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Marktradar vom 30. Januar 2023

Marktradar vom Montag, 30. Januar 2023 von Stefan Pröhl

Marktradar für Montag, 30. Januar 2023

Risk-On führt zu FOMO – aber die Angst vor der Rezession kommt wieder

Sowohl Aktien als auch Staatsanleihen wurden am Freitag in der letzten Handelsstunde verkauft. Börsianer nahmen vor dem Wochenende Gewinne mit.

Die Volatilität kündigt eine Verschnaufpause an

Trotz aller Risk-On Bereitschaft könnte eine kurze Verschnaufpause den Indizes jetzt gut tun. Seit Dienstag ist mit dem S&P 500 auch der CBOE VIX of VIX (VVIX) gestiegen. Der VVIX hat sich zuletzt auch gegenläufig zum VIX (CBOE Volatilty Index) entwickelt. Der VVIX misst die Volatilität der Volatilität. Ein Steigen des VVIX bei gleichzeitigem Fallen des VIX ist meistens ein Vorbote für höhere Volatilität. Ein paralleles Ansteigen des VVIX mit dem S&P 500 deutet in der Regel kurzfristig auf eine bevorstehende Konsolidierung im Aktienmarkt hin. Fallende Kurse sollten dann aber für Einstiege oder Nachkäufe genutzt werden. Oder etwa nicht ?

Droht nun ein Dämpfer durch Rezession ?

Wir lesen häufig, dass die gute Stimmung an den Aktienmärkten nicht mit den Rezessionsängsten der Bevölkerung zusammenpasst. Diese Sorgen werden übrigens von den meisten CEOs der US-Unternehmen geteilt.

Die Federal Reserve Bank of Atlanta hat für das vierte Quartal 2022 einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in den USA von 3,5 % gemessen. Diese Messung im sogenannten GDP-Now Indikator ist nun abgeschlossen und liegt 0,6 Prozentpunkte über der offiziellen Messung des US Bureau of Economic Analysis, die in der Regel maßgeblich für Ökonomen und Politiker ist. Damit gilt für wichtige Entscheidungsträger nun 2,9 % Bruttoinlandswachstum als offizieller BIP-Anstieg für das vierte Quartal 2022.

Wie passen da die Rezessionsängste hinein, wenn die US-Wirtschaft im vierten Quartal 2023 so “gebrummt” hat ?

Am Freitag hat die Federal Reserve Bank of Atlanta nun die erste Prognose für das erste Quartal 2023 bekannt gegeben, deren Schlusserhebung um den 28. April 2023 erwartet wird. Als erste Prognose für das erste Quartal 2023 im GDP-Now Indikator wurde nun ein Bruttoinlandswachstum von 0,7 % genannt. Es wird also eine deutliche Abkühlung der Wirtschaft für Beginn 2023 erwartet. Damit werden auch von der Datenseite her die Rezessionsängste zumindest ernst genommen und nicht mehr ignoriert. Damit dürften viele Ökonomen und auch die Börsianer eine Rezession in den USA für das erste Halbjahr 2023 zumindest nicht mehr als so unwahrscheinlich erachten wie noch wenige Wochen zuvor. Das könnte natürlich der Risk-On Bereitschaft an den Börsen einen kräftigen Dämpfer verpassen. Warum das ?

Droht für die Risk-On Akteure nun ein kräftiger Dämpfer ?

Für die Vergangenheit lässt sich nämlich beobachten, dass sich Tiefpunkte an den Aktienmärkten meist in der zweiten Hälfte einer Rezessionsphase verorten lassen.

Ein paar Beispiele aus der Vergangenheit:

Während der Rezession, die offiziell im Januar 1980 begann und im Juli 1980 endete, sah der US-Aktienmarkt etwa zu Frühlingsbeginn im März 1980 sein Tief.

Während der Rezession, die offiziell im Juli 1981 begann und im November 1982 endete, sah der US-Aktienmarkt etwa Anfang Oktober 1982 sein Tief.

Während der Rezession, die offiziell im März 2001 begann und im November 2001 endete, sah der US-Aktienmarkt ebenfalls etwa Anfang Oktober 2001 sein Tief.

Während der Rezession, die offiziell im Dezember 2007 begann und im Juni 2009 endete, sah der US-Aktienmarkt wiederum zu Frühlingsbeginn im März 2009 sein Tief.

Grundsätzlich scheinen März und Anfang Oktober die Zeitpunkte für Tiefs im Aktienmarkt zu sein.

Ein Tief Anfang Oktober sahen wir bereits 2022.

Sollte sich eine Rezessionsphase in den USA über länger als zwei Monate tatsächlich bewahrheiten, dann sollten die Tiefs von Anfang Oktober in den großen US-Aktienindizes in diesem Jahr noch unterschritten werden.

Also bleibt es irgendwie so wie vorher: Rezessionsänste passen mit der aktuellen Risk-On Bereitschaft an der Börse absolut nicht zusammen. 

Im Zweifel gebe ich dem Markt und nicht den ökonomischen Daten recht, denn ein besserer Seismograph als die Intermarketanalyse für die zukünftige Kursentwicklung –  und damit parallel der Unternehmensentwicklung – muss erst noch gefunden werden.

Solange der Marktradar Risk-On Bereitschaft misst, gehe ich davon aus, dass eine Rezession in den USA umgangen werden kann. Trotz der Warnung durch die jüngste GDP-Now Erhebung. Der GDP-Now-Indikator sollte aber auf jeden Fall im Blick behalten werden. Er wird daher im Marktradar weiterhin mit der Entwicklung in den Aktienmärkten abgeglichen.

Was sehen wir unter dem Radar der US-Aktienindizes ?

Laden Gold und Windkraft nun zum Nachkauf ein ?

Für heute gibt es Entry-Stempel für Gold- und Silberminen sowie für Aktien aus der Windkraftbranche. 

Nach wenigen Tagen Korrektur in den entsprechenden ETFs könnte sich ein Einstieg in Aktien lohnen, die ein ähnliches Muster wie in den ETFs zeigen oder zuletzt mehr relative Stärke als diese ETFs gezeigt haben.

Gold

Nach zwei Handelstagen, die im Verlust endeten, könnten Trendfolger in der von mir favorisierten Aktie aus dem Bereich Goldminen, Agnico-Eagle Mining (AEM), nun auf eine Trendfortsetzung spekulieren. Die Aktie ist noch trendstärker als der entsprechende ETF für Goldminen (GDX). Außerdem messen wir für die letzten zwei Handelstage ein geringeres Handelsvolumen als in den fünf Handelstagen zuvor. An diesen wurde die Aktie von Agnico-Eagle Mining zur Eröffnung jeweils gekauft und schloss dann auch fünfmal in Folge nahe am Tageshoch. So sieht Akkumulation aus.

Ein ähnliches Bild sehen wir bei Wheaton Precious Metals (WPM). Allerdings gehörte die Aktie am Dienstag zu den Aktien, die vom Flash-Crash kurz nach Handelsbeginn betroffen waren, so dass die Preisfeststellung für diesen Tag nicht dem Handelsverlauf entspricht.

Windkraft

Im Bereich Windkraft findet man in den USA keine Unternehmen, die sich einzig und allein auf den Bau, Betrieb und Vertrieb von Windkraftanlagen kümmern. Man stößt schnell auf Konglomerate, in denen diese Sparte nur eine von vielen Geschäftsfeldern aus der Industrie darstellt. Das wohl bekannteste Unternehmen dieser Art ist vermutlich der Siemens-Konkurrent General Electric (GE).

Nach etwas Research wurde ich aber im Small Cap Bereich fündig. Das in Scottsdale, Arizona, beheimatete Unternehmen TPI Composite (TPIC; Marktkapitalisierung: 560 Millionen US-Dollar) fertigt und vertreibt ultraleichte Verbundwindblätter und zugehörige Präzisionsform- und Montagesysteme. Kunden von TPI Composite sind führende Hersteller von Windkraftanlagen. Die Firma wirtschaftet seit 2019 nicht mehr profitabel. Zuvor konnten über einige Jahre recht überschaubare Gewinne erzielt werden. Im Rückblick also keine Aktie, die man als Investor hätte halten sollen. Analysten schätzen aktuell, dass das Unternehmen erst 2025 wieder in die Gewinnzone kommen wird. Für 2023 wird sogar ein Umsatzrückgang erwartet: 2022 betrug der Jahresumsatz 1,74 Mrd. US-Dollar. Dieser soll in 2023 auf 1,69 Mrd. schrumpfen – also um die 3 %. Für 2025 werden dann aber Umsatzerlöse von 2,33 Mrd. US-Dollar erwartet – ein Umsatzanstieg von 34 % gegenüber 2022. Das aktuelle KUV beträgt 0,3. In relativ guten Geschäftsjahren wurde das Unternehmen mit einem KUV von um die 1 bewertet.

Seit dem 28. Dezember hat die TPI Composite-Aktie bereits knapp 60 % zugelegt. Betrachtet man das günstige Kurs-Umsatz-Verhältnis von 0,3, so ist hier aus Sicht von etwa 3 Jahren durchaus ein Tenbagger im Depot möglich – Voraussetzung ist jedoch, dass das Unternehmen 2025 auch wieder einen Jahresgewinn ausweisen kann – der dann aber auch höher als in der Vergangenheit ausfallen sollte.

Energieversorger wurden vom Risk-On Schub abgehängt

Der ETF für die Energieversorger (XLU) erhält als der einzige von 57 beobachteten Branchen-ETFs aktuell den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren”. Allerdings verorten wir im Chart vom XLU nun ein ziemlich verstecktes höheres Tief für den 25. Januar. Solche versteckten höheren Tiefs bilden häufig den Beginn vom Ende einer Konsolidierung. Sollten die großen Aktienindizes ein paar Tage oder Wochen konsolidieren, könnten die als defensiv geltenden Aktien von Energieversorgern zumindest wieder ein bisschen mehr Interesse bei den Stockpickern finden. 

Trendfolger machen natürlich um Energieversorger weiterhin einen Bogen und suchen ihre Chancen lieber bei Aktien aus den Bereichen Software, Internet oder – trotz der zuletzt schwachen Quartalszahlen von Intel (INTC) oder KLA Corporation (KLAC) – im Bereich Semiconductor bzw. den oben erwähnten Gold- oder Silberminen.

Regionen ex-USA

Vom Risk-On Modus abgekoppelt sind aktuell Indien (INDA) und Pakistan (PGAL). Beide Regionen-ETFs verloren am Freitag kräftig und bildeten neue Tiefs.

Indonesien (EIDO) konnte sich hingegen zuletzt gut entwickeln und erhält für heute erstmals seit längerer Zeit wieder den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”.

Konstruktive relative Stärke sahen wir in Asien zuletzt neben China (FXI) in ETFs für die Regionen Philippinen (EPHE), Singapur (EWS), Südkorea (EWY), Taiwan (EWT) und Thailand (THD).

Europa etabliert sich in diesem Jahr immer mehr zum “Phönix aus der Asche”. Konstruktiv aussehende flache Basen bilden die ETFs für Deutschland (EWG), Frankreich (EWQ), Italien (EWI), Polen (EPO), Österreich (EWO) und Spanien (EWP) aus.

Leichte Schwäche in Form von tieferen Hochs sehen wir in den ETFs für Finnland (EFNL), Belgien (EWK) und der Schweiz (EWL). Ein tieferes Tief nun sogar für den ETF für Dänemark (EDEN), der lange Zeit zum Outperformer für die Region Europa gehört hat. 

Bonds nun mit schwächerer Phase ?

Bei den Bond-ETFs verorten wir nun ein tieferes Hoch. Eine mögliche Konsolidierung sollte nun also bei US-Staatsanleihen einkalkuliert werden.

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