass die Verbraucher- und Erzeugerpreise in China weiterhin gesunken sind. Damit festigt sich die deflationäre Entwicklung in China, was sinkende Anreize für Unternehmen schafft, um für den Inlandskonsum neue Produkte in die Regale zu stellen, was sich wiederum negativ auf die Unternehmensgewinne von vor allem Aktien aus dem Konsumbereich auswirken würde.

Donnerstag, 10. August: An diesem Tag konnte die Wirtschaftspresse einmal positives aus China in Form von 3 Meldungen berichten: 

  1. Die von Alibaba (BABA) veröffentlichten Quartalsergebnisse waren überraschend gut ausgefallen – das E-Commerce-Geschäft konnte sogar im Umsatz etwas wachsen und auch der Gewinn übertraf die zugegebenermaßen stark negativen Ausblicke der Analysten für diese Aktie. Offensichtlich konnte Alibaba Kosten einsparen, was für die chinesische Regierung natürlich keine Option sein kann. 
  2. Außerdem wurde bekannt, dass die von den USA verhängten verschärften Regularien für die Produktion US-amerikanischer Firmen in China etwas weniger restriktiv ausgefallen sind, als so mancher Ökonom erwartet und so mancher Unternehmer befürchtet hatte. 
  3. Schließlich gab es an diesem Tag noch eine dritte Meldung, die sich zumindest für den Reisebereich in China positiv auswirken könnte: Die chinesische Staatsführung erlaubt wieder Gruppenreisen chinesischer Bürger ins Ausland. Die Staatsführung hat hier also Restriktionen, was die gebuchte Anzahl von Reisenden pro Ticket ins Ausland betrifft, zurückgenommen.

Freitag, 11. August: An diesem Tag erhielt die chinesische ökonomische Führungselite heftigen Gegenwind, der gleichzeitig aus drei Richtungen wehte: 1.) dem inländischen Kreditvergabegeschäft, 2.) aus Europa und Indien, was die Produktion in China sowie die Einfuhr chinesischer Waren betrifft sowie 3.) aus dem inländischen Marktumfeld für Immobilienanleihen und -aktien.

Die Kreditvergabe in China ist eingebrochen, meldete das Handelsministerium, und das so kräftig wie schon lange nicht mehr. Volkswirte hatten eine Kreditvergabe von knapp 800 Mrd. Yuan erwartet. Stattdessen wurde eine Kreditvergabe von weniger als 350 Mrd. Yuan gemeldet. Das zeigt deutlich, dass ohne Stimuli der inländischen Wirtschaft durch den chinesischen Staat ein Wirtschaftswachstum, das das offizielle Ziel im Bruttoinlandsprodukt von 5 % für Ende 2024 erreichen möchte, kaum möglich sein wird. 

Außerdem meldete die EU-Kommission, dass bis zum Ende des Jahres ein Vorschlag verbreitet werden soll, wie auch Europa die Investition von europäischen Firmen in China besser kontrollieren und damit auch eindämmen könnte. Europäische Politiker möchten vor allem verhindern, dass westliche Technologie beim chinesischen Militär landen könnte. Außerdem soll das Entstehen von europäisch-chinesischen Gemeinschaftsunternehmen verhindert werden bzw. gar nicht erst zustande kommen.

Das klingt nach einem kalten Wirtschaftskrieg. 

Dieser könnte nun aber nicht nur von den westlichen Industrienationen begonnen werden, sondern auch von Ländern, die näher vor Chinas Haustür liegen. Zugleich kündigte Indien inzwischen nämlich die Beschränkung der Einfuhr von chinesischen Gütern aus dem Technologiebereich an. Indien möchte sich von der Abhängigkeit von Importen aus China lösen. Das Beispiel Indien könnte Schule machen und andere asiatischen Länder könnten neben westlich geprägten Industrienationen damit beginnen, die Einfuhr von chinesischen Waren zu erschweren.

Aber es prasselte noch mehr Negatives auf Chinas Wirtschaft ein, was Vertreter der chinesischen Regierung am Freitag dazu bewog, in Gespräche mit Unternehmenslenkern aus der Immobiliensparte zu gehen.

Der in Bedrängnis geratene chinesische Immobilienkonzern Country Garden lässt den Handel mit einem Teil seiner Anleihen ab diesem Montag stoppen. Die elf auf dem heimischen Markt ausstehenden Anleihen (Onshore-Bonds) von Country Garden sollen von diesem Montag an auf unbestimmte Zeit vom Handel ausgesetzt werden, wie aus veröffentlichten Mitteilungen des Unternehmens an der Börse Shenzen hervorgeht.

Am Freitag war es an den Börsen zum Ausverkauf von Aktien und Anleihen von Country Garden gekommen, nachdem die Finanzzeitung „Yicai“ berichtet hatte, das Unternehmen gehe ebenfalls eine Restrukturierung seiner Schulden an. Die auf Immobilien in kleineren Städten spezialisierte Country Garden war zum Jahreswechsel mit umgerechnet 194 Milliarden Dollar verschuldet und hat für das erste Halbjahr einen Verlust von bis zu 55 Milliarden Yuan (7,6 Milliarden Dollar) angekündigt. Anfang August blieb Country Garden Gläubigern Zinszahlungen für zwei Dollar-Anleihen schuldig.

Alle diese Meldungen führten letztendlich wohl dazu, dass sich das charttechnisch positive Bild von ETFs, die chinesische Aktien enthalten, spätestens mit dem Kursrutsch chinesischer Aktien am vergangenen Freitag, 11. August, stark eingetrübt hat, wenn nicht sogar völlig in sich zusammengebrochen ist.

Der ETF für den CSI300 (ASHR) wird vom Marktradar seit Freitag mit dem Tagesstempel “Unter Beobachtung” bewertet. Am 8. August hat der ETF ein tieferes Tief auf Schlusskursbasis gebildet. Dieses tiefere Tief ist am Freitag “mit Karacho” unterschritten worden. Damit ist ein zuvor noch halbwegs konstruktives Chartbild am Freitag erst einmal zunichte gemacht worden.

Auch die ETFs für chinesische Internetaktien (KWEB) und für Aktien, die in Hongkong (EWH) gelistet sind, haben nun an Attraktivität für Börsianer eingebüßt.

Der KWEB-ETF für Internetaktien aus China, die an der Wall Street gelistet sind, hat wie der ASHR-ETF am Freitag das tiefere Tief vom 8. August unterschritten, erhält aber noch den Tagesstempel “Buy the Dip ?”, weil sich der Chart noch über bestimmten gleitenden Durchschnitten halten kann. 

Der EWH-ETF, der in Hongkong gelistete Aktien enthält, erhält für diesen Montag sogar den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren”.

In der kommenden Handelswoche werden wieder wichtige Handelsdaten aus China gemeldet und das Unternehmen JD.com, das die größte E-Commerce Plattform für Chinesen anbietet, wird am Mittwoch vorbörslich Quartalszahlen melden. 

Der Billig-Konkurrent PDD.com, auf deren E-Commerce Plattform vor allem die chinesische Landbevölkerung kauft, wird Ende August nachlegen. 

Vipshop (VIPS), ein E-Commerce Anbieter für Markendiscountartikel, wird am kommenden Freitag vorbörslich Quartalszahlen melden.

Malaysia als Alternative für China Optimisten ?

Wer weniger skeptisch auf China schaut, der könnte als Alternative Aktien aus Malaysia wählen. Immerhin bilden Chinesen etwa 25 % der Bevölkerung in diesem aufstrebenden Land ab. Der entsprechende ETF für Malaysia (EWM) wird vom Marktradar noch mit dem Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” bewertet. Der EWM-ETF hat am 8. August auf Schlusskursbasis zwar wie auch die China-ETFs ein tieferes Tief ausgebildet; dieses wurde jedoch am Freitag nicht unterschritten. Damit zeigte der malaysische Aktienmarkt am Freitag zumindest relative Stärke gegenüber dem chinesischen Aktienmarkt. Investoren sollten aber bedenken, dass dieser ETF in der Regel mit dem ASHR-ETF für den CSI300 relativ gleich läuft. Sollte es zu einem Sell-Off bei chinesischen Festland-Aktien kommen, dann dürften auch Aktien aus Malaysia nicht ungeschoren davonkommen.

Temporäre Short-Chance für Aktien aus den USA ?

Der ETF für den Dow Jones Industrial Index (DIA) sendet nun ein Signal für die Trendfrüherkennung auf der Short-Seite aus. Damit wäre der ehrwürdige Dow Jones Index, der zuletzt relative Stärke zu den anderen ETFs wie dem auf den S&P 500 (SPY), Nasdaq 100 (QQQ) oder Russell 2000 (IWM) gezeigt hat, der letzte im Bunde, der den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” abgeben würde. 

Noch erhält der DIA-ETF aber den besten aller Tagesstempel. 

Das tiefere Hoch vom vergangenen Montag, 7. August, verspricht allerdings Ungemach, zumal die anderen genannten ETFs bereits eine fortgeschrittenere Korrekturbewegung hingelegt haben.

Der Marktradar rät, dass das Trendfrüherkennungssignal für den DIA-ETF in der Praxis mit den schwächsten ETFs aus diesem Quartett umgesetzt werden sollte und nicht mit den stärksten: die beiden schwächsten im Quartett sind der ETF auf den Russell 2000 und der ETF auf den Nasdaq 100. Da diese beiden ETFs zugleich von diesen vier ETFs diejenigen sind, die die höchste Risikoneigung implizieren, ist es gemäß Risk-On / Risk-Off Logik wahrscheinlich, dass der IWM-ETF oder der QQQ-ETF auch eher den Ton für die nahe Zukunft bestimmen als die in diesem Quartett eher Risk-Off zuzuordnenden ETFs auf den S&P 500 (SPY) bzw. Dow Jones Industrial Index (DIA).

Russell 2000: Erst Shorten nach einem Aufwärtsimpuls ?

Schauen wir uns den ETF auf den Russell 2000 (IWM) einmal genauer an: In den bisher neun Handelstagen im August beendete dieser ETF an sechs Sessions den Tag mit einem Kurs, der tiefer als der vom Vortag war. Im Chart sehen wir eine Flagge, die jedoch zu lang geworden ist, so dass es wahrscheinlich wird, dass ein Ausbruch aus der Flagge relativ schnell abverkauft wird. 

Wer in US-Aktien short gehen möchte, sollte also die nächste Aufwärtsbewegung abwarten und dann erst zuschlagen. Im IWM-ETF könnte ein Ausbruch aus der Flagge um 194,50 US-Dollar enden, da dort gemäß Price-Action der nächste horizontale Widerstand lauert (Schlusskurs am Freitag: 190,99 US-Dollar).

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

Nur noch 10 von 59 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs erhalten für heute den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von knapp 17 %. In der Woche zuvor lag diese Quote noch bei 34 %. 

Die höchste Quote (fast 60 %) verzeichnen wir für diesen Montag für den Tagesstempel “Buy the Dip ?”. Dieser wird vergeben, wenn ein ETF im Chart unter einen als wichtig erachteten Gleitenden Durchschnitt gerutscht ist, nachdem zuvor neue Zwischenhochs erreicht worden sind. Die meisten “Buy the Dip ?” Kandidaten laden allerdings nicht zum Swingen ein, und wenn, dann nur mit “angezogener Handbremse”. Aufwärtsbewegungen dürften schnell wieder abverkauft werden. Der einzige “Buy the Dip”-Kandidat, der etwas konstruktiv aussieht, ist der ETF für zyklische Konsumgüter (XLY). Dennoch sollte auf Long-Trades auch hier lieber erst einmal verzichtet werden, bis sich die großen Aktienindizes etwas widerstandsfähiger gegenüber Verkaufswellen zeigen.  

Öl und Uran

Als trendfolgend kaufbar werden für diesen Montag zehn ETFs empfohlen. Darunter aus dem Bereich Energie die ETFs, die Aktien aus dem Öl- und Gas-Sektor beinhalten (XES, XLE und XOP) sowie der ETF für Uran (URA). 

Im Bereich Öl sehen wir aktuell die besten Chancen für Trades auf der Long-Seite.

Unternehmen aus dem Bereich Uran wären erst ab einem Uranpreis zwischen 60 und 80 US-Dollar dazu fähig, Profite zu erwirtschaften. Aktuell notiert der Uran-Spot Preis bei 56,23 US-Dollar.

Charttechnisch sieht der URA-ETF durchaus interessant aus. Mit einer Gewichtung von 23,85 % ist die kanadische Aktie Cameco (CCJ) in diesem ETF am höchsten gewichtet. Die Aktie von Cameco kann von Investoren durchaus als Alternative zum ETF gehandelt werden.

NuScale Power Corporation

Als etwas kurioser Player aus dem Small Cap Uran-Bereich bin ich auf die Aktie NuScale Power Corporation gestoßen. Hierbei handelt es sich um einen Maschinenbauer, nicht um einen Förderer von Uran im eigentlichen Sinne.

NuScale Power Corporation (SMR; Marktkapitalisierung: 1,6 Mrd. US-Dollar) ist der branchenführende Anbieter von kleinen modularen Kernreaktoren. Die VOYGR™ SMR-Anlagen des Unternehmens werden vom NuScale Power Module™ angetrieben, einem kleinen Druckwasserreaktor, der jeweils 77 Megawatt Strom (MWe) oder 250 Megawatt thermisch erzeugen kann und je nach Kundenwunsch skaliert werden kann. Diese Mini-Atomkraftwerke können in einer Fabrik vorgefertigt werden und anschließend an den Montageort gebracht werden. Dabei soll eine höhere Sicherheit der Kernmaterialien ermöglicht werden.

Am 9. August hat das Unternehmen neue Geschäftszahlen veröffentlicht. NuScale Power Corporation meldete einen Verlust von 0,13 US-Dollar pro Aktie bei einem Umsatz von 5,80 Mio US-Dollar. Für 2023 erwarten Analysten einen Jahresumsatz von 76 Mio US-Dollar, der sich bis 2025 fast verachtfachen soll. Ein unternehmerischer Turnaround wird trotz der starken Zuwächse, die beim Umsatz von den Analysten vorkalkuliert werden, nicht erwartet – das Unternehmen soll also auch in den kommenden zwei Jahren nicht profitabel wirtschaften können.

Das Unternehmen wirbt damit, dass diese kleinen mit Druckwasser betriebenen Atomkraftwerke zuverlässige kohlenstofffreie Energie durch quasi Kernspaltung vor Ort erzeugen können, womit sich NuScale Power Corporation als “grüne” Aktie verstanden wissen will, weil es zur klimaneutralen Energiewende positiv beitragen kann. 

Seien wir ehrlich: wer möchte schon gerne ein kleines Kernkraftwerk in den eigenen vier Wänden oder vor der Haustür stehen haben ? Shortseller haben die Aktie seit August 2022 fest im Griff. Der Short-Float beträgt aktuell ca. 12 %. 

Der Marktradar rät dazu, von einem Unternehmen, das in so eine Technologie investiert, keinen Cent zu investieren.

Das einzig gute an dieser Entdeckung ist, dass es immer wieder überraschend ist, auf was für Ideen Ingenieure kommen können. Aber nicht alles ist eben wirklich zukunftsfähig.

Pharma und Healthcare sind dank Eli Lilly trendfolgend kaufbar

Eli Lilly

Das Pharma-Schwergewicht Eli Lilly (LLY; Marktkapitalisierung: 500 Mrd. US-Dollar) ist in der vergangenen Handelswoche um 17,5 % gestiegen. Da diese Aktie im ETF für den Bereich Pharma (IHE) neben Johnson & Johnson (JNJ) die höchste Position darstellt (Eli Lilly ist im ETF mit 24,95 % gewichtet und Johnson & Johnson mit 22,68 % – Stand: 10. August), machte auch der IHE-ETF in der vergangenen Handelswoche einen starken Sprung nach vorne und wird nun vom Marktradar als trendfolgend kaufbar eingestuft.

Eli Lilly hatte am 8. August nicht nur besser als erwartete Quartalszahlen vorgelegt, sondern auch eine sehr hohe Nachfrage für sein Medikament Mounjaro in Aussicht gestellt. Das Medikament Mounjaro hat sich neben der Behandlung von Typ-2-Diabetes auch als äußerst vielversprechendes Medikament zur Gewichtsabnahme erwiesen. In Kürze wird Mounjaro zu Behandlung von Fettleibigkeit offiziell von der FDA zugelassen; bisher gibt es nur eine beschleunigte Zulassung. Mit der offiziellen Zulassung könnten sich dann auch Gesundheitsträger wie Krankenkassen und Versicherer an den Kosten für das Medikament beteiligen, so dass der Umsatz für Eli Lilly deutlich anwachsen dürfte. 

Mounjaro ist ein absoluter Gamechanger für Eli Lilly: Allein im zweiten Quartal dieses Jahres hat dieses noch nicht offiziell von der FDA gegen Fettleibigkeit zugelassene Medikament dem Unternehmen fast 1 Mrd. US-Dollar Umsatz gebracht. Falls es zur Lizenzierung durch die FDA kommt, dürfte Eli Lilly richtig viel Geld mit diesem Medikament verdienen können. Das spiegelt sich inzwischen auch in den Aussichten für die Aktie wieder.

Analysten erwarten für die nächsten beiden Jahre bei der Aktie von Eli Lilly ein Umsatzwachstum von 20 % und ein Gewinnwachstum von 10 – 12 % pro Jahr. Das ist für einen Pharmawert sehr hohes Wachstum, das durch den Katalysator Mounjaro in solcher Dimension möglich wird. Gemäß den Schätzungen der Analysten würde Eli Lilly für 2025 mit einem KGV von etwa 11 bewertet sein, was absolut nicht überteuert erscheint.

Vergleichen wir Eli Lilly einmal mit den Big-Cap-Pharmakonkurrenten Merck & Co. und Pfizer.

Für Merck & Co. (MRK; Marktkapitalisierung: 270 Mrd. US-Dollar) erwarten Analysten in den nächsten beiden Jahren Umsatzwachstumsraten von 4 – 6 %. Für den Anstieg beim Gewinn werden für 2024 etwa 10 %, für 2025 etwa 5 % angepeilt. Auch das sind ordentliche Wachstumsraten und insbesondere starke Nettogewinmargen für einen Pharmakonzern. Das KGV für 2025 läge gemäß dieser Schätzungen dann bei etwa 15.

Für Pfizer (PFE; Marktkapitalisierung: 200 Mrd. US-Dollar) erwarten Analysten in den nächsten beiden Jahren kaum Anstiege beim Umsatz. Für den Gewinn pro Aktie werden nur schlappe 2,5 % Gewinnwachstum pro Jahr angepeilt. Das KGV für Pfizer für das Jahr 2025 würde gemäß dieser Schätzungen dann bei etwa 10 liegen.

Eli Lilly ist an der Börse aktuell sicherlich eine Wette auf den Erfolg des Medikaments Mounjaro; ähnlich wie der Biontech/Pfizer Covid-19 Impfstoff eine Börsenwette auf Pfizer im Jahre 2021 war. Damals konnte Pfizer allein im Jahr 2021 um über 60 % an Marktwert zulegen.

Eli Lilly ist seit Jahresbeginn bereits um 44 % gestiegen. Wir nehmen die Aktie von Eli Lilly in die Watchlist für unser Musterdepot auf.

Weiterhin trendfolgend kaufbar präsentiert sich für diese Handelswoche der Sektor Gesundheit (XLV). Auch in diesem ETF ist Eli Lilly mit 8,12 % Gewichtung relativ hoch gewichtet und stellt die Aktie mit der dritthöchsten Gewichtung hinter der UnitedHealth Group (UNH) und Johnson & Johnson (JNJ) dar. Daher ist auch in diesem ETF die zuletzt positive Entwicklung natürlich von dem starken Wochengewinn von Eli Lilly beeinflusst.

Weitere Konkurrenten im Bereich Adipositas, dem Fachbegriff für Fettleibigkeit, sind das dänische Unternehmen Novo Nordisk sowie das deutlich kleinere US-Biotech-Unternehmen Viking Therapeutics.

Novo-Nordisk

Novo Nordisk (NVO; Marktkapitalisierung 300 Mrd. US-Dollar) präsentierte zeitgleich mit Eli Lilly, aber noch vor Veröffentlichung der Quartalszahlen am vergangenen Donnerstag, neue Studienergebnisse zu Novo Nordisks Trumpf Wegovy im Kampf gegen Übergewicht. Neben Wegovy verdient Novo Nordisk bereits mit dem Medikament Ozempic Geld im Bereich Adipositas. Das Medikament Ozempic soll wie Eli Lillys Medikament Mounjaro sowohl gegen Typ-2-Diabetes wirken als auch das Gewicht reduzieren. Denn es enthält den Wirkstoff Semaglutid, der den Appetit zügelt.

Vor allem bei Promis sind diese Medikamente beliebt, deren Behandlung über 10.000 US-Dollar pro Jahr kostet und damit für die meisten Menschen, die an Übergewicht leiden, unerschwinglich sind.

Laut einem Bericht von IQVIA Holdings, einer Analysefirma für Arzneimittel, werden die Ausgaben der Patienten für Adipositas-Medikamente in den USA bis 2027 voraussichtlich auf 10 Mrd. USD ansteigen. Dies würde einen enormen Anstieg von 8,1 Mrd. USD oder über 378 % für den Zeitraum von 2023 bis 2027 bedeuten.

Das Medikament Wegovy ist im Internet bereits ein “Star”, seitdem Elon Musk im Oktober 2022 öffentlich zugegeben hat, dass er sich das Medikament Wegovy gespritzt hat. Danach kam es zu einem regelrechten Hype auf TikTok und Wegovy wurde auch 12- bis 15jährigen Usern bekannt.

Novo Nordisk steht nun vor dem Luxusproblem, die große Nachfrage nach diesen Präparaten zur Gewichtsabnahme zu ermöglichen, denn diese sind immer schnell ausverkauft.

Aber kommen wir zurück zu den Studienergebnissen, die die Aktie von Novo Nordisk am 8. August um 17 % steigen ließen: Das Medikament Wegovy kann laut der neuen Studie das Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen senken. Patienten mit Fettleibigkeit oder Übergewicht und mit einer Vorgeschichte von Herz-Kreislauf-Problemen, die das Wegovy Medikament einnahmen, hatten eine um 20 % geringere Wahrscheinlichkeit, einen Herz-Kreislauf-Kollaps zu erleiden, als diejenigen, die während der Studie ein Placebo einnahmen.

Und was ist mit den Nebenwirkungen und Langzeitwirkungen ? Die stellen natürlich ein Risiko dar, da diese noch weitgehend unerforscht sind. Promis berichten im Netz zwar über Erfolge beim Abnehmen, berichten aber auch von unerwünschten Nebenwirkungen. Vor allem Übelkeit, die länger anhält als normal, wird des Öfteren in Talk-Shows oder Boulevard-Gazetten genannt. Ärzte warnen unter anderem vor Darmverschluss und Durchfall, der infolge der Einnahme solcher Medikamente auftreten könnte.

Für die Aktie von Novo Nordisk erwarten Analysten in den nächsten beiden Jahren ein Umsatz- und Gewinnwachstum von jeweils ca. 15 % pro Jahr. Das KGV für 2025 läge gemäß dieser Schätzungen dann bei etwa 25, also mehr als doppelt so hoch wie beim Konkurrenten Eli Lilly. Damit ist Novo Nordisk zumindest gemäß der Gewinnaussichten in Relation zur Bewertung deutlich höher als Eli Lilly bewertet.

Eli Lilly sieht damit chancenreicher als Novo Nordisk aus, weil die US-Firma gegenüber dem Konkurrenten aus Dänemark mit einem deutlichen Abschlag zum 2025er KGV bewertet wird.

Viking Therapeutics

Die Aktie von Viking Therapeutics  (VKTX; Marktkapitalisierung: 1,6 Mrd. US-Dollar) kann als der Hot Stock für eine Spekulation auf den Erfolg bei der Bekämpfung von Übergewicht und Fettleibigkeit betrachtet werden.

Viking Therapeuticss testet einen Wirkstoff im Frühstadium namens VK2735, der für kommende Generationen gegen Übergewicht in Form von Pillen oral eingesetzt werden könnte.  Das Biotech-Unternehmen geht davon aus, dass es noch in diesem Jahr die ersten Ergebnisse einer laufenden Frühphasenstudie bekannt geben wird, in der eine orale Version des Medikaments bei gesunden Erwachsenen untersucht wird. 

Dieser Wirkstoff ist aber nicht das einzige Ass in der Pipeline von Viking Therapeutics. So hat Viking Therapeutics mit VK2735 einen weiteren Kandidaten für die Bekämpfung von Adipositas in der Pipeline. Aber der Konkurrenzdruck führte im Juni zu einem Kursrutsch in der Aktie von Viking Therapeutics. Die Ankündigung von Pfizer am 23. Juni diesen Jahres, dass ein Konkurrenzprodukt zu VK2735 noch in diesem Jahr in die späte Testphase gebracht werden soll, ließ die Aktie von Viking Therapeutics an drei Handelstagen um etwa 30 % abstürzen. Dennoch ist die Aktie seit Jahresbeginn immer noch etwa 60 % im Plus. 

In der Wirkstoffentwicklung fortgeschrittener ist VK2809, ein Mittel gegen Fettlebererkrankung in Form einer nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH). Während der klinischen Erforschungsphase konnte der Wirkstoff VK2809 im Vergleich zu verabreichten Placebos eine statistisch signifikante Verringerung des Leberfettgehalts bis zur 12. Woche aufweisen. Da es gegen die Fettlebererkrankung NASH noch keine Medikamente auf dem Markt gibt, dürften positive Ergebnisse zu starken Kursanstiegen in der Aktie führen.

Shortseller sind bei Viking Therapeutics aktiv geworden und wetten offensichtlich auf einen Abbruch der Testung des Wirkstoffes VK2735. Aktuell beträgt der Short-Float 12,7 %. Gute Ergebnisse können zu einer Vervielfachung im Marktwert des Biotech-Wertes führen. Ein Abbruch könnte die Aktie allerdings auch wieder zu einem Pennystock werden lassen. Aktuell notiert die Aktie bei 15,10 US-Dollar.

Investoren sollten nur einen kleinen Betrag in diese Aktie stecken. Wir nehmen auch Viking Therapeutics in die Watchlist für unser Musterdepot auf.

Regionalbanken: War es das jetzt mit der Rallye ?

Der ETF für Regionalbanken erhält weiterhin den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Im Chart lässt sich für den 7. August jedoch ein tieferes Hoch verorten, so dass wir diesen ETF jetzt nicht mehr als trendfolgend kaufbar einstufen. Damit könnte die im ETF am 27. Juni begonnene Korrektur in eine Verlängerung gehen. Sollte der ETF aber über 49 US-Dollar steigen, dann dürfte schnell die 50 US-Dollar-Marke getestet werden. 

In einem Interview mit Thomas Grüner (Grüner Fisher Investments) gab dieser zwar Entwarnung für einen weiteren Kollaps bei US-Regionalbanken und sprach von gemischten Quartalsergebnissen. Die Probleme bei der Rentabilität bleiben aber trotz gestiegener US-Leitzinsen herausfordernd. Die Nettozinsmargen auf Kredite gingen bei fast allen Regionalbanken nämlich zurück. 

„Die Unternehmen berichteten, dass die Abwanderung von Einlagen zu größeren Instituten und Geldmarktfonds Anzeichen einer Stabilisierung zeige, aber die meisten Banken nutzten Großkundeneinlagen, um den Abfluss von Privatkundeneinlagen abzufedern und die Liquidität zu erhöhen. Diese sind teurer als Privatkundeneinlagen, was dazu führt, dass die Refinanzierungskosten der Banken stärker steigen als die Kreditzinsen – daher auch der Rückgang der Nettomargen“, erklärt Thomas Grüner. Die Banken würden davon ausgehen, dass diese Trends bis Ende des Jahres anhalten werden.

Damit dürfte das Aufwärtspotential bei Regionalbanken begrenzt bleiben und die Eindeckung von Shortpositionen womöglich nun abgeschlossen sein.

Der Marktradar favorisiert daher auch aus fundamentalen Gründen für US-Regionalbanken nun das Eingehen einer Shortpostion, die im KRE-ETF je nach Risikomanagement über 49 US-Dollar oder über 50 US-Dollar abgesichert werden sollte.

Das Musterdepot Marktradar bei wikifolio.com

Hinweis: Das wikifolio befindet sich noch in der Testphase – daher ist es nicht für Nutzer der wikifolio-Webseite sichtbar.

Das Musterdepot verlor in der vergangenen Handelswoche etwa 2 % an Wert. Aktuell sind wir seit Auflegung am 31. Juli 2023 mit 1,75 % im Minus.

In unserem Musterdepot haben wir einen kleinen Gewinn bei dem Öldienstleister Schlumberger Limited (WKN: 853390) realisiert, um die Aktien von Hannover Rück (WKN: 840221) und Vipshop (WKN: A1JVJQ) zu kaufen.

Schlumberger Limited

Die Aktie konnte am 9. August aus einer etwa einmonatigen engen Seitwärts-Range nach oben ausbrechen. Vermutlich wird die Aktie nun mit dem Ölpreis steigen, der sich zuletzt am Futuremarkt besser entwickeln konnte als die Aktie von Schlumberger. 

Hannover Rück

Die am 10. August veröffentlichten Quartalszahlen wurden vom Markt gut aufgenommen. Die Aktie stieg am Earning Day um über 4 %. Analysten nannten nach den Earnings Kursziele zwischen 200 und 240 EUR. Die Aktie schloss am Freitag bei 196,60 EUR. Wir bleiben beim deutschen Rückversicherer investiert. Der ETF für Versicherungen (KIE) wird vom Marktradar weiterhin als trendfolgend kaufbar eingestuft.

Vipshop

Die Aktie von Vipshop brach am Freitag infolge der schwachen Wirtschaftsdaten aus China um über 5 % ein. Die relativ guten Quartalszahlen von Alibaba bieten aber die Möglichkeit für einen Rebound in der Aktie, zumindest bis vor Bekanntgabe der Earnings am kommenden Freitag vorbörslich. Die Aktie könnte vorab von den Quartalszahlen von JD.com bewegt werden, weil JD.com bereits am Mittwoch vorbörslich Quartalszahlen verkünden wird. Wir planen, bis spätestens Donnerstag in der Aktie von Vipshop investiert zu bleiben.

CSI300

Wir sind mit der Position ins Minus gerutscht, nachdem schwache Wirtschaftsdaten aus China das zuvor konstruktive Chartbild zerstörten. Wir wollen uns von dem ETF auf den CSI300 (WKN: DBX0M2) in dieser Handelswoche trennen.

Weitere geplante Aktionen im Musterdepot:

Ölpreis

Im Brent Crude Ölpreis spekulieren wir auf einen Anstieg bis 100 US-Dollar bzw. auf noch weitere 15 % Preisanstieg in diesem Jahr. Eine reduzierte Ölproduktion trifft aktuell auf eine steigende Nachfrage. Wir planen für die kommende Woche, ein Hebelzertifikat auf den Ölpreis begleitend zur Aktie von Schlumberger zu kaufen.

Shortposition im US-Aktienmarkt

Wir wollen uns Short im US-Aktienmarkt positionieren, falls wir in dieser Handelswoche steigende Kurse in den großen US-Aktienindizes sehen.

Hinweis:

Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.