Season-trader

Marktradar für 21. August 2023

Marktradar für Montag, 21. August 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar vom Montag, 21. August

Saisonale Empfehlung: Ab Oktober kann neu durchgestartet werden

Zu Beginn dieses Marktradars wollen wir uns mit der Saisonalität an den US-Aktienmärkten im Umfeld der Jackson Hole Tagung in einem Vorwahljahr beschäftigen – und zwar speziell für den Nasdaq 100. Außerdem wagen wir einen Vergleich von Adyen und Nvidia und wollen herausfinden, ob sich auch Nvidia infolge der am kommenden Mittwoch angekündigten Ergebnisse zu den Quartalszahlen im Kurs halbieren könnte.

Der August ist an der Wall Street historisch der Handelsmonat mit den geringsten Handelsumsätzen. Aber je genauer man hinschaut, desto lautstärker widerspricht die Statistik dem eigenen Ergebnis. Obwohl der August noch nicht vorbei ist, können wir in diesem Jahr ein deutlich höheres Handelsvolumen als im Juli sehen. Und das hat, statistisch gesehen, System. Damit widerspricht die Statistik nicht sich selbst, sondern sie liest sich eben jeweils anders: es kommt  – wie im echten Leben – auf das Auge des Betrachters an bzw. den Ausschnitt, den der Verwender der Statistik aus der Gesamtbetrachtung herausschneidet.

Schauen wir uns das August-Tänzchen einmal für den Nasdaq 100 für die letzten zehn Jahre an. 

In den vergangenen zehn Jahren verzeichneten wir für den Nasdaq 100 nur zweimal ein deutlich höheres Handelsvolumen als im Juli: Und zwar in den Jahren 2015 und 2019.

Im August 2015 lag das Handelsvolumen um das 1,6fache höher als im Juli 2015. 

Im August 2019 lag das Handelsvolumen ebenfalls um das 1,6fache höher als im Juli 2019.

Obwohl der Monat August noch neun Handelstage an der Wall Street zurückzulegen hat – heute ist ja erst der 21. August -, liegt das Handelsvolumen nun schon um etwa 1,1mal höher als im Juli.

Es ist also gut möglich, dass wir am 31. August wieder ein um das 1,6fache höhere Handelsvolumen als im Juli beobachten können. 

Auffällig sind die langen Lunten im Kerzenchart für den August 2015 und 2019. Die Kurse sind gegen Monatsende also gestiegen, während sie zuvor im August gefallen waren. Damit stellt sich für die kommenden zwei Handelswochen die Frage: Werden wir in der Monatskerze für August 2023 wieder so eine lange Lunte im Nasdaq 100 sehen ?

Natürlich fällt langjährigen Börsianern noch etwas weiteres auf: nämlich dass wir mit den Jahren 2015, 2019 und 2023 einen Vierjahreszyklus bewerten. 2015, 2019 und 2023 handelt es sich zudem jeweils um das Vorwahljahr für die US-Präsidentenwahl.

Sehen wir im Kalender vielleicht einen Beweggrund, warum die letzten Tage im August positiver waren als die zuvor vergangenen Tage im August ?

2015 begann die Jackson Hole Tagung am Freitag, 28. August. 

2019 begann die Jackson Hole Tagung am Freitag, 23. August. 

In diesem Jahr wird die Jackson Hole Tagung am Freitag, 25. August beginnen. 

Am Tag des Beginns der Jackson Hole Tagung am 28. August 2015 bewegte sich der Nasdaq 100 kaum. Allerdings verlor der Nasdaq vom 20. – 24. August 2015 in drei Handelstagen über 10 % an Wert. Wir sahen also einen crash-artigen Abverkauf im Nasdaq 100 in der Handelswoche, die mit dem Beginn der Jackson Hole Tagung endete.

Am Tag der Jackson Hole Tagung am 23. August 2019 verlor der Nasdaq 100 über 3 % an Wert. Damals hatte Jackson Powell sich in der Rede für das Notenbanktreffen in Jackson Hole nicht den Forderungen vom damaligen  US-Präsidenten Donald Trump gebeugt, baldige Zinssenkungen zumindest verbal in Aussicht zu stellen. Donald Trump schrieb damals auf Twitter: “Meine einzige Frage lautet: Wer ist der größte Feind des Volkes, Jay Powell oder Chinas Vorsitzender Xi Jinping?”.

Sollte es in dieser Handelswoche zu einer crash-artigen Bewegung im Nasdaq 100 kommen oder diese sich am Tag der Rede von Jackson Powell am 25. August ergeben, dann können wir diesen Abverkauf als eine erste, aber letztendlich noch etwas verfrühte Einladung zum Kaufen verstehen. 

Wir sollten aber nicht bereits im August das gesamte Pulver verschießen. Warum, das sehen wir gleich. Zuvor wollen wir das Risiko eines Nvidia-Crashs einzuschätzen versuchen, indem wir auf den Kursabsturz des niederländischen Fintech-Unternehmens Adyen schauen, der sich in der vergangenen Handelswoche im Börsenwert halbiert hatte.

Adyen und Nvidia

Eine crash-artige Bewegung könnte sich im Vorfeld der Jackson Hole Tagung am Donnerstag, 24. August im Nasdaq 100 zeigen, wenn Börsianer die Quartalszahlen von Nvidia negativ bewerten. Viele Wachstumsaktien sind während dieser Earning-Season abgestraft worden, obwohl die Quartalszahlen bei weitem nicht so schlecht waren, wie Kursrückgänge von teilweise mehr als 25 % nahelegen. Wir erinnern uns an den Kursrutsch vom KI-Profiteur Super Micro Computer (SMCI; -24 %) am Earning-Day, obwohl die Quartalszahlen in einem anderen Umfeld durchaus das Potential gehabt hätten, die Aktie um zehn oder mehr Prozent steigen zu lassen.

So mancher Anleger reagierte in der vergangenen Handelswoche geschockt, als er die Kursbewegung am Donnerstag des im Euro Stoxx 50 gelisteten niederländischen Finanzdienstleisters Adyen (WKN: A2JN4F) sah. Am Freitag, 11. August, kostete die Aktie noch 1558 Euro. Am Freitag, 18. August, nur noch 872 Euro.. Die Aktie verlor in einer Handelswoche 44 % und versengte damit in fünf Handelstagen mehr als 20 Milliarden Euro an Börsenwert. 

Von 35 Analysten, die bei Bloomberg aufgeführt werden, hatten vor Veröffentlichung der Halbjahresbilanz lediglich 4 Analysten sinkende Kurse bei Adyen erwartet. Auch Shortseller dürften im Vorfeld kaum auf einen Adyen-Crash gewettet haben, darauf deutet der niedrige Anteil verliehener Aktien hin.

Adyen galt bis zu dem Kurssturz am Mittwoch als wertvollstes Fintech-Unternehmen in Europa. Adyen ermöglicht reibungslose Zahlungsabläufe u. a. bei so bekannten Unternehmen wie Meta Platforms, Uber, Spotify, McDonald’s oder L’Oreal. Anfang dieser Woche lag die Bewertung noch fast gleichauf mit dem US-Konkurrenten Paypal, der es aktuell auf 60 Milliarden US-Dollar Börsenwert bringt. Adyen liegt nun noch bei etwas über 25 Milliarden Euro Börsenwert.

Das Drama begann am Mittwoch, als der Vorstand die Zahlen für das erste Halbjahr vorlegte. Obwohl das Transaktionsvolumen bei Adyen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 23 Prozent gestiegen war und der Umsatz um 21 Prozent, verlor die Aktie die Hälfte an Wert.

Was den Analysten während des Earning Calls nicht gefiel, war eine deutliche Abschwächung bei der Gewinnmarge. Gestiegene Kosten für den Personalaufwand und mehr Konkurrenz vor allem im US-Geschäft wurden als Grund für den Margendruck genannt.

Dennoch: das rechtfertigt eigentlich nicht eine Halbierung des Börsenwerts innerhalb so kurzer Zeit.

Charttechniker sahen eine Stopp-Loss Lawine als Ursache für das “Blutbad”. Einige technische Analysten sprachen von einer Stopp-Loss-Lawine, die in die Geschichtsbücher eingehen könnte. Daytrader verzweifelten beim Scalping der Adyen-Aktie am Donnerstag und Freitag und sprachen im Internet von einem Verkaufsdruck, der mit so einer Vehemenz wohl selten bei so hoch kapitalisierten Unternehmen an der Börse anzutreffen ist.

Gerade weil keine Leerverkäufer bei Adyen aktiv waren, konnte die Aktie in derart kurzer Zeit so stark ohne Gegenwehr abstürzen. Einmal mehr ein Beispiel dafür, dass der Leerverkauf durchaus als eine Form von Kurspflege angesehen werden kann – vor allem wenn markante Unterstützungen im Chart, wo viele Stopp-Orders von institutionellen Marktteilnehmern platziert sind, gerissen werden.

Adyen war schon immer hoch bewertet gewesen, die KGVs der vergangenen Jahre lagen von 2015 bis 2020 über 100 und das KUV deutlich über 10. Nach dem Kurssturz in der vergangenen Woche liegt das KGV bei (nur noch ?) 45 und das KUV bei 3. 

Adyen galt bis vor einer Woche als hervorragend geführtes Unternehmen, das hohes Wachstum fernab von Konjunkturschwankungen erzielen konnte. Gerechtfertigt wäre der Kursrückgang eigentlich nur, wenn die starken und vor allem konstanten Wachstumsjahre für die Zukunft in Frage gestellt werden. Noch 2015 erzielte Adyen einen Jahresgewinn von 33 Millionen Euro. Im Jahr 2022 wurde ein Jahresgewinn von 560 Millionen Euro erwirtschaftet. Ein Gewinnwachstum von 1600 % innerhalb von 7 Jahren. Dass das so nicht wiederholt werden kann, ist spätestens nun so manchem Analysten klar geworden.

Nun ist Adyen nicht Nvidia. Was beide Unternehmen verbindet, ist eine hohe Bewertung, die eigentlich nie wirklich von Börsianern als zu teuer quittiert wurde. Während Adyen sich nun womöglich mit schwächeren Wachstumsphasen begnügen muss, ist dieses bei Nvidia umgekehrt. Selten sah sich der Konzern wohl so gut aufgestellt wie jetzt.

Während Adyen bisher kontinuierlich von Jahr zu Jahr wachsen konnte, das Geschäftsmodell unabhängig von der Konjunktur wie an der Uhr gezogen hohe zweistellige Steigerungen beim Gewinn hervorbrachte, muss bei Nvidia natürlich mit Rückgängen beim Jahresgewinn gerechnet werden, sobald die Konjunktur stockt. 

Daher steckt in Adyen mehr Konstanz in der Gewinnentwicklung als bei Nvidia, was dem niederländischen Fintech-Unternehmen natürlich viel Vertrauen bei Aktionären verschaffte. 

Die Gewinnerwartungen bei Nvidia (NVDA) bis 2025 sind phänomenal hoch. 

Für 2023 erwarten Analysten einen Gewinn pro Aktie von 1,74, woraus sich ein KGV2023e von etwa 250 errechnen lässt. 

Für 2025 erwarten Analysten einen Gewinn pro Aktie von 11,08, woraus sich ein KGV2025e von etwa 40 errechnen lässt.

Zum Vergleich: Der Gewinn bei Adyen soll sich bis 2025 nur verdoppeln, nicht versechsfachen wie bei Nvidia. Adyen wäre 2025 mit einem KGV von etwa 20 bewertet, Nvidia wie oben bereits geschrieben mit einem KGV von etwa 40.

Sollte sich Nvidia in der kommenden Woche im Wert halbieren, dann würde das erwartete KGV von Nvidia für 2025 bei nur noch 20 liegen, sofern die Wachstumsprognose beim Gewinn am Mittwoch nachbörslich nicht nach unten revidiert wird.

Nein, eine Halbierung des Börsenwerts von Nvidia – wie bei Adyen – erscheint von der fundamentalen Bewertung her unwahrscheinlich zu sein.

In der Charttechnik steckt die vielleicht größere Gefahr eines unkontrollierten Kursabsturzes für die Aktie von Nvidia. Eine Stopp-Loss-Lawine würde in der Aktie von Nvidia am Donnerstag sicherlich bei einem Rutsch unter die 400 US-Dollarmarke losgetreten werden. So ganz ausschließen möchte ich ein “zweites Adyen” hier nicht.

Aber was wäre mit einem Kursrutsch um etwa 25 % wie bei Super Micro Computer ? Sollten Investoren auch nur ein Haar in der Suppe bei Nvidia finden, dann könnte Nvidia von jetzt 434,70 US-Dollar auf ungefähr 320 US-Dollar fallen. 

Trader könnten bei Nvidia ein Abstauber-Kauflimit bei 300 US-Dollar setzen. Vielleicht haben sie Glück, und das Haar in der Suppe ermöglicht einen unerwartet günstigen Einstieg in diesen wohl stärksten Profiteur von Künstlicher Intelligenz.

Nvidia könnte also vor der Jackson Hole Tagung für einen Kurssturz im Nasdaq 100 sorgen. Dann hätten wir ein Muster, das durchaus in die “Statistik” passt.

Vor der Weihnachtsrallye bleibt der Kühlschrank leer

Kommen wir zurück zu unserer Meinung, dass wir im Vorfeld der Jackson Hole Tagung oder am Tag der Jackson Hole Tagung durchaus noch eine crash-artige Bewegung sehen könnten und Investoren nicht bereits im August ihren gesamten Cashbestand mit dem Kauf von Aktien aufbrauchen sollten.

Denn der September war in Vorwahljahren nach den Jackson Hole Tagungen jeweils ein schwacher bzw. unspektakulärer Monat für den Nasdaq 100 gewesen, was die Performance betrifft. 

Der Nasdaq 100 verlor im September 2015 an der Wall Street 2,2 % an Wert.

Der Nasdaq 100 gewann im September 2019 an der Wall Street 0,92 % an Wert.

Von Oktober bis Dezember ging es 2015 und 2019 dann aber deutlich nach oben.

Der Nasdaq 100 gewann von Anfang Oktober bis Ende Dezember 2015 etwas über 10 % an Wert.

Der Nasdaq 100 gewann von Anfang Oktober bis Ende Dezember 2019 fast 12,5 % an Wert.

Was könnte uns dieser Blick zurück für die nun zwei kommenden Handelswochen und darüber hinaus für die Kalendermonate September und Oktober sagen ?

Der Marktradar gibt – rein saisonal – die Handelsempfehlung aus, erst ab Anfang Oktober wieder vermehrt Aktien an der Wall Street zu kaufen.

Vor und am Tag der Jackson Hole Tagung kann die Volatilität an den Aktienmärkten recht hoch bleiben. Ein crashartiger Absturz im Vorfeld der Jackson Hole Tagung liegt saisonal im Bereich des Möglichen – Nvidia könnte der Beweggrund dafür werden, sollte aber aus fundamentaler Perspektive eigentlich maximal 25 % an Wert verlieren – also keine zweite Adyen werden. Aus charttechnischer Perspektive sollte ein Kurssturz um etwa 50 % aber nicht ausgeschlossen werden. Im Unterschied zu Adyen wäre Nvidia dann aber ein klarer Kauf – eben weil die beste Zeit für das Unternehmen nun in der Zukunft liegt, während diese bei Adyen ab jetzt womöglich in der Vergangenheit abgelegt werden muss.

Der September könnte von Investoren dafür genutzt werden, sich mehr mit der Watchlist als mit dem Aktiendepot zu beschäftigen, womöglich können aber auch ein paar Stücke an schwachen Tagen nachgekauft werden. 

Aber erst Anfang Oktober sollten Trader und Investoren mit neuem Mut an der Börse aktiv werden. Dann könnten sogar manche, die aktuell wenig bis gar nicht im Aktienmarkt investiert sind, von Null auf Hundert neu durchstarten. Das signalisiert für den Marktradar unter anderem die neueste Erhebung im GDP-Now Indikator.

Bruttoinlandsprodukt in den USA verspricht eine starke Jahresendrallye

Die Federal Reserve Bank of Atlanta hat ihre Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt in den USA inzwischen deutlich gegenüber der Schlusserhebung zum zweiten Quartal (2,4 %) erhöht. 

Laut der letzten Schätzung vom 16. August wird nun für das dritte Quartal ein Bruttoinlandswachstum von unglaublichen 5,8 % erwartet !

Da die meisten Volkswirte eine so stark laufende, fast parabolisch wachsende Wirtschaft für die USA nicht erwartet haben, sondern vielmehr zu Jahresbeginn noch Wolken einer Rezession und damit einen düsteren Ausblick für die Aktienkurse im Jahr 2023 vorausgesagt haben, dürften während der Jahresendrallye ab Oktober alle diejenigen, die sich die meiste Zeit im Jahr falsch positioniert gefühlt haben, versuchen, möglichst viel Performance “am Ende der Strecke” gutzumachen. 

Bis dahin gilt es, die saisonal schwache Phase bis September möglichst unbeschadet zu überstehen und die richtigen Aktien für den Wachstums-Boom in den USA zu finden.

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

Nur noch 3 von 59 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs erhalten für heute den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von lausigen 5 %. In der Woche zuvor lag diese Quote noch bei 17 %. 

14 von den 59 beobachteten ETFs erhalten inzwischen den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren”. Das entspricht einer Quote von fast 24 %. Wir erwarten, dass dieser Tagesstempel in den nächsten Wochen für deutlich mehr ETFs vergeben wird. Aktuell werden mit dem Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” sowohl Branchen aus dem Risk-On als auch dem Risk-Off Bereich bewertet. Neben Risk-On Branchen wie Biotech, Cannabis, Lithium, Windenergie oder 3-D-Druck werden auch Risk-Off Branchen wie Gold- und Silberminen, Medizintechnik oder Stromversorger mit diesem bärischen Tagesstempel bewertet.

Warum steigen Aktien von Stromversorgern nicht ?

Aktien von Versorgern werden aktuell ebenso verkauft wie Aktien aus dem Bereich Technologie. Entweder wird Geld lieber in anderen Assets wie kurzlaufende Anleihen oder Geldmarktfonds gesteckt oder Investoren warten die Korrektur jetzt einfach ab, um im Oktober wieder verstärkt in Risk-On Aktien aus dem Bereich Internet, Technologie und natürlich in die Profiteure der Künstlichen Intelligenz zu stecken. 

Offensichtlich sind kurzlaufende US-Staatsanleihen für Angsthasen an der Börse aktuell attraktiver als Aktien von Stromversorgern. Der ETF für US-Staatsanleihen mit Laufzeiten von 1 – 3 Jahren (SHY) wird folgerichtig auch mit dem Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” bewertet und von uns auch als trendfolgend kaufbar eingestuft.

Ganz anders der ETF für US-Staatsanleihen mit Laufzeiten von mehr als 20 Jahren (TLT). Dieser wird mit dem Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” bewertet.

Nur Pharma und Öl bleibt trendfolgend kaufbar

Trendfolgend kaufbar sind im Aktiensegment nur noch die ETFs für Pharmaceuticals (IHE) und zwei Energie-ETFs aus dem Bereich Öl- und Gas (XLE und XOP).

Wir sehen für diesen Montag bei den Branchen- und Themen-ETFs keine Signale für Swing-Trades und auch keine antizyklischen Einstiege im Rahmen einer Trendfrüherkennung – weder auf der Long-Seite noch auf der Short-Seite.

Aktuell bietet sich daher kein Neueinstieg oder ein Nachkauf bei Aktien an. 

US-Banken vor Rating-Abwertung ?

Weiterhin interessant halten wir einen Einstieg auf der Short-Seite bei Regionalbanken (KRE). 

Ein Analyst von Fitch Ratings warnte am 15. August davor, dass neben dem bereits gesunkenen Rating bei US-Staatsanleihen nun auch US-Banken weitere Ratingabstufungen erhalten könnten. Die Rating-Agentur Fitch hatte im Juni bereits die Einschätzung für US-Banken von AA auf AA- gesenkt. 

Wenn Fitch die Bewertung von Banken tatsächlich weiter herabstuft, dürfte die Eigenkapitalquote darunter leiden, was wiederum die Bonität weiter abschwächen würde. 

Wo kaufen sich nun Insider ein ?

Auch wenn wir oben dazu geraten haben, mit Zukäufen bei Aktien noch bis zum Oktober zu warten, lohnt es sich vielleicht zu beobachten, wo sich Insider nach Kursabstürzen bereits jetzt einkaufen. Hier haben wir eine Aktie gefunden, in die Insider nach einem schwachen Ausblick kräftig zugegriffen haben. Außerdem sahen wir bei einem Konkurrenten ebenfalls Mittelzuflüsse.

Zebra Technologies

Zebra Technologies (ZBRA) kann den Branchen Logistik, Elektronik und Industriedienstleistungen zugeordnet werden. Die Firma mit Sitz im Bundesstaat Illinois hat sich auf die RFID-Technologie spezialisiert, mit der über Radiowellen Daten per Bar-Code Scanner oder Lesegeräten angezeigt und verwaltet werden können. Diese Geräte kommen bei der Zollabfertigung, bei der Warenerfassung im Einzelhandel, bei der Lagerverwaltung, aber auch bei der Echtzeitverortung, z.B. auf Parkplätzen, zum Einsatz. Außerdem fertigt und vertreibt Zebra Technologies Drucker, die Etiketten, Armbänder, Plastikkarten etc. produzieren. Auch robuste Tablets für mobile Datenerfassungen im Industriebereich werden von der Firma hergestellt und vertrieben.

Am 1. August verlor die Aktie nach Bekanntgabe von Earnings 17 % an Wert. Die Aktie fiel von etwa 300 auf 250 US-Dollar. 

Fünf Insider aus dem Unternehmen kauften in der Zeit vom 2. August bis zum 10. August Aktien im Wert von zusammen über 2 Mio US-Dollar. Das Unternehmen ist an der Börse mit etwa 13,5 Mrd. US-Dollar bewertet. Damit kauften diese fünf Insider insgesamt etwa 1,5 % vom Unternehmen auf – taten dieses unmittelbar nach dem Kursabsturz infolge einer schwachen Umsatzprognose für das dritte Quartal – , darunter der Exekutive Chairman Anders Gustafsson (1 Mio US-Dollar), der CEO Bill Burns (250 Tsd. US-Dollar) und der Chief-Strategy Officer Michael Cho (467 Tsd.US-Dollar). Die insgesamt fünf Insider kauften sich in die Aktie von Zebra Technologies zu Kursen zwischen 238,89 und 254,59 US-Dollar ein. Am vergangenen Freitag schloss die Aktie bei 271,98 US-Dollar.

Das ist eine wirklich zupackende, konzertierte Aktion seitens der Unternehmensleitung gewesen. Damit schaffen sie Vertrauen für die Aktionäre. Die Firmenlenker gehen nun offensichtlich davon aus, dass es ab dem vierten Quartal auf Geschäftsebene wieder deutlich besser laufen wird.

Der CEO Bill Burns musste im Earning Call nämlich verkünden, dass für das dritte Quartal ein Umsatzrückgang von etwa 30 % erwartet wird. Analysten hatten mit einem Rückgang beim Umsatz von nur etwa 10 % gerechnet. Offensichtlich machen dem Unternehmen höher als erwartete Lagerbestände in den USA zu schaffen, was zu einer geringeren Umschlagsrate im Warenverkehr führt. Dazu passt, dass die Frachtraten in die USA zuletzt rückläufig waren, was auf den ersten Blick zum rasanten Wachstum in den USA wiederum nicht zu passen scheint. Sollten die hohen Lagerbestände schnell abgebaut werden, dann könnten sich die Frachtraten ab dem vierten Quartal wieder erhöhen. Zebra Technologies dürfte signifikant davon profitieren.

Impinji

Impinji (PI; Marktkapitalisierung: 1,5 Mrd. US-Dollar) ist in einem ähnlichen Geschäftsfeld wie Zebra Technologies tätig. Impinji bietet Lösungen an, um einzelne Waren drahtlos zu verbinden, damit Daten zu diesen Artikeln gesammelt und weiterverarbeitet werden können. Das Unternehmen stellt Miniatur-Funkgeräte auf einem Chip bereit, die an einem Artikel im Lager befestigt werden und damit eine Nummer zur Identifizierung des Artikels enthalten.

Interessant ist, dass beim Lagerlogistiker Impinyi Zuflüsse in etwa zur selben Zeit zu beobachten waren. In der Zeit vom 11. bis zum 16. August stockte die Beteiligungsgesellschaft Sylebra Capital Limited ihre Aktenstücke bei Impinji um etwa 45 Mio US-Dollar auf. 

Die Aktie von Impinji befindet sich seit Mitte Juni im freien Fall, fiel in der Spitze von 113 auf 55 US-Dollar. Schwache Quartalszahlen Ende Juli beschleunigten den Abverkauf, der infolge der Käufe von der Sylebra Capital Limited zumindest in der vergangenen Handelswoche etwas abgefedert werden konnte. 

Eine starke Gegenbewegung wie bei Zebra Technologies können wir bei Impinji aber noch nicht im Chart ausmachen.

Während bei Zebra Technologies keine nennenswerten Shortpositionen zu beobachten sind, beträgt der Short-Float bei Impinji etwa 12,5 %. Damit können Trader auf einen Short-Squeeze bei Impinji spekulieren, bei Zebra Technologies aber nicht.

Beide Aktien wären spätestens Anfang Oktober reif für eine Aufnahme in die Watchlist zum bei wikifolio.com geführten Musterdepot, das diese Kolumne seit dem 31. Juli begleitet. Wir nehmen beide Aktien jetzt schon in die Watchlist auf, planen vorerst aber keinen Einstieg.

Asiatische Märkte geraten zusehends in den Sell-Off Modus

Für die Regionen ex-USA fällt auf, dass Aktienmärkte aus Asien für diesen Montag vorwiegend mit dem Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” bewertet werden, während die Region Europa vorerst noch mit dem Tagesstempel “Unter Beobachtung” bewertet wird.  

Den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” erhalten neben China inzwischen auch die ETFs für die Regionen Australien (EWA), Neuseeland (EWN), Indonesien (EIDO), Philippinen (EPHE), Südkorea (EWS), Taiwan (EWT) und Thailand (THD).

Die Region Vietnam konnte sich bis Donnerstag noch gut halten und war für den Marktradar trendfolgend kaufbar gewesen. Am Freitag verlor der entsprechende ETF (VNM) jedoch über 6 %. Offensichtlich kann sich nun auch der Aktienmarkt Vietnam nicht mehr der sich ausbreitenden Kursschwäche im asiatischen Raum entziehen.

VinFast Auto

Für Aufregung an der Börse in Vietnam sorgte in der vergangenen Handelswoche die Aktie des Herstellers von Elektroautos, Vinfast Auto (VFS), dessen Aktien an der Wall Street am 14. August erstmals gehandelt wurden, nachdem diese aus dem Mantel der Black Spade Acquisition Co. geschlüpft sind.

VinFast ist jetzt das größte vietnamesische Unternehmen, das an der Wall Street gelistet ist. 

Das Unternehmen hat sich in seinem vietnamesischen Heimatmarkt durch den Aufbau eines eigenen Ladenetzwerks, das sich über 63 Städte und Provinzen erstreckt, ein starkes Standbein aufgebaut und plant, dieses in den kommenden Jahren weiter auszubauen. VinFast hat außerdem ein unternehmenseigenes Einzelhandels- und Servicenetzwerk mit über 122 VinFast-Filialen weltweit aufgebaut. Darüber hinaus arbeitet VinFast daran, seine Position auf dem globalen Markt für Elektrofahrzeuge zu stärken, indem es neue Partnerschaften mit Distributoren und Händlern weltweit sucht.

Laut einer Unternehmenspräsentation hat Vinfast in der ersten Hälfte dieses Jahres 11.300 Fahrzeuge ausgeliefert. Konkurrenten wie Tesla und BYD hatten im gleichen Zeitraum etwa 900.000 bzw. 1,25 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert.

Das Musterdepot Marktradar bei wikifolio.com

Hinweis: Das wikifolio befindet sich noch in der Testphase – daher ist es nicht für Nutzer der wikifolio-Webseite sichtbar.

Das Musterdepot verlor in der vergangenen Handelswoche etwa 1,3 % an Wert. Aktuell sind wir seit Auflegung am 31. Juli 2023 mit knapp 3 % im Minus.

Wir hatten am Montag den ETF auf den CSI300 verkauft und die Aktie von Vipshop vor den Earnings am Donnerstag zur Hälfte verkauft; den Rest dann nach Bekanntgabe der Earnings am Freitag. Damit sind wir nun nicht mehr im chinesischen Aktienmarkt investiert, der gemäß Marktradar aktuell eher ein Short-Kandidat ist.

Ölpreis

Der Ölpreis hatte zu Wochenbeginn korrigiert, konnte am Donnerstag und Freitag aber wieder steigen. Der Anstieg bis zum Freitag erscheint uns aber zu schwach, um nun direkt auf eine Trendfortsetzung zu spekulieren. Wir haben uns in drei Tranchen mit einem Hebelzertifikat (WKN HG14T1) im Oktober-Future für Brent-Oil eingekauft, sind aktuell mit dieser Position ca. 4 % im Minus. Wir halten die Positionsgröße nun für etwas zu groß im wikifolio (berücksichtigt man den Hebel von 5,6 sind wir im Ölpreis der Sorte Brent aktuell mit etwa 54 % im wikifolio gewichtet). Da uns der Verkaufsdruck im Ölpreis am Dienstag und Mittwoch etwas zu stark erschien und am Mittwoch ein höheres Tief unterschritten wurde, wollen wir die Position in dieser Handelswoche verkleinern. Grundsätzlich halten wir momentan noch daran fest, dass sich die Branche Öl- und Gas bis in den September hinein besser als viele andere Branchen entwickeln wird.

Schlumberger Limited

Die Aktie des Öl- und Gasdienstleisters Schlumberger wollen wir mittel- bis langfristig halten und die aktuelle Positionsgröße (15,9 % Gewichtung) auch nicht verkleinern. Die Aktie zeigte in der vergangenen Handelswoche trotz Korrektur im Ölpreis relative Stärke zu anderen Aktien aus dem Bereich Öl- und Gas.

Hannover Rück

Der ETF für Versicherungen (KIE) konnte sich in der vergangenen Handelswoche der allgemeinen Marktschwäche nicht entziehen. Auch Hannover Rück gab etwas nach. Wir wollen mittel- bis langfristig in diesem deutschen Rückversicherer investiert bleiben. Versicherungen könnten bis Ende September als Risk-Off Branche von Wirbelstürmen an der Börse weniger stark betroffen sein. Wir erwarten mittelfristig Kurse über 200 Euro in der Aktie und würden Kursrückgänge bis zum Überschreiten der 200er Marke aussitzen.

Eli Lilly

Seit Freitag sind wir in der Aktie von Eli Lilly investiert. Wir glauben an die Blockbuster-Qualitäten des Medikaments Mounjaro gegen Übergewicht und halten die Aktie von Eli Lilly für unterbewertet.

Weitere geplante Aktionen im Musterdepot:

Shortposition im US-Aktienmarkt

Wir wollen uns Short im Nasdaq 100 positionieren. Unser Kauflimit im Hebelzertifikat ist am vergangenen Montag knapp verfehlt, also nicht ausgeführt worden. Wir erhöhen jetzt das Kauflimit und versuchen, noch vor den Quartalszahlen von Nvidia am Mittwoch einen Put auf den Nasdaq 100 zu kaufen.

Hinweis:

Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.