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Marktradar vom 10. Juni 2024

Marktradar vom Montag, 10. Juni

 

 

Achtung Sektorrotation: Healthcare-Aktien vor Comeback ?

 

 

Die Zinswende im Euro Raum ist nun eingeläutet worden

 

Nach den Notenbanken der Schweiz und Schweden, haben am Mittwoch die Bank of Canada (BoC) und am Donnerstag die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen für ihren Währungsraum gesenkt. Damit sollte die Zinswende in diesen Währungsräumen als eingeläutet betrachtet werden. Viele Marktbeobachter sehen das seltsamerweise aber nicht so und raunen weiterhin von möglichen Zinserhöhungen, die auf den Schweizer Franken, die Schwedische Krone, den Kanadischen Dollar und den Euro in den nächsten Monaten zukommen könnten. 

Dass die US-Notenbank (FED) für den US-Dollar-Raum am kommenden Mittwoch, wenn wieder eine Zinsentscheidung ansteht, ebenfalls den Leitzins senken wird, gilt als unwahrscheinlich. 97,8 % der Marktteilnehmer erwarten gemäß CME FED Watch Tool, dass die US-Leitzinsen unverändert bleiben und die FED frühestens in der Sitzung vom 18. September eine Leitzinssenkung für den US-Dollar-Währungsraum verkünden wird.

Die am Freitag veröffentlichten Arbeitsmarktdaten dürften die Aussichten auf eine baldige Zinssenkung in den USA nicht befördert haben – im Gegenteil: Die US-Wirtschaft schuf im Mai 272.000 neue Arbeitsplätze und übertraf damit die Erwartungen von 188.000 neuen Stellen. Trotzdem stieg die Arbeitslosenquote leicht auf 4,0 %. Der durchschnittliche Stundenlohn stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,4 % und im Jahresvergleich um 4,1 % an. 

Die meisten Arbeitsplätze im Mai wurden in folgenden vier Bereichen geschaffen:  Gesundheitswesen, Regierung, Freizeit- und Gastgewerbe, Dienstleistungen. Wohlgemerkt: Nicht im verarbeitenden Gewerbe, das in der Regel am stärksten das Bruttoinlandsprodukt anzukurbeln vermag. 

 

Trotzdem ist die Prognose des GDP-Now-Indikators für das US-Bruttoinlandsprodukt für das zweite Quartal am Freitag auf 3,1 % hoch gesetzt worden, nachdem diese Prognose zwischenzeitlich unter 2 % gefallen war. Die endgültige Prognose für das zweite Quartal wird um den 24. Juli herum bekannt gegeben werden.



Nun US-Dollar Long und Euro Short gehen ? 

 

Die insgesamt robuste Lage am US-Arbeitsmarkt ließ den US-Dollar gegenüber dem Euro deutlich aufwerten. Im Chart des EUR/USD konnte der Widerstand von 1,09 zum dritten Mal in Folge nicht überwunden werden. Gemäß dem für Charttechniker oft zu beobachtendem Phänomen, dass ein dreimaliges Scheitern an einer Widerstandszone den Widerstand nun temporär für “Nicht Überwindbar” erklärt, sollten Forex-Trader nun davon ausgehen, dass der EUR/USD-Chart im Gegenzug in Richtung 1,07 fallen wird. Eine Spekulation Short Euro und Long US-Dollar böte sich aus Sicht des Marktradars für die nächsten Tage beziehungsweise Wochen an.



Goldpreis bald wieder bei 2.000 US-Dollar ?

 

Mit dem Euro brach am Freitag nach Veröffentlichung der Arbeitsmarktdaten auch der Goldpreis ein, der am Freitag um satte 3,5 % nachgab – sollte der Euro in den kommenden Tagen und Wochen weiter gegenüber dem US-Dollar schwächeln, könnten wir im Goldpreis durchaus einen schnellen Rückgang in Richtung 2.000 US-Dollar sehen. Trader sollten ihre Gewinne in Gold oder Goldminenaktien jetzt engmaschig absichern.




Deutsche Immobilienaktien – Wie ist der Kurssturz am Donnerstag und Freitag zu bewerten ?

 

Seltsames sahen wir bei Aktien aus dem Bereich Wohnimmobilien am deutschen Aktienmarkt, nachdem die EZB die Zinsen am Donnerstag erstmals seit 2019 gesenkt hat und am Freitag die Daten zum US-Arbeitsmarkt so überraschend robust ausfielen.

 

Immobilienwerte reagieren für gewöhnlich besonders sensibel auf geldpolitische Entscheidungen. Hohe Zinsen erschweren den Immobilienkonzernen das Geschäft auf zweierlei Weise: Zum einen verteuern höhere Zinsen die Refinanzierung am Kapitalmarkt, wo sich die Unternehmen mit frischem Geld versorgen. Zudem werden Verkäufe aus den Beständen tendenziell erschwert. 

 

Eigentlich müsste eine Zinswende für den Euro von Aktionären deutscher Immobilienaktien gefeiert werden. Nehmen wir als Beispiel die Aktie des DAX-Konzerns Vonovia (WKN: A1ML7J; Marktkapitalisierung: 21 Mrd. Euro): Die Vonovia-Aktie ist seit Ende März 2023 um 100 % gestiegen – offensichtlich in Erwartung sinkender Leitzinsen – irgendwann !

 

Mit der Verkündung der Zinswende im Euroraum am Donnerstag wurden Gewinne bei deutschen Immobilienaktien realisiert (Sell on Good News) und mit Verkündung des robusten US-Arbeitsmarktberichtes verstärkten sich offensichtlich noch die Gewinnmitnahme-Absichten (Sell on Bad News). Die Vonovia-Aktie brach in zwei Tagen um 9 % ein. Befördert wurde dieser Kursrutsch womöglich durch einen negativen Analystenkommentar von Morgan Stanley zum deutschen Immobilienmarkt.

 

Nach der ersten Zinssenkung der EZB gebe es zunächst kaum Chancen auf einen weiteren Kurstreiber, schrieb Morgan-Stanley-Analyst Bart Gysens. Er verwies darauf, dass es nach dem bisherigen rasanten Anstieg der Aktienkurse bei Vonovia, LEG Immobilien oder TAG Immobilien eine Überlegung sei, Gewinne mitzunehmen. Das Verhältnis von Chancen und Risiken sei anderswo im Sektor besser als bei deutschen Wohnimmobilien-Aktien. Er erwähnte dabei Großbritannien. Die Bank of England hatte auf ihrer Sitzung am 8. Mai die Leitzinsen für das Britische Pfund unverändert gelassen. Womöglich sieht der Analyst in britischen Immobilienaktien noch mehr Grund zur Vorfreude auf die Zinswende als bei deutschen Immobilienaktien.

 

Die Marktanalysten reagierten auf die erste Zinssenkung der EZB seit 2019 recht unterschiedlich. Wir wollen hier den Kommentar von Eckhard Schulte, Vorstandsvorsitzender bei Mainsky Asset Management, hervorheben, der sich von den anderen Analysten dahingehend unterscheidet, dass nicht übergangen wird, dass fast jede erste Zinssenkung, die zugleich die erste nach mehreren Jahren ist, in den meisten Fällen auch eine Zinswende eingeläutet hat, egal was für gegenläufige Kommentare von Seiten der Notenbank nach der ersten Zinssenkung in den Mund genommen werden:

“Dass die Europäische Zentralbank die Leitzinsen um 25 Basispunkte senken würde, darauf hatte sie den Markt in den vergangenen Wochen entsprechend vorbereitet und heute nun Fakten geschaffen. In der anschließenden Pressekonferenz hat Christine Lagarde allerdings auf die Kommunikation eines klar definierten Kurses verzichtet und somit auch keine Hinweise auf eine nächste Zinssenkung gegeben. Die Notenbank ist sich unsicher, wie restriktiv ihre Geldpolitik wirklich ist und ob der neutrale Zins möglicherweise deutlich höher als vor der Corona-Pandemie liegen könnte. Die Diskussion um den neutralen Gleichgewichtszins hat damit nun auch die EZB voll erfasst. Der überraschende Anstieg der Kerninflationsrate im Mai auf 2,9 Prozent dürfte diese Verunsicherung nicht nur weiter geschürt haben, sondern auch für die Anhebung der EZB-Inflationsprognose für 2024 und 2025 mitverantwortlich gewesen sein. Aus unserer Sicht bleibt es allerdings dabei, dass die Argumente für einen deutlich höheren neutralen Zins in Europa wenig überzeugend sind. Im Gegensatz zu den USA sprechen hier weder die Demographie noch ein stärkeres Produktivitätswachstum für diese These. Auch die Investitionsoffensive zum klimaneutralen Umbau der Wirtschaft der EZB kann als Argument dafür nur wenig herhalten, da den potenziell höheren staatlichen Investitionen ein weiterer Rückgang privater Investitionen und damit eine sich fortsetzende Zersetzung des Produktionspotenzial entgegenstehen. Somit besteht in dem heute gestarteten Zyklus ein hohes Potenzial für weitere Zinssenkungen, während die Markterwartungen in diesem Punkt zu vorsichtig sind. In einem Jahr sollten die Leitzinsen in der Eurozone mindestens 100 Basispunkte tiefer liegen als heute.” So weit die Einschätzung des Analysten Eckhard Schulte von Mainsky Asset Management.

Wir als Leser dieses Kommentars sind natürlich besonders hellhörig geworden, als wir die Worte “heute gestarteten Zyklus” an unseren Augen vorbeirauschen sahen – denn genau das ist das, was viele Kommentatoren zur EZB-Zinssenkung gar nicht auf der EZB-Rechnung im Kleingedruckten gelesen haben.

Auch wir gehen nun davon aus, dass am Donnerstag für den Euroraum die Zinswende eingeläutet worden ist. Daher sehen wir bei deutschen Immobilienaktien durchaus Potential für weitere Kurssteigerungen. Saisonal durchlaufen die Aktien von Vonovia, und übrigens auch der MDAX-Konzern LEG Immobilien, von Ende Juni bis Mitte August ihre stärkste Phase im Jahr. Womöglich auch wieder 2024 ?



Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

 

Aktuell erhalten 17 von 60 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von 28,3 % (in der Vorwoche lag diese Quote bei 48,3 %).

Obwohl der ETF des S&P 500 (SPY) in der vergangenen Handelswoche um 1,25 % gestiegen ist, sehen wir in der Marktbreite einen Rückgang bei den tendenziell trendfolgend handelbaren Sektor-, Branchen- und Themen ETFs. Diese Divergenz bildet sich auch in der S&P 500 Variante wieder, in der alle Aktien gleichgewichtet gehalten werden. Der entsprechende ETF (RSP) ist in der vergangenen Handelswoche nicht wie der nach Marktkapitalisierung gewichtete S&P 500 (SPY) gestiegen, sondern um 0,73 % gefallen. Auch der ETF für den Russell 2000 (IWM) gab in der vergangenen Handelswoche nach, und zwar um klägliche 2,2 %.

Dazu passt, dass wir in den von uns beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs in den Tagescharts vorwiegend tiefere Tiefs und tiefere Hochs sichten, was darauf hindeutet, dass die laufende Korrektur in der Marktbreite noch etwas andauern könnte.

Von den 17 Sektor-, Branchen- und Themen ETFs, die den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” erhalten, werden nur noch 6 ETFs vom Marktradar für diesen Montag als trendfolgend kaufbar eingestuft. In der Vorwoche erhielten 14 ETFs dieses Gütesiegel.

Das Gütesiegel “Trendfolgend kaufbar” erhalten folgende 6 ETFs: Aus dem Bereich Erneuerbare Energien inklusive Wind und Solar drei ETFs: (CLEAN, FAN, TAN), aus dem Megatrend KI die Bereiche Semiconductor (SMH) und Digitale Kommunikation (XLC) sowie als Sonderfall noch der Bereich Gaming & Sport (ESPO).



Smart-Grid Profiteure leiden nun unter der Sektorrotation

 

Der von uns ausgerufene Megatrend “Smart Grid” fiel zu Monatsbeginn der Sektorrotation unter Fondsmanagern zum Opfer. Diese realisierten Gewinne im Bereich Versorger und besonders bei von Momentum getriebenen Aktien aus dem Bereich der “Smart-Grid”-Dienstleister.



Healthcare-Aktien sind nun die neuen Favoriten nach der Sektorrotation



Und was haben Fondsmanager in der ersten Juniwoche stattdessen gekauft ? Die Frage kann eindeutig beantwortet werden: Der Bereich Pharma, Healthcare und Biotech wird wieder en vogue bei Portfoliomanagern und dürfte in den kommenden Wochen den Gesamtmarkt outperformen.

Wir raten daher dazu, Aktien aus dem Bereich Gesundheit zu kaufen und wollen heute vier Aktien vorstellen, die dem weiten Feld der Diagnostik, Patientenverwaltung und teils auch Medikamentenentwicklung zuzuordnen sind. Zwei der vorgestellten Aktien sind zudem in der Tiermedizin aktiv. Wir sehen in allen vier Healthcare-Aktien nun Aufholpotenzial, nachdem dieser Sektor in den letzten drei Monaten von Fondsmanagern recht stiefmütterlich behandelt wurde. Alle vier Aktien, die wir nun vorstellen, haben seit März recht deutlich an Wert verloren, dürften aber nun über Sektorrotation wieder in den Fokus institutioneller Investoren geraten. Außerdem erhalten alle vier Aktien bis Ende Juli Rückenwind durch die Saisonalität. In der Zeit von Mitte Juni bis Ende Juli haben sich diese vier Aktien in der Vergangenheit meist prächtig entwickelt.



Abbott Laboratories

 

Abbott Laboratories (ABT; Marktkapitalisierung: 187 Mrd. US-Dollar) beschäftigt sich mit der Entdeckung, Entwicklung, Herstellung und dem Verkauf von Gesundheitsprodukten. Das Unternehmen ist in den folgenden vier Geschäftsbereichen tätig: Pharmazeutika, Diagnostika, Ernährung, Medizintechnik. Der Geschäftsbereich Etablierte Pharmaprodukte bezieht sich auf den internationalen Verkauf einer Reihe von Generika. Der Geschäftsbereich Diagnostikprodukte vermarktet Diagnosesysteme und Tests für Blutbanken, Krankenhäuser, kommerzielle Labore und alternative Testzentren. Der Geschäftsbereich Ernährungsprodukte befasst sich mit dem weltweiten Verkauf von Ernährungsprodukten für Erwachsene und Kinder, um die Nährstoffzufuhr optimal zu gestalten. Der Geschäftsbereich Medizinprodukte umfasst Elektrophysiologie-, Herzinsuffizienz-, Gefäß- und Strukturherzgeräte zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und medizinische Geräte zur Behandlung von chronischen Schmerzen und Bewegungsstörungen. Außerdem verkauft Abbott Geräte, mit denen Diabetiker Selbsttests durchführen und ihre Krankheit effektiv und leicht bedienbar managen können. Das Unternehmen wurde 1888 von Wallace Calvin Abbott gegründet und hat seinen Hauptsitz in Abbott Park, Illinois.

Das größte Geschäft ist das Segment mit der Medizintechnik, dieses steuert ungefähr 45 % zum Gesamtumsatz bei. Auf die Bereiche Diagnostik und Ernährung fallen jeweils etwa 20 %, auf den Bereich Generika etwa 15 % des Gesamtumsatzes.

Dass die Aktie seit Juni von institutionellen Investoren aufgestockt wird, lässt sich deutlich am Chart erkennen – insbesondere am Donnerstag und Freitag lag das Handelsvolumen deutlich über dem Durchschnitt, obwohl es keine News zum Unternehmen gab.

Die Aktie von Abbott Laboratories erhöht seit über 50 Jahren laufend die Dividende und gehört damit zum auserwählten Kreis der Dividenden-Aristokraten.  Dabei fällt die laufende Dividenden-Rendite von etwas über 2 % nicht unbedingt üppig aus.

Bis 2021 war das Unternehmen ein Dauerläufer an der Börse und erreichte im Dezember 2021 das Allzeithoch bei 136 US-Dollar. Seitdem konnte die Aktie dieses nicht mehr überschreiten, bewegt sich seit 2022 in einer Konsolidierung, innerhalb der nun im Chart ein Aufwärtsimpuls verortet werden kann.

Als Grund für die relativ schwache Kursentwicklung seit Ende 2021 kann die Corona-Pandemie herangeführt werden. Seit 2022 werden weniger Covid-Tests nachgefragt, was für Abbott Laboratories bis 2021 eine Goldgrube war.

Noch Anfang März dieses Jahres notierte die Abbott-Aktie bei 120 US-Dollar, wurde dann drei Monate lang nach unten durchgereicht – fiel fast bis auf 100 US-Dollar. Mit dem Anstieg vom Freitag ist der Abwärtstrendkanal nach oben verlassen worden – Schlusskurs am Freitag: 107,58 US-Dollar. 

Saisonal hat die Aktie in der Vergangenheit ihre stärkste Phase des Jahres von Mitte Juni bis Ende Juli gehabt. Das saisonale Muster passt nun gut zum Abbott-Chart für 2024. Womöglich sehen wir Ende Juli wieder Kurse bei 120 US-Dollar in der Aktie.



IQVIA Holdings

 

IQVIA Holdings (IQV; Marktkapitalisierung: 40 Mrd. US-Dollar) konzentriert sich auf die Verwendung von Daten und wissenschaftlichen Erkenntnissen aus dem Gesundheitswesen. Ziel ist, die optimale Lösung für Patienten zu finden. Die Firma ist durch den Zusammenschluss von IMS Health und Quintiles entstanden. 2016 stimmten beide Konzerne einer Fusion unter Gleichen zu, womit die IQVIA Holdings entstand.

Quintiles ist ein Spezialist für Medikamententests. Wenn Pharmafirmen einen neuen Stoff in die Apotheken bringen wollen, müssen sie die Wirksamkeit in umfangreichen Tests nachweisen. 

IMS Health hat sich auf die Auswertung von Daten spezialisiert. Es sammelt Daten von Patienten und ihren Krankheiten. Mit Künstlicher Intelligenz lässt sich das optimieren, wobei IQVIA nicht müde wird, darauf hinzuweisen, dass Gesundheitsdaten von Patienten einen besonders sensiblen und sicherheitsorientierten Umgang im Bereich generativer KI notwendig machen. IQVIA verfügt über mehrjährige KI-Expertise und sitzt auf einem Datenschatz: das Unternehmen wickelt über die konzerneigene IT etwa über 1,2 Milliarden Daten von Patienten ab, wobei diese etwa 85 % aller globalen Pharmaumsätze umfassen, wodurch ein enormer Wissensvorsprung für die IT-Mitarbeiter von IQVIA entsteht. Tausende Krankenhäuser kooperieren mit dem Unternehmen. Mehr als 50.000 Apotheken und viele Pharmagroßhändler sind angebunden. Außerdem kennt IMS Ärzte, die die Behandlung übernehmen.

Durch die Größe von IQVIAs Datenbank haben Pharmafirmen wenig Wahlmöglichkeiten bei der Auswahl von Dienstleistern. IQVIA kann höhere Preise bei seinen Kunden durchsetzen. Aktionäre sollten in der Zukunft eigentlich deutlich von steigenden Gewinnen und hohen Gewinnmargen profitieren können.

Charttechnisch ähnelt der Verlauf grob dem Chart der Abbott-Aktie, es gibt aber Unterschiede im Detail.

Wie bei der Abbott-Aktie verorten wir das Allzeithoch in der IQVIA-Aktie ebenfalls im Dezember 2021. Seitdem konsolidiert auch die IQVIA Aktie und bewegt sich mehr oder weniger seitwärts in einer Spanne zwischen 170 und 250 US-Dollar (das Allzeithoch liegt bei 285 US-Dollar). Im Unterschied zur Aktie von Abbott Laboratories sahen wir im Chart dieser Healthcare-Aktie noch keinen von hohem Handelsvolumen begleiteten Aufwärtsimpuls, der zu einem Bruch des seit März etablierten Abwärtstrends geführt hätte. Der Abwärtstrend ist also bei der IQVIA-Aktie – im Unterschied zur Abbott-Aktie – noch intakt.

Trader können aber darauf spekulieren, dass die IQVIA-Aktie am 4. Juni im Chart ihr vorläufiges Tief gesehen hat (212,34 US-Dollar) und in Kürze einen ähnlichen Aufwärtsimpuls wie die Abbott-Aktie erfährt – Schlusskurs der IQVIA Aktie am Freitag: 219,23 US-Dollar.

Dafür spricht wiederum die Saisonalität: Saisonal sieht der aus historischen Rückschauen erstellte Fahrplan für die Aktie von IQVIA nämlich ähnlich wie für die Aktie von Abbott aus: Auch IQVIA Holdings erhält saisonal Rückenwind bis Ende Juli.



IDEXX Laboratories

 

IDEXX Laboratories Inc. (IDXX; Marktkapitalisierung: 41 Mrd. US-Dollar) fertigt Diagnose- und IT-Lösungen in den Bereichen Tiergesundheit, Wasser- und Milchqualität. Das Unternehmen unterstützt Tierarztpraxen dabei, ihre medizinische Versorgung weiterzuentwickeln und die Rentabilität der Einrichtungen zu steigern. Das Portfolio besteht aus diagnostischen Vor-Ort-Tests, Point-of-Care-Instrumenten, Referenzlabor-Diensten, digitalem Röntgen und Praxis-Management-Lösungen. Des Weiteren ist IDEXX in der Herstellung von mikrobiologischen Test-Technologien für sauberes Trinkwasser tätig und ist Top-Lieferant von diagnostischen Tests und Gesundheitsüberwachungssystemen für Milch. Die Gesellschaft ist an über 60 Standorten weltweit vertreten und liefert an Kunden in über 175 Ländern. 

In der Tiermedizin hat IDEXX Laboratories maßgeblich dazu beigetragen, dass Haustieren wie Hund und Katze schnell geholfen werden kann: Die kastenartigen Analysegeräte von Idexx Laboratories, die bei Vor-Ort-Tests angewendet werden, funktionieren wie folgt: Ein Proberöhrchen mit Blut wird in den Kasten eingesetzt, es wird ausgewählt, von welchem Tier es stammt und schon beginnen die Algorithmen zahlreiche Blutparameter zu überprüfen. In nur zwei Minuten erhält der Tierarzt dann umfangreiche Testergebnisse auf seinen Screen geladen. Die Effizienz in der Tiermedizin schießt durch die Verwendung dieser Maschinen in die Höhe. Anstatt bei Blutauswertungen ausschließlich aufs Labor angewiesen zu sein, lässt sich auf diese Weise häufig bereits vor Ort beantworten, was den vierbeinigen Patienten fehlt.

Zu dem Angebot des Unternehmens zählen auch zahlreiche Softwarelösungen. Mithilfe cloudbasierter Softwareanwendungen können Untersuchungen nahtlos dokumentiert, Befunde erstellt, Gesundheitsparameter überwacht und Rechnungen formuliert werden. Über 125.000 tierärztliche Experten vertrauen auf dieses sogenannte Cornerstone-Softwarepaket. Die hohe Qualität des Angebots wird durch die hervorragenden Kundenbindungsraten unterstrichen: Zwischen 97 % und 99 % bleiben dem Idexx-Ökosystem nach dem Erstkontakt treu. Das mangelhafte Alternativangebot spielt hierbei sicherlich auch eine Rolle.

Bei der Aktie von Idexx Laboratories verorten wir im Chart das Allzeithoch im Juli 2021. Bis zum Juni 2022 halbierte sich der Aktienkurs, fiel von 700 auf 310 US-Dollar. Seit November 2022 bewegt sich die Aktie seitwärts in einer Spanne zwischen 400 und 580 US-Dollar – Schlusskurs am Freitag: 497,51 US-Dollar. 

Wie bei der IQVIA-Aktie können Trader darauf spekulieren, dass die IDEXX-Aktie am 4. Juni ein vorläufiges Tagestief erreicht hat (483,01 US-Dollar). Ein Aufwärtsimpuls, wie wir ihn bei der bei der Abbott-Aktie am Donnerstag und Freitag gesehen haben, steht bei der IDEXX-Aktie ebenso wie bei der IQVIA-Aktie noch aus. 

Saisonal sehen wir das gleiche Verlaufsbild wie bei den anderen beiden hier besprochenen Aktien: Von Mitte Juni bis Ende Juli hat auch die IDEXX-Aktie in der Vergangenheit oft die stärkste Phase des Jahres durchlaufen. Auch hier lässt sich der saisonale Chart gut in den Chart für 2024 integrieren, so dass die Chancen gut stehen, dass die Aktie Ende Juli bei 540 US-Dollar oder sogar höher stehen wird.



Zoetis Inc.

 

Zoetis Inc. (ZTS; Marktkapitalisierung: 80 Mrd. US-Dollar) hat sich – wie auch Idexx Laboratories – der Tiergesundheit verschrieben. Die Gesellschaft, ehemals eine Sparte von Pfizer, entwickelt, produziert und vermarktet Veterinär-Impfstoffe und -Medikamente für Nutz- und Haustiere. Das Produktangebot umfasst die Bereiche Anti-Infektive, Impfstoffe, Parasitizide, Futterzusatzstoffe und Medizinalfutter sowie andere pharmazeutische Produkte. Neben dem Angebot für Nutz- und Haustiere bietet das Unternehmen auch diagnostische und genetische Dienstleistungen, beispielsweise Immundiagnosen und Gentests oder Services wie Milchdatenmanagement, E-learning und professionelle Beratung. Zoetis bedient eine Vielzahl von Kunden, darunter Tierärzte, Tierkliniken, Landwirtschaftsbetriebe und Zoohandlungen.

Wie auch die anderen drei Aktien korrigiert die Aktie seit Erreichen des Allzeithochs, das wir bei Zoetis ebenfalls im Dezember 2021 verorten können (243,97 US-Dollar). In der vergangenen Handelswoche konnte die Aktie um 4,3 % steigen, allerdings noch nicht bei erhöhten Handelsvolumen. Vom Ende Februar bis Mitte April verlor die Aktie mehr als 25 %, seitdem steigt die Aktie aber kontinuierlich nach oben.

Saisonal hat auch diese Aktie in der Vergangenheit bis Ende Juli eine starke Phase durchlaufen. Das passt wiederum zum aktuellen Chart, zumal auch in der Rückschau der Beginn der starken Phase den anderen drei hier vorgestellten Aktien zeitlich vorgelagert ist und nicht erst Mitte Juni, sondern früher, bereits im März / April beginnt. Das deckt sich in etwa mit dem Tiefpunkt für Zoetis in diesem Jahr, den die Aktie am 22. April bei 145 US-Dollar gesehen hat – Schlusskurs am Freitag: 176,92 US-Dollar. Trader könnten unter dem Tief vom 31. Mai (167,96 US-Dollar) einen Stopp-Loss platzieren. Die Chancen stehen ganz gut, dass die Aktie Ende Juli wieder nahe 200 US-Dollar notiert.



Fazit:

 

Wer auf hohe Gewinnmargen setzen möchte, sollte sich von diesen vier Healthcare-Aktien IQVIA Holdings in das Depot legen. Gegenüber 2023 soll der Umsatz bis 2026 um 17 % zulegen, der Gewinn aber um über 50 %. IQVIA Holdings kann also hohe Gewinnmargen aufweisen, die die Aktie auf dem aktuellen Kursniveau als zu günstig bewertet erscheinen lassen. Die PEG-Ratio (diese wird errechnet, indem man das aktuelle KGV durch das zu erwartende prozentuale Gewinnwachstum teilt) liegt bei gerade einmal 0,5. Damit sehen wir in dem Unternehmen noch viel Aufholpotenzial.

Bei Zoetis soll gegenüber 2023 der Umsatz bis 2026 um etwa 20 % zulegen, der Gewinn soll in diesem Zeitraum um etwa 25 % wachsen können. Die PEG-Ratio liegt bei 1,4.

Bei Idexx Laboratories soll gegenüber 2023 der Umsatz bis 2026 um knapp 30 % zulegen, der Gewinn soll in diesem Zeitraum in etwa gleich hohe Wachstumsraten aufweisen. Die PEG-Ratio liegt bei 1,8.

Bei Abbott Laboratories soll gegenüber 2023 der Umsatz bis 2026 um etwa 20 % zulegen, der Gewinn soll in diesem Zeitraum in etwa gleich hohe Wachstumsraten aufweisen. Die PEG-Ratio liegt bei 1,6.



Trades aus der vergangenen Woche im Musterdepot und weiteres geplante Vorgehen

 

In der vergangenen Handelswoche haben wir zahlreiche Trades durchgeführt, dabei haben wir uns sowohl von Positionen verabschiedet als auch neue Positionen aufgesetzt. Interessierte können die Trades auf wikifolio.com verfolgen, indem sie zum Beispiel im Suchfeld “Marktradar” eingeben.

Nachdem wir am vergangenen Montag gesehen haben, dass auf den starken Schlussspurt bei US-Aktien vom 31. Mai (wir berichteten darüber ausführlich in der Marktradar-Kolumne der Vorwoche) ab 16 Uhr keine Anschlusskäufe erfolgten, sondern im Gegenteil die Bären das Ruder übernahmen, haben wir ein Put-Knock-Out Zertifikat auf den S&P 500 in der Annahme gekauft, dass der S&P 500 bis Mitte Juni nicht mehr über 5.350 Punkte steigen wird und Korrekturpotential bis 5.150 Punkten hat. Am Donnerstag stieg der S&P 500 jedoch über 5.350 Punkte, sodass ein Knock-Out Ereignis im Put-Zertifikat erfolgte. Diese Spekulation kostete uns in der vergangenen Handelswoche etwa 1 % Rendite.

Die höchsten Kursanstiege verzeichneten wir in der vergangenen Handelswoche bei Aktien aus dem Technologie-Sektor. Die Earning-Spekulation auf den IT-Dienstleister für die Versicherungsbranche, Guidewire Software, wurde belohnt: Die Guidewire-Aktie stieg am Earning-Day um 20 %. Außerdem glänzten unsere Depotwerte Pure Storage, Oracle, Uber, Sea, Paypal, Robinhood Markets und Meta Platforms mit Wochengewinnen von jeweils über 5 %.

Verluste aus Wochensicht sahen wir hingegen bei Goldminenaktien und Smart-Grid-Profiteuren.

Wir sind vom Schwerpunkt her weiter in Aktien investiert, die von der KI-Revolution profitieren.

Wir haben alle Airline-Aktien verkauft und sind stattdessen eine Short-Position auf United Airlines eingegangen. Im Automobil-Sektor sind wir aktuell in Mercedes-Benz und Ford Motor Short positioniert. Im Semiconductor-Bereich shorten wir aktuell Texas Instruments und On Semiconductor. Außerdem haben wir eine Short-Position auf den französischen Energieversorger und Tankstellenbetreiber TotalEnergies eröffnet, der vor allem im Öl- und Gasgeschäft, aber auch im Bereich Kohle und Uran aktiv ist.

Neben Sunrun haben wir mit JinkoSolar, Enphase Energy und Atus Power inzwischen vier Aktien im Depot, die dem Bereich Solar zuzuordnen sind. 

Wir planen, unsere Gewichtung bei Goldminenaktien zu reduzieren und dafür den Bereich Healthcare im Depot relativ hoch zu gewichten.

Als Earning Trades halten wir aktuell die Aktien von Casey’s General Stores, Broadcom und La-Z-Boy. Casey’s General Stores wird am 11. Juni und Broadcom am 12. Juni neue Quartalszahlen  vorlegen. La-Z-Boy folgt dann in der Woche darauf am 17. Juni.

Im Rahmen unseres Trendfolge Set-Ups folgen wir aktuell drei Aktien: Hawkins, Intuitive Surgical, Netflix.

Über Faktor-Zertifikate sind wir in der Assetklasse Volatilität (VIX Future) aktiv. Wir haben in der vergangenen Handelswoche unser Engagement in Vola Short reduziert und sind dafür wieder in Vola Long Produkte eingestiegen. 

 

Hinweis:

Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.



Seit 2014 ist Stefan Pröhl bei wikifolio aktiv. Dort setzt er Rotationsmodelle auf Wochen-, Monats- oder Quartalsbasis um.

Die Idee zum Marktradar ist entstanden, weil ihm bisher ein vernünftiges Modell fehlte, mit dem er sich täglich einen schnellen Überblick verschaffen kann, in welche Sektoren und Branchen gerade Kapital hineinfließt und aus welchen gerade Kapital abgezogen wird.

Mit dem von ihm entwickelten “Marktradar” kann er täglich für jeden Sektor bzw. jede Branche fünf Tagesstempel vergeben: “Kaufen oder Aufstocken”, “Buy the dip ?”, “Bodenbildung oder Seitwärts”, “Abwarten oder auf Sell Off spekulieren”, “Unter Beobachtung”.

Diese “Top Down” Analyse gibt ihm täglich wichtige Hinweise und Tipps zur Intermarketanalyse. Mit dem Schreiben dieser Kolumne dokumentiert er auf hoffentlich auch etwas unterhaltsame Weise die Tipps und Hinweise, die ihm der Marktradar liefert.

Mit jedem Wissen entsteht auch Unwissen. Nur so kann Stillstand, Leere, Einrosten im Kopf verhindert werden. Täglich gibt es Neues zu entdecken und täglich werden Überzeugungen revidiert. Das ist das Mindset, dem auch diese Kolumne folgt.

WF MR 20240610

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