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Marktradar vom 21. Februar 2023

Marktradar vom Dienstag, 21. Februar 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar für Dienstag, 21. Februar 2023

Vorbörslich wird den Bullen der Kampf angesagt

Vorbörslich notieren die großen US-Aktienindizes nach dem verlängerten Wochenende – in den USA war die Wall Street wegen des Feiertages  “Presidents Day” am Montag geschlossen – etwa auf der Höhe der Tiefs vom Freitag (Stand: 10:30 Uhr deutscher Zeit).

Während wir zum Wochenschluss der 6. Kalenderwoche 2023 (10. Februar) in den Charts der großen US-Aktienindizes (S&P 500, Nasdaq 100, Russell 2000) zuletzt höhere Hochs und höhere Tiefs verorten konnten und im Marktradar entsprechend geschrieben haben, dass wir “nur dazu raten können, bei Schwäche zu kaufen” (siehe Marktradar vom 13. Februar), so sahen wir zum Wochenschluss der 7. Kalenderwoche (17. Februar), diese höheren Hochs und höheren Tiefs nicht mehr. Stattdessen haben sich in der gerade abgelaufenen Kalenderwoche zwischen Dienstag und Donnerstag tiefere Zwischenhochs gebildet.

Für die entsprechenden ETFs gilt nun: der S&P 500 (SPY) müsste über 415,05, der Nasdaq 100 (QQQ) über 309,27 und der Russell 2000 (IWM) über 194,87 schließen, damit die Bullen wieder zur Party einladen können.

Solange wir einen solchen “Sektkorkenknall” nicht hören, sollten Anleger eine längere Seitwärtsbewegung oder gar beginnende Korrektur an den Aktienmärkten zumindest einkalkulieren.

Vorbörslich scheint den Bullen der Kampf angesagt zu werden: Im ETF des S&P 500 (SPY) gilt es nun zu beobachten, ob an der 400er Marke Kaufdruck aufkommt. Ich kann mir gut vorstellen, dass, falls wir diese Marke heute bereits triggern, eine Gegenbewegung starten wird. Sollte die 400er Marke in den nächsten Handelstagen jedoch mit Wucht unterschritten werden, dann würde sich diese von einer Unterstützungszone in eine Widerstandszone verwandeln.

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

Einige Risk-Off Branchen werden hochgestuft

Wenn eine Branche, die zuletzt zu den Underperformern gehört hat, kurzfristige Stärke zeigt, sollten Börsianer, die frühzeitig an künftigen Sektorrotationen partizipieren wollen – also bevor es die Masse tut – hellhörig werden.

Zur heutigen Handelseröffnung an der Wall Street meldet mir der Marktradar, dass drei Branchen-ETFs Tagesstempel erhalten, die eine Aufstufung beinhalten: Gesundheitsdienstleister (IHF), Healthcare (XLY) und Energieversorger (XLU). Alle drei Branchen gelten als Risk-Off Kandidaten und konnten seit Jahresbeginn keine oder nur nur geringe Kursgewinne verbuchen. 

Damit gibt der Marktradar uns ein Warnsignal für die Marktteilnehmer, die überwiegend in Aktien aus Risk-On Branchen investiert sind.

Der ETF für Energieversorger erhält ab Dienstag den Tagesstempel “Unter Beobachtung” (vorher: Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren”).

Der ETF für Healthcare (XLV) wird für Dienstag von “Unter Beobachtung” auf kaufbar hochgestuft (Buy the Dip).

Der ETF für Gesundheitsdienstleister (IHF) wird für Dienstag sogar auf “Kaufen oder Aufstocken” hochgestuft, nachdem vorher der Tagesstempel “Bodenbildung oder Seitwärts” vergeben wurde.

Gesundheitsdienstleister unter der Lupe

Schauen wir uns die Gesundheitsdienstleister etwas genauer an – denn hier sehen wir aktuell die dynamischste Hochstufung.

Von den vergangenen neun Handelstagen konnte der ETF für Gesundheitsdienstleister (IHF) sieben Tage mit einem Gewinn abschließen. Zum Vergleich: der ETF für den S&P 500 (SPY) kann für die vergangenen neun Handelstage nur mit drei Gewinntagen aufwarten. Das Handelsvolumen war während dieser Zeit im IHF-ETF unauffällig. Eine starke Akkumulation von institutioneller Seite kann also noch nicht beobachtet werden. Am 7. Februar bildete der IHF-ETF intraday ein 21-Tage-Tief, konnte an diesem Tag aber nahe Tageshoch schließen. Das Handelsvolumen war am 7. Februar unspektakulär. Dennoch diente dieser Rebound auf Tagesbasis zum Startschuss für eine 9-Tage Rallye. Um 270 US-Dollar lässt sich im IHF-Chart jetzt eine Widerstandszone verorten, die der IHF-ETF in Kürze überwinden müsste, damit die Bodenbildung auch im Chartbild abgeschlossen werden kann. Noch liegt keine w-Formation vor. Daher wäre nun ein Rücksetzer bis maximal 260 US-Dollar (aktueller Kurs im IEF-ETF: 267,91 US-Dollar) ein konstruktiv zu wertender Pullback, um die Bodenbildungsformation auf eine noch stabilere Grundlage zu stellen.

Die beiden im IHF-ETF am höchsten gewichteten Aktien sind UnitedHealth Group (UNH; Gewichtung: 20,95 %) und CVS Health Corporation (CVS; Gewichtung 12,99 %). 

Die United Health Group (UNH) ist der größte Krankenversicherer in den USA und ein prinzipieller Buy and Hold Kandidat. Mehrere Monate andauernde Korrekturen, wie wir so eine aktuell im Chart der United Health Group sehen, waren in der Vergangenheit immer gute Gelegenheiten gewesen, um ein paar Stücke nachzukaufen. Am vergangen Freitag konnte die Aktie gegen den Haupttrend um 2,42 % steigen und Verluste, die über die drei Tage davor angefallen waren, wettmachen. Nun notiert die Aktie bei 499,08 US-Dollar. Ein Überwinden der 500 US-Dollar-Marke könnte der Aktie neuen Schwung verleihen.

Die CVS Health Corporation (CVS) hat seit Mitte Dezember scharf korrigiert. Positive Dynamik kam erst mit den Quartalsergebnissen im Chart der Aktie auf, die am 8. Februar vorbörslich gemeldet und vom Markt positiv aufgenommen worden sind. Daher könnten mittelfristig orientierte Anleger, die darauf spekulieren wollen, dass diese Branche am 7. Februar ein Tief gesehen hat, das so schnell nicht mehr unterschritten wird, in der CVS Health Care Aktie einen durchaus interessanten Branchenvertreter finden.

Beim Branchen-Leader Check für den Bereich Gesundheitsdienstleister gehört CVS Health Care gemäß meinem Scan aber nicht zu den aktuellen Favoriten.

Ziemlich weit oben im Branchen-Leader-Scan für die Branche Gesundheitsdienstleister findet sich die Addus HomeCare Corporation (ADUS). Mit einer Marktkapitalisierung von 1,70 Mrd. US-Dollar ist Addus HomeCare als Small-Cap einzuordnen.

Die Addus HomeCare Corporation bietet persönliche Betreuungsdienste für Personen in den USA an, die zum Beispiel in ein Krankenhaus oder ein Hospiz eingeliefert werden. Die Dienste von Addus HomeCare beinhalten keine medizinischen Leistungen, sondern finden vornehmlich bei der Körperpflege (Baden, Füttern, Ankleiden) sowie bei der Essensplanung und -zubereitung, Haushaltsführung, Transporthilfe u. s. w. Anwendung.

Die Addus HomeCare Corporation wird am 27. Februar nachbörslich neue Quartalszahlen vorlegen. Bis 2025 werden Umsatzanstiege zwischen 4 und 10 % jährlich angestrebt. Dabei soll der Gewinn von 2022 bis 2025 laut den Schätzungen um ca. 40 % wachsen. Das praktisch schuldenfreie Unternehmen kann also mit einer soliden Gewinnmarge punkten.

Das Chartbild zeigt eine interessante Tasse-mit-Henkel-Formation, die vor etwa einem Jahr bei 129 US-Dollar ihren Anfang nahm. Sollte mit guten Quartalszahlen im Rücken die Widerstandszone zwischen 110 und 112 USD überwunden werden (aktueller Kurs: 107,32), dann könnte die Aktie schnell die Oberkante der Tasse um 130 US-Dollar anlaufen und Anleger könnten mittelfristig neue Allzeithochs anpeilen.

In zwei Risk-On Branchen nun auf “Sell-Off” spekulieren ?

Die ETFs für die beiden Risk-On Branchen Cannabis (MJ) und Solar (TAN) werden für heute mit dem Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren” als prinzipielle Short-Kandidaten eingestuft. Zumindest für den Bereich Solar (TAN) hätte ich das nicht erwartet. Laut der International Renewable Energy Agency soll die Solar-Kapazität bis 2027 die Kohle überholen und den größten Anteil an der weltweiten Stromkapazität ausmachen. Bis zum Jahr 2050 dürfte die Solarenergie mehr als ein Drittel der weltweiten Energieversorgung liefern. Die Branchenführer Enphase (ENPH) und Solaredge (SEDG) berichteten zuletzt von vollen Auftragsbüchern und deutlichen Margenverbesserungen für die nächsten Jahre. Das erwartete Gewinnwachstum für die nächsten drei Jahre bei Solaredge liegt bei etwa 800 % ! Wurde 2022 noch ein Gewinn pro Aktie von 1,65 erzielt, so soll dieser Gewinn pro Aktie im Jahr 2025 bei 13,36 liegen. Enphase käme laut aktuellen Forward-Berechnungen für den gleichen Zeitraum auf einen Gewinnanstieg pro Aktie von immerhin 300 %. Bei beiden Aktien läge das auf diesen Prognosen beruhende KGV2025e bei ca. 24. 

Im Dezember 2022 war Enphase noch deutlich höher bewertet gewesen als Solaredge – ich hatte im Marktradar am 5. Dezember auch auf die Überbewertung von Enphase gegenüber Solaredge hingewiesen. Diese Schieflage ist nun durch die scharfe Korrektur bei Enphase, die wir so nicht in der Aktie von Solaredge gesehen haben, behoben. Inzwischen weisen beide Aktien ein in etwa gleiches Bewertungsniveau auf.

Die Aktie von Solaredge sieht trotz der hohen Volatilität, die wir in den letzten Handelstagen sahen, nicht wie ein Sell-Off-Kandidat aus: Nach starken Quartalszahlen stieg die Aktie am vergangenen Mittwoch um 9 % auf ein 6-Monats-Hoch, nur um danach bis zum Freitagsschluss um 11 % zu fallen. Durch den Anstieg am Mittwoch verorten wir im Chart von Solaredge ein höheres Hoch. 

Die Aktie von Emphase war hingegen von Weihnachten bis jetzt im Sell-Off Modus, fiel von 300 auf 200 USD zurück. Trotz wirklich imposant starker Quartalsergebnisse, die Enphase am 7. Februar veröffentlicht hatte, wurde die Aktie danach weiter nach unten durchgereicht.

Nun, wo beide Aktien ein etwa gleiches Bewertungsniveau erreicht haben, sollte eigentlich langsam mehr Ruhe einkehren. Aktuell sehen wir noch das Gegenteil davon. 

Internet, Software, Cybersecurities

Entry Stempel auf der Long Seite vergeben wir zum Wochenbeginn für drei Branchen aus dem Risk-On Bereich Technologie (Internet, Software, Cybersecurities), außerdem für den Bereich Hausbau und für Öl- und Gasdienstleister. Letztere entwickeln sich aktuell deutlich besser als Ölproduzenten, so dass Anleger, die noch Potenzial bei Aktien aus dem Bereich fossile Energieträger sehen, aktuell die Dienstleister vorziehen sollten.

Cybersecurity-Aktien im Check

Fortinet (FTNT; Marktkapitalisierung: 48 Mrd. US-Dollar) gehört spätestens nach den guten Quartalsergebnissen, die am 7. Februar nachbörslich gemeldet wurden und die zu einem Kursgewinn von über 10 % am Earning Day geführt haben, wieder zu den Top Picks im Cybersecurity-Bereich. Wie auch der CIBR-ETF sahen wir in dieser Aktie, die im ETF mit einer Gewichtung von etwa 6,5 % die am höchsten gewichtete Aktie darstellt, zuletzt ein höheres Hoch, womit sich die Aktie allein deshalb von anderen Vertretern aus der Branche positiv abhebt.

Ein Favorit für eine langfristige Turnaround Spekulation aus dem Bereich Cybersecurity ist für mich weiterhin Tenable (TENB). Das Unternehmen habe ich bereits im Marktradar vom 17. Januar kurz vorgestellt.

Tenable bietet für seine Kunden eine auf der Cloud basierende Anwendungsplattform, die bereits während des Aufbaus einer Cloud-Infrastruktur in Betrieb gehen kann: Neben einem Schutz vor Angriffsflächen kann die Software Fehlkonfigurationen und Schwachstellen in der Cloud-Infrastruktur erkennen und beheben.

Tenable hat am 7. Februar nachbörslich Quartalszahlen vorgelegt, die insgesamt  enttäuschend waren – dennoch wurde die Aktie am Earning Day gekauft. Nach diesem kleinen Kaufrausch unmittelbar nach den Quartalszahlen bildet sich im Chart von Tenable eine bullische Flagge aus. Am 14. Februar verorten wir für die Aktie ein tieferes Hoch, womit sich zeigt, dass die Aktie nach den enttäuschenden Quartalszahlen mit dem Branchen ETF (CIBR) nicht mehr mithalten kann.

Dennoch sehe ich Tenable weiterhin als eine interessante Turnaround-Spekulation an. Für 2023 wird erstmals in der Unternehmensgeschichte ein Jahresgewinn angepeilt. Sollte es so kommen, dann dürfte die Aktie zum Jahresende deutlich höher als jetzt notieren. Temporär könnte die Aktie gegenüber anderen Vertretern aus dieser Branche etwas Schwäche zeigen, die für Investoren genutzt werden könnte, um nach und nach ein paar Stücke einzusammeln.

Ein bisschen weniger risikoreich für den Augenblick wäre vielleicht GoDaddy (GDDY). Das Unternehmen ist ein führender Anbieter für die Domain-Vergabe von Websites. Es hat auch Sicherheitslösungen entwickelt, um die Online-Präsenz der Kunden zu schützen, wobei der Cybersecurity Bereich sicherlich nur als Nebenprodukt betrachtet werden sollte. Das Unternehmen arbeitet inzwischen wieder profitabel, nachdem 2020 erstmals seit dem erfolgreichen Turnaround im Jahre 2015 ein Jahresverlust dokumentiert werden musste. Bis 2025 soll das KGV von aktuell 57 auf 12 fallen. Vor allem von 2024 auf 2025 wird ein starker Gewinnsprung erwartet, der, falls er tatsächlich so kommt, aktuell nicht in die Bewertung einfließt, so dass die GoDaddy-Aktie – gemessen am zukünftigen Wachstum – unterbewertet aussieht.

Die am 14. Februar nachbörslich vorgelegten Quartalszahlen von GoDaddy lagen im Rahmen der Schätzungen. Die Aktie hatte daraufhin drei Verlusttage in Folge und sollte jetzt, spätestens aber zwischen 73 und 75 USD, wo sich eine horizontale Unterstützungszone im Chart findet, ein Ende in der Korrekturbewegung finden (Tagesschluss am Freitag: 77,81 US-Dollar).

Antizyklische Chance für Indien und Pakistan ?

Bei den Regionen ex-USA und Europa zeigten Indien (INDA) und Pakistan (PAK) in der vergangenen Handelswoche erste Erholungstendenzen. Beide Regionen-ETFs erhalten für Dienstag zwar noch den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren”. Aber für den 14. Februar verorten wir in beiden ETFs erstmals seit längerer Zeit ein höheres Tief. Gemäß Trendfrüherkennung wäre also jetzt ein möglicher Zeitpunkt, um antizyklisch mit einer kleinen Position auf einen Trendwechsel zu spekulieren.

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