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Marktradar vom 19. Dezember 2022

Marktradar vom Montag, 19. Dezember 2022 von Stefan Pröhl

Marktradar für Montag, 19. Dezember 2022

 

Stehen Internetaktien vor einem Comeback ?

 

S&P 500 wieder unter dem Gleitenden Durchschnitt für 200 Tage 

Der viel beachtete 200er Gleitende Durchschnitt notiert im ETF für den S&P 500 (SPY) aktuell bei 399,99. Am vergangenen Mittwoch ist der ETF zum zweiten Mal unter diesen Gleitenden Durchschnitt gefallen. Sollte der SPY bis zum Jahresende die 400er Marke nicht zurückerobern, wird dieses Investoren, die ja häufig trendfolgend agieren, zu Jahresbeginn womöglich dazu verleiten, sich vom Aktienmarkt fern zu halten bzw. sogar Short Positionen einzugehen.

Der RSI(27) ist im SPY im Wochenchart inzwischen wieder unter 50 gefallen, so dass auch hier die Chancen für eine Fortsetzung des Bärenmarktes mittelfristig höher einzuschätzen sind als ein Wiedererstarken der Bullen.

Swing Chancen bis Silvester ?

Aber womöglich lassen sich die Bären mit ihrer “Haue” für die Bullen noch ein bisschen Zeit: Im Aktienmarkt lassen sich für Montag nämlich ein paar recht gute Swing Set-Ups auf der Long Seite entdecken, so dass wir bis Silvester durchaus noch die eine oder andere Up-Bewegung handeln könnten – sofern ein Trader aktuell überhaupt noch aktiv nach Set-Ups suchen möchte. 

Die Liquidität dürfte bis Silvester im Aktienmarkt gering sein, was die Volatilität in einzelnen Aktien erhöhen könnte.

Was sehen wir unter dem Radar der großen Aktienindizes?

Goldminen und Aktien aus dem Bereich Lebensmittel gehörten am Freitag zu den Outperformern. REITs zu den Underperformern.

Medizinische Geräte für die Frauenheilkunde

Die am Freitag noch im Marktradar gesichteten Entry Stempel für die Bereiche Healthcare (XLY), Pharma (IHE) und Transport (IYT) sind für heute hinfällig geworden, denn die entsprechenden ETFs haben inzwischen auch das letzte höhere Zwischentief unterschritten. Aus der Healthcare-Untergruppe kann sich nur der ETF für Medizinische Geräte (IHI) noch über einem höheren Zwischentief behaupten. 

Aus dieser Branche ist mir das Unternehmen Hologic (HOLX; Marktkapitalisierung: ca. 19 Mrd. $) ins Auge gefallen.

Hologic ist auf Frauenheilkunde spezialisiert und entwickelt, produziert und vertreibt Instrumente und Geräte, die vor allem in der Diagnostik, aber auch bei chirurgischen Eingriffen angewendet werden. Darunter fallen Brusterkrankungen, Hepatitis und Gebärmutterkrebs, Empfängnisverhütung und andere Bereiche, die vorwiegend Frauen betreffen.

Die am 31. Oktober veröffentlichten Quartalszahlen lagen sehr deutlich über den Schätzungen. Der Gewinn lag ca. 25 % und die Umsätze ca. 10 % über den Erwartungen. Seit etwas über einem Jahr bewegt sich die Aktie in einer Range zwischen 60 und 80 $ (Allzeithoch vom Februar 2021 liegt bei 85 $), wobei sich im Chart nach dem Earning-Impuls Anfang November jüngst eine eingebettete Range zwischen 72 und 76 $ gebildet hat. Zwei Ausbruchsversuche am 1. Dezember und am 13. Dezember waren gescheitert.

Analysten erwarten für die Aktie bis 2024 einen Umsatz- und Gewinnrückgang. Der Umsatz soll von 5 auf 4 Mrd. $ schrumpfen, der Gewinn pro Aktie von ca. 5 auf 4. Damit lässt sich ein aktuelles KGV von 14 errechnen, das bis 2024 auf 19 steigen dürfte. Vergleicht man diese Kennzahlen mit den Werten aus der Vergangenheit für diese Aktie, dann wäre das Unternehmen 2024 in etwa fair bewertet und aktuell unterbewertet.

Krankenhäuser und Radiologie-Kliniken müssen für Mammographie-Geräte von Hologic wohl einen Anschaffungspreis zwischen 300.000 bis 500.000 Dollar zahlen, je nachdem, ob eine 2D oder eine 3D Bildgebung bestellt wird. Ein solcher Auftrag allein kann also sofort zu einem Umsatzsprung in der Jahresbilanz führen, der aktuell noch nicht eingepreist ist.

Ich erwarte für die kommenden Quartalszahlen wenn, dann positive und nicht negative Überraschungen. Da die Aktie eher schwankungsarm ist, könnte sie sich in einem volatilen Marktumfeld als Fels in der Brandung erweisen und wäre trotzdem für Überraschungen gut. Im Chart scheint die Aktie beim offenen Gap um 72,50 $ eine starke Unterstützung zu haben. Aktuell notiert die Aktie bei 73,73 $. Neue Quartalszahlen werden Ende Januar 2023 veröffentlicht. Diese Aktie wäre auch für einen Prä-Earning Trade interessant.

Neben der Branche medizinische Geräte sehen wir für heute Entry-Stempel in Bereichen, von denen wir es nun, wo sich der Bärenmarkt womöglich fortsetzt, nicht unbedingt erwarten würden.

Versorger mit guten Swing Set-Ups ?

Dass wir für heute einen Entry Stempel bei den Versorgern (XLU) sehen, wundert vielleicht noch nicht wirklich. Der ETF XLU hat das am 6. Dezember erreichte Zwischentief (70,26 $) am Freitag intraday zwar unterschritten, konnte aber darüber schließen (70,48 $). Ein Swing-Trade könnte heute in einer Aktie aus der Branche Versorger also gewagt werden. 

Für einen Swing Trade bieten sich beispielsweise die US-Versorger AES Corp. (AES), Pinnacle West Capital Corp. (PNW) oder PPL Corp. (PPL) an. Alle drei Aktien haben das letzte höhere Tief per Tagesschluss nicht unterschritten und sind charttechnisch etwas überverkauft.

Profitiert Facebook von einem möglichen Tiktok Verbot in den USA ?

Entry Stempel vergeben wir heute außerdem für die Branchen “Social Media” und “Internet Cloud”. Das verwundert schon etwas, gelten diese Branchen doch zur Risk-On-Klasse an der Börse – im Unterschied zu den zur Risk-Off-Klasse geltenden Versorgern. Internetaktien schalten eigentlich erst in bereits angeheizten Bullenmärkten den Turbo Gang ein. Daher würde ich diese Entry Signale mit etwas Vorsicht genießen – auf der anderen Seite ist diese Kolumne ja genau dafür da, Kaufkandidaten im Frühstadium zu entdecken – und zwar dann, wenn kein anderer sie sieht – eben weil sie unter den Radar für diejenigen fallen, die nur auf die großen Aktienindizes schauen.

Meta Platforms (META) ist mit seiner Internetseite Facebook wohl immer noch der Social Media Platzhirsch in der westlichen Welt. Die Aktie von META erfährt aktuell ein bisschen Rückenwind, weil die Biden-Regierung über ein Verbot von Social Media Konkurrent Tiktok für die USA nachdenkt. US-Abgeordnete beider Parteien haben Gesetzentwürfe eingebracht, um die chinesische App zu verbieten. Facebook würde von einem Tiktok Verbot in den USA vermutlich profitieren.

Im Chart von META sehen wir aktuell bereits das zweite Stadium einer flachen Basis. Aktuell arbeitet die Aktie daran, das breite Gap zwischen 128,63 $ und 97,97 $ zu schließen, das sich am letzten Earning Day (27. Oktober) gebildet hat. Trader könnten bei META eine Stopp-Buy Order über 124 $ im Markt platzieren und auf eine Schließung des Gaps spekulieren. 

Untertassenformation bei Yext

Für den Bereich Internet-Cloud beobachte ich den ETF WCLD, der fast ausschließlich in US-Internetaktien investiert und dabei breit gestreut aufgestellt ist. Hierbei werden Mid- und Small Caps gegenüber Big-Techs bevorzugt. Für diesen ETF vergeben wir heute einen Entry Stempel.

Die größte Position im ETF ist – Stand letzten Freitag – die Aktie Yext (YEXT; Marktkapitalisierung: ca. 800 Mio $). Yext ist im ETF mit 2,28 % gewichtet.

Das Unternehmen betreibt die Plattform Yext, mit der Unternehmen Kundenbewegungen und -bewertungen analysieren können, um so die Kommunikation mit den Usern, aber auch lokale SEO Aktivitäten zu optimieren. Yext soll Zugriff auf ein Wissensnetzwerk ermöglichen, das Zugriff auf rund 200 Karten, Apps, Suchmaschinen, GPS-Navigationen, digitalen Assistenten, Rankings und soziale Netzwerke ermöglicht.

Yext hat am 30. November nachbörslich Quartalszahlen veröffentlicht, die etwas besser als erwartet ausgefallen sind. Die Aktie konnte am Earning Day um knapp 20 % steigen und präsentiert sich im Dezember bisher robust und widerstandsfähig. Seit März 2022 bildet die Aktie eine Untertassenformation aus, die bei 7,50 $ ihre obere Begrenzung hat. Aktuell notiert die Aktie bei 6,52 $, so dass charttechnisch noch fast 15 % Kurspotential besteht, bis das obere Ende der Untertasse erreicht werden würde. 

Mit der am 30. November etwas angehobenen Prognose könnte nun bereits 2023 und nicht erst 2024 der unternehmerische Turnaround gelingen. Bisher schrieb das Unternehmen zum Jahresende immer rote Zahlen. Auf den ersten Blick günstig erscheint aktuell das KUV, das bei etwa 2 liegt. Da aber auch nur mäßige Umsatzanstiege bis 2024 erwartet werden, halte ich Yext mit einem KUV von 2 nicht unbedingt für unterbewertet – auch wenn historisch die Aktie schon mal mit KUVs von 8 und höher bewertet worden ist.

Ich finde die Aktie Yext fundamental nur mäßig interessant. Allein die Untertassenformation im Chart würde mich für einen Kauf inspirieren können.

Entry Stempel für Europa und Asien

Nach den hawkishen Äußerungen der EZB-Chefin von Christine Lagarde auf der Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag nach dem Zinsentscheid müsste nun eigentlich reichlich Gegenwind für den europäischen Aktienmarkt aufkommen. Einige Länder ETFs erhalten aber – im Unterschied zu den USA – noch den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Länder wie Dänemark (EDEN), Polen (EPOL) und Belgien (EWK) erhalten dabei zusätzlich den Entry Stempel, der damit zu einem Swing Einstieg einlädt, da eine Überverkauftheit auf stabilem Kursniveau vorliegt. 

Aus der Region Asien vergeben wir heute Entry Stempel für Japan, Hongkong, Philippinen, Singapur und Vietnam.

Hinweis:
Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.