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Marktradar vom 12. August 2024

Marktradar vom Montag, 12. August 2024

 

Kaufen, wenn Softbälle aus Kanonen purzeln !

 

Aktien waren in der Nacht vom Sonntag, 4. August, auf Montag, 5. August, weltweit eingebrochen, nachdem viele institutionelle Händler sich offensichtlich gezwungen sahen, Aktien und Anleihen so schnell wie möglich zu verkaufen, um Carry-Trades auf den japanischen Yen so schnell wie möglich rückabwickeln zu können. Dieses geschah in vielen Fällen aber nicht, indem einfach herumliegende US-Dollar- oder Euro-Bestände in den Japanischen Yen zurückgetauscht wurden, sondern die institutionellen Händler waren nicht liquide genug, um diesen Währungsumtausch in der Größenordnung vorzunehmen, die die Investmenthäuser nun für dringlich geboten hielten. Die Börsenhändler mussten vielmehr zuerst Aktien und Anleihen verkaufen, um danach mit diesen Erlösen vorwiegend US-Dollar-Bestände in den Japanischen Yen zurücktauschen zu können, damit dieses zuvor günstig geliehene Geld rechtzeitig an die japanische Zentralbank zurückgeben werden kann, bevor der Japanische Yen noch weiter gegenüber dem US-Dollar (und auch anderen Währungen weltweit) an Wert gewinnt.

Stephanie Link, die beim Vermögensverwalter Hightower als Chief Investment Strategin tätig ist, geht davon aus, dass 80 Prozent der Kursverluste vom Montag auf die schnelle Rückabwicklung von Carry-Trades zurückzuführen waren. 

Normalerweise wird das billige Geld, das in Japan aufgenommen wird, in höher verzinste US-Staatsanleihen umgeleitet, wobei die Anleger die Differenz zwischen den von der Bank of Japan und der Federal Reserve festgelegten Zinssätzen kassieren.

In Zeiten starker Risikobereitschaft ist der Yen-„Carry-Trade“ jedoch auf andere Vermögenswerte wie Aktien übergesprungen.

Tatsächlich waren die Aktienmärkte stärker als die Anleihenmärkte von diesem “Yen-Carry-Crash” betroffen gewesen, was unterstreicht, in welch hohem Maße institutionelle Händler den Yen-Carry-Trade genutzt hatten, um ihre Aktienportfolios zu befüllen.

Das alles geschah nicht nur an der Wall Street, sondern schickte auch die meisten Börsen in Europa, Asien (inklusive Japan) und Lateinamerika auf Talfahrt – die Wall Street war dann der letzte Dominostein, der am Montag, 5. August, um 15:30 Uhr deutscher Zeit gefallen war – eben weil die Märkte in Europa, Asien und Lateinamerika am Montag noch vor der Wall Street mit dem Aktienhandel begannen.

 

Der VIX stieg über das Wochenende um 140 %

Zur Zeit der Wall Street-Eröffnung am Montag, 5. August (9:30 AM) notierte der CBOE Volatility Index (VIX) bei 55,68, nachdem er am Freitag zum Handelsschluss der Wall Street (4:00 PM) noch bei 23,39 berechnet wurde – das entspricht einem Wochenend-Anstieg von fast 140 %.

Allen mit Volatilität vertrauten Marktteilnehmern dürfte am Montag zur Eröffnung der Wall Street klar gewesen sein, dass ein Anstieg der Volatilität über das Niveau am Montagmorgen im Laufe der nächsten Tage praktisch ausgeschlossen werden konnte, da bei so hohen Spikes im VIX-Chart eigentlich immer ein Hochpunkt für längere Zeit erreicht wird; und wer es konnte, ging Vola-Short – bei entsprechender Absicherung für den Fall der Fälle, falls es doch anders kommen sollte als gedacht – was an der Börse natürlich nie zu 100 % ausgeschlossen werden kann.

 

Diese vier Länder könnten in Kürze die Top-Listen bei den Emerging Markets anführen

Interessant ist nun zu beobachten, welche Aktienbörsen bereits in der vergangenen Handelswoche alte Zwischenhochs überrennen konnten. Von den europäischen Länder-ETFs schaffte es keiner. Auf ETF-Ebene können wir aber bei den Emerging Markets vier Länder-ETFs ausmachen, die es bis zum Freitag geschafft haben, alte tiefere Hochs zu überwinden. Hier fallen aus Lateinamerika die beiden Länder-ETFs für Argentinien (ARGT) und Brasilien (EWZ) ins Auge sowie aus Asien die Länder-ETFs für Indonesien (EIDO) und Philippinen (EPHE). 

Global agierende Aktienhändler könnten in diesen vier Ländern nun Aufholpotenzial sehen, da diese Länder beim schnellen Wiedereinstieg nach dem Yen-Carry-Crash-Fiasko offensichtlich deutlich mehr Zukäufe verzeichneten, als zuvor Abflüsse vorgenommen wurden.

 

Bärische Flaggen laden nun zu Short-Manövern ein

Die meisten großen Börsenindizes aus Europa und den USA haben in den Charts nun bärische Flaggen ausgebildet, was kurzfristig zu Short-Manövern einladen könnte.

Entscheidend wird nun sein, ob der Abrutsch aus den bärischen Flaggen jeweils über den Tiefs vom Montag ein Ende findet oder nicht. Wenn ja, dann könnten wir noch bis Mitte September eher steigende Kurse erwarten – und vielleicht bei dem einen oder anderen Aktienindex sogar ein neues Allzeithoch. 

 

Höhere Volatilität voraus

Für den Oktober erwarten wir durchgehend eine erhöhte Volatilität, die die Kaufbereitschaft für Aktien auf breiter Front begrenzt halten dürfte – bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die neue US-Präsidentin oder der neue US-Präsident namentlich feststeht. Ab dann könnte die Jahresendrallye starten – zumindest würde das dem saisonalen Verlauf vergangener US-Präsidentschaftswahljahre entsprechen.

Die Volatilität könnte auch in den nächsten Tagen und Wochen wieder etwas anziehen, so dass wir nicht so schnell, wie von den Bullen erhofft, aus der Backwardation in der VIX-Terminstrukturkurve herauskommen dürften, um danach wieder ins gemütliche Contango wechseln zu können – wie es in Crash-Momenten oft schon wenige Tage danach der Fall ist: Unruhige Backwardation-Phasen dauern meist nicht lange an, Contango-Phasen sind beim VIX-Future eigentlich der Normalzustand. Contango bedeutet, dass der VIX-Future, der den Frontmonat abbildet, oberhalb des VIX-Kurses notiert (ist aktuell nicht der Fall) und die folgenden VIX-Future-Laufzeiten innerhalb der VIX-Terminstrukturkurve jeweils zu höheren Kursen mit möglichst ähnlichen Abständen gehandelt werden. 

 

Sahm-Regel kündigt Rezession an – aber selbst die Erfinderin glaubt nicht daran 

Die Rezessionsängste für die USA nehmen wir weiterhin nicht wirklich ernst, auch wenn ein Indikator, der bisher immer richtig gelegen hat, aktuell wieder anzeigt, dass eine Rezession in den USA bevorsteht.

Hierbei handelt es sich um einen zugegebenermaßen bisher sehr verlässlichen  Indikator, der der sogenannten Sahm-Regel folgt – benannt nach Claudia Sahm, einer in den USA bekannten Ökonomin, die früher bei der US-Notenbank, heute als Chefökonomin bei der Investmentgesellschaft New Century Advisors tätig ist. 

Konkret schlägt Claudia Sahm vor, dass die kritische Schwelle für die Veränderung der Arbeitslosenquote bei 0,5 Prozentpunkten liegt. Dazu vergleicht sie jeweils den jüngsten Dreimonatsdurchschnitt der Arbeitslosenquote mit ihrem Tief in den vorherigen zwölf Monaten (also ohne den jeweils aktuellen Monat). Genau diese Schwelle ist nun im Juli mit Bekanntgabe der Arbeitsmarktdaten vom 2. August gerissen worden, und zwar mit einem Wert von 0,53 Prozentpunkten.

Gemäß der Sahm-Regel können sich Investoren und Ökonomen nun darauf einstellen, dass die USA in den kommenden Wochen in eine Rezession rutschen wird. Seit den 1970er Jahren hat dieser Indikator in allen Fällen recht behalten, also sollte man ihn eigentlich schon ernst nehmen.

Allerdings hat die Erfinderin dieses Modells, Claudia Sahm, auf Bloomberg unlängst betont, dass sie aktuell selbst davon ausgeht, dass es sich um ein Fehlsignal handelt. Die Gründe dafür, für das aktuelle Signal das erste Mal überhaupt ein Fehlsignal anzunehmen, liegen auch auf der Hand.

Für eine ausgewachsene Rezession braucht es nämlich einen großflächigen Konjunkturrückgang, der länger als ein paar Monate anhält. So weit sind wir jedoch eindeutig noch nicht. 

Der von der Fed of Atlanta herausgegebene GDP-Now Indikator, den wir vom Marktradar als die verlässlichste Maße dafür ansehen, ob die USA in eine Rezession rutscht oder nicht, zeigt sich vom ganzen Getöse über die Rezessionsangst unbeeindruckt. Die aktuelle Prognose für das dritte Quartal geht von einem robusten US-Wirtschaftswachstum von 2,9 % aus. 

Gemäß Definition, dass eine Rezession erst dann vom  National Bureau of Economic Research ausgesprochen werden kann, wenn das US-Wirtschaftswachstum zwei Monate in Folge unter 0 % liegt, könnte eine Rezession allerfrühestens ab dem zweiten Quartal 2025, also etwa im April 2025, verkündet werden. Dass wir im vierten Quartal 2024 und im ersten Quartal 2025 ein negatives US-Wirtschaftswachstum sehen, halten wir für nahezu ausgeschlossen. 

Das einzige, was die US-Wirtschaft aktuell ausbremst, sind zurückgehende Verbraucherausgaben – diese alleine dürften aber nur eine gefühlte Kaufzurückhaltung bei den Verbrauchern bewirken. Es ist der Job von CEOs in solchen Phasen, durch entsprechende strukturelle Veränderungen oder anderen betriebswirtschaftlichen Maßnahmen der temporären Flaute, die Nachfrage betreffend, entgegenzusteuern – was den CEOs in den meisten Fällen auch über kurz oder lang gelingt, so dass ihr Unternehmen oft sogar gestärkt aus der Nachfrage-Delle herauskommt.

Eine schwere Rezession entsteht immer durch Rückgang der Produktion – und eine solche sehen wir in den USA vielleicht in der Branche Automobile – aber das war es dann auch schon fast.

 

Aktuelle Wirtschaftsdaten

Am vergangenen Montag hätte der ISM-Dienstleistungsindex schon allein für eine Erholung an den Aktienmärkten und für einen Rückgang der Volatilität sorgen können – die neuen Daten gingen aber im Getöse um den Yen-Carry-Crash unter. 

Die aktuellen Daten für das Dienstleistungsgewerbe zeigen deutlich an, dass US-Verbraucher nicht gewillt sind, auf Dienstleistungsangebote zu verzichten. Im Juli stieg der ISM-Dienstleistungsindex auf 51,4 % an (im Juni wurde noch der Meßwert von 48,8 % genannt). Das war deutlich besser als erwartet. Ein Wert über 50 gibt an, dass die US-Wirtschaft wächst.

Die bullische Kursreaktion am Donnerstag wurde von der Wirtschaftspresse mehrheitlich auf neue Daten zur Arbeitslosenhilfe zurückgeführt. Donnerstag vor der Eröffnung der Wall Street teilte das US-Arbeitsministerium mit, dass die Zahl der neuen Anträge auf Arbeitslosenunterstützung in der Woche bis zum 3. August um 17.000 auf 233.000 zurückgegangen sei. Das lag unter der Prognose der Ökonomen, die mit 240.000 neuen Anträgen gerechnet hatten. Damit wurde der Arbeitsmarktbericht vom Freitag, 2. August, der wiederum als Auslöser für den Abverkauf an der Wall Street herangezogen wurde, im Nachhinein als weniger negativ in Bezug auf die künftige konjunkturelle Entwicklung interpretiert.

In der kommenden Handelswoche stehen zahlreiche neue Wirtschaftsdaten an. Am Dienstag werden in den USA neue Daten zum Erzeugerpreisindex veröffentlicht, am Mittwoch folgen dann Daten zum Verbraucherpreisindex. Am Donnerstag werden dann die US-Einzelhandelsumsätze für Juli und neue Daten zu den Arbeitslosenzahlen veröffentlicht. Ebenfalls am Donnerstag werden die Ergebnisse der Umfragen zur verarbeitenden Industrie von Empire State und Philadelphia Fed erwartet.

Diese Daten haben durchaus das Potenzial, Einfluss darauf zu nehmen, ob sich der Gradmesser für die Angst im Markt, der VIX-Index, an den US-Aktienmärkten über 20 hält oder bereits in der kommenden Woche wieder unter 20 fallen wird.

 

Profis wissen: wenn der VIX in die Höhe schießt, dann sind nur Verlierer ängstlich

Unerfahrene Trader wurden am vergangenen Montag im Schlepptau der erhöhten Volatilität in Angst versetzt und verkauften mehrheitlich Aktien. Erfahrene Trader hingegen hörten nur Softbälle aus Kanonen “purzeln” (nicht donnern !) und wussten dennoch: Bei einer so hohen Vola kaufe ich Aktien und gehe die Vola Short – egal, was da aus den Kanonen herauspurzelt !

Nicht umsonst gilt an einem “Black Monday” wie dem 5. August der Börsenspruch: Kaufen, wenn die Kanonen donnern ! Dabei purzelten tatsächlich nur Softbälle aus den Kanonen raus, wie wir gleich sehen werden.

 

Zwei JPMorgan Studien zu den unterschiedlichen Handelsaktivitäten während des Yen-Carry-Crash von privaten und institutionellen Händlern in Bezug auf US-Aktien und dem Bitcoin

Zwei Studien von JP Morgan liefern hier interessante Einblicke in das unterschiedliche Herdenverhalten von privaten und institutionellen Tradern. Die erste Studie bezog sich auf den Aktienmarkt am Montag und Dienstag, die zweite Studie auf das Orderbuch im Bitcoin-Future am Montag.

In der ersten Studie zeigte JPMorgan auf, dass am vergangenen Montag und Dienstag institutionelle Trader im 30-Minuten-Takt Zukäufe am Aktienmarkt sukzessive und beharrlich erhöht haben. Private Trader wiederum verkauften in den ersten zwei Handelsstunden am Montag ihre Aktien zuhauf, verkauften dann weiter, aber weniger intensiv, erhöhten aber in den letzten zwei Handelsstunden am Dienstag wieder ihre Verkäufe, die auch nominal an das heran kamen, was sie in den ersten zwei Handelsstunden am Montag bereits an Aktien verkauft hatten.

Auch beim Bitcoin sahen wir bei privaten Händlern am Sonntag und Montag Panikverkäufe an Krypto-Börsen. Laut der Bank JPMorgan gab es bei institutionellen Teilnehmern am Bitcoin-Futures-Markt aber kaum oder gar keine „Risikominderung“. Die Analysten betonten, dass das offene Interesse an Bitcoin-Futures nach wie vor gedämpft sei und sich die Spot-Preisspanne kaum bewegt hat. Dies deutet darauf hin, dass institutionelle Anleger ihre Positionen am Montag – im Unterschied zu den Privaten – nicht wesentlich geändert haben, sondern stattdessen eine abwartende Haltung beibehalten haben.

Aktuell sieht JPMorgan drei positive Kurstreiber für den Bitcoin: 1.)  die Vermögensberater von Morgan Stanley, die ihren Kunden recht aggressiv Krypto-Investitionen anbieten, 2.) der bevorstehende Abschluss von Insolvenzverfahren im Zusammenhang mit früheren Krypto-Pleiten und 3.) die parteiübergreifende Unterstützung für günstige Rechtsvorschriften für den Bitcoin und die Bekanntgabe, dass die US-Regierung selbst zum Bitcoin-Käufer geworden ist, um damit, so die Vermutung einiger Blogger, über hohe Kursgewinne die Schuldenlast der US-Regierung, falls dies einmal erforderlich wäre, nach unten drücken zu können.

JPMorgan warnt jedoch davor, die mangelnde Aktivität institutioneller Anleger als Zeichen blinden Vertrauens in den Bitcoin zu werten. Die Analysten von JPMorgan äußerten diesbezüglich Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit des aktuellen Preisniveaus von Bitcoin im Verhältnis zu seinen Produktionskosten. Die Bank schätzt, dass die durchschnittlichen Kosten für das Mining eines Bitcoins bei etwa 49.000 US-Dollar liegen. Diese Zahl ist bedeutsam, da jeder längere Zeitraum, in dem Bitcoin unter diesem Niveau gehandelt wird, die Miner finanziell stark unter Druck setzen könnte. Dies wiederum könnte zu einem weiteren Abwärtsdruck auf den Bitcoin-Preis führen, da die Miner gezwungen sein könnten, ihre Bestände zu verkaufen, um die Betriebskosten zu decken. 

Der Bitcoin fand am 5. August sein Tief bei knapp über 45.000 US-Dollar und schloss in der Nacht von Freitag auf Samstag bei etwa 55.000 US-Dollar. Die Betreiber von Bitcoin-Minern konnten an diesem Wochenende also fürs erste wieder beruhigt schlafen.

Viele Experten gehen grundsätzlich davon aus, dass Bitcoin immer noch ein Risk-On Trade darstellt und kein Hedge gegen den Aktienmarkt. Das heißt, wenn die Aktienmärkte ins Wanken geraten, dann dürfte auch der Bitcoin nach unten purzeln – es sei denn, am Montag wäre eine handfeste Währungskrise der Ursprung der Turbulenzen am Aktienmarkt gewesen. Beim Yen-Carry-Crash handelt es sich demnach um keine Währungskrise (sonst wäre der Bitcoin nämlich in die Höhe geschossen statt in die Tiefe zu stürzen), sondern nur um ein Ungleichgewicht Yen contra US-Dollar, das aber durch den Markt allein bereinigt werden kann ohne dass dabei eine Währungskrise ausgelöst wird, die dann Verwerfungen auslösen würde, die beispielsweise eine drohende Hyperinflation als Negativ-Schlagzeile bewirkt hätte. Aber um solche Albtraum-Szenarien ging es am Montag tatsächlich nie. Es ging nur um eine scheinbar todsichere Rendite über einen Währungstausch, der auf einmal Verluste statt Gewinne bringen könnte. Das Yen- / US-Dollar-Drama betraf praktisch nur Börsenhändler, warf keine dunklen Schatten über japanische oder amerikanische Haushalte.

 

 

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

 

Aktuell erhalten 10 von 60 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von 16,6 % (in der Vorwoche lag diese Quote bei 18,3 %).

Von den 10 Sektor-, Branchen- und Themen ETFs, die den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” erhalten, werden nur zwei ETFs vom Marktradar für diesen Montag als trendfolgend kaufbar eingestuft. Hierbei handelt es sich um die Branchen Gesundheitsdienstleister (IHF) und Versorger (XLU). 

 

In den ETFs für Rüstung (ITA) und Versicherungen (KIE) können wir in den Charts jeweils ein Outside Reversal ausmachen. Das heißt, dass ein letztes höheres Tief (auf Intraday-Ebene) zwar intraday unterschritten, aber per Tagesschluss überschritten werden konnte.

Im US Aerospace & Defense Ishares ETF (ITA) fiel der Kurs am 5. August zwar unter das letzte höhere Tief (19. Juli), notierte auf Schlusskursbasis aber höher. Der ETF hat –  wie viele Aktien-ETFs aktuell – eine bärische Flagge im Tageschart ausgebildet, sodass Trader kurzfristig mindestens ein oder zwei schwache Handelstage in diesem ETF oder bei Rüstungsaktien abwarten sollten, bevor sie über einen Einstieg nachdenken. Ein Unterschreiten des Tiefs vom Montag würde natürlich jedes positive Szenario vorerst beenden.

Wir finden Rüstungsaktien überhaupt nicht sexy, daher haben wir Aktien aus diesem Sektor in der Regel nicht in unserer Watchlist. Was für ein Investment in Rüstungsaktien ungeachtet aller moralischen Bedenken spricht, ist sicherlich, dass die Verteidigungsbudgets der NATO im Moment in etwa parallel mit dem Bruttoinlandsprodukt der Nato-Länder wachsen. Aufträge werden langfristig vergeben und solange in vielen Ländern wenig Einsicht darin besteht, dass diplomatische Verhandlungen schnelle und für alle Parteien akzeptierbare Lösungen liefern, dürfte der Aufwärtstrend bei Aktien wie Lockheed Martin, Northrop Grumman, General Dynamics oder Rheinmetall nicht wirklich in Gefahr geraten. Sollte aber die Diplomatie im Russland / Ukraine Konflikt oder im Israel / Gaza Konflikt urplötzlich wieder als Option hoffähig werden, was wir natürlich alle hoffen, dann könnten solche Aktien auch schnell in den Keller stürzen, auch wenn die Mehrzahl der Aufträge nicht sofort storniert werden würden.

 

Die Branche Versicherungen ist grundsätzlich dann stärker als der Markt, wenn die Kurse purzeln, ohne dass eine Finanzkrise droht, also wenn Softbälle aus Kanonen purzeln. Damit passt die relative Stärke dieser Aktien gut zum aktuellen Umfeld.

Im S&P Insurance ETF (KIE) können wir die beiden letzten Tiefs an den gleichen Tagen wie im Rüstungs-ETF verorten, insofern entwickeln sich beide Branchen aktuell ähnlich. Auch im KIE-ETF sehen wir aktuell eine bärische Flagge im Chart.

Der KIE-ETF hält aktuell 50 Aktien aus dem Bereich Versicherungen, die alle in Standard & Poor Indizes vertreten sind, also in den USA gelistet sind. Die Gewichtung der einzelnen Positionen beträgt zwischen 0,09 und 2,45 %.

Wir wollen hier kurz drei US-Aktien aus der Branche Versicherungen vorstellen, die alle im S&P 500 vertreten sind, gute Fundamentaldaten vorweisen und beim Piotroski F-Score aktuell 7 von 9 Punkte aufweisen. Außerdem konnten diese Aktien bisher als Dauerläufer an der Börse bezeichnet werden, die mittel- bis langfristig deutliche Überrenditen zum S&P 500 erzielen konnten. Wir gehen davon aus, dass sich daran nicht viel ändern wird. Alle drei Aktien sind auch im S&P Insurance ETF vertreten.

 

W. R. Berkley Corporation

Die W. R. Berkley Corporation (WRB; Marktkapitalisierung: 21 Mrd. US-Dollar) umfasst 60 Zweigstellen, die alle auf Versicherungen für Gewerbetreibende spezialisiert sind. Jede der 60 Zweigniederlassungen ist in der Lage, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren und starke lokale Beziehungen vor Ort und per persönlichen Kontakt aufzubauen. Seit seiner Gründung im Jahr 1967 hat sich W. R. Berkley auf dem Markt durch eine dezentrale Struktur sowohl lokal als auch Sparten übergreifend differenziert, Angeboten werden neben Sach- und Unfallversicherungen auch Rückversicherungen und Spezialversicherungen aller Art. Die Kunden kommen aus allen möglichen Branchen.

Die Aktie konnte vom Rotationsknall am 11. Juli profitieren, gab die Gewinne am 19. Juli aber alle wieder ab. Die am 22. Juli vorgelegten Quartalszahlen lagen über den Erwartungen. Seitdem zeigt sich die Aktie unbeeindruckt von den Schwankungen im Gesamtmarkt und will offensichtlich partout in Richtung 60 US-Dollar laufen – Schlusskurs am Freitag: 57,13 US-Dollar. Aktuell bildet die Aktie eine Tassenformation im Chart aus, die bei etwa 60 US-Dollar die obere Begrenzung finden würde, von wo aus dann ein Griff oder Henkel ausgebildet werden dürfte, bevor der Chart dann vermutlich auf neue Allzeithochs zusteuern wird. 

Umsatz- und Gewinnwachstum des Versicherungsunternehmens waren in den letzten fünf Quartalen stabil. Der Umsatz im zweiten Quartal stieg um 11 % auf 3,3 Milliarden US-Dollar, während der Gewinn mit 1,04 US-Dollar pro Aktie 37 % höher war als im Vorjahr. Investmentfonds besitzen 52 % der ausgegebenen Aktien.

Die Analysten von TD Cowen haben die Aktie am 1. Juli mit “Buy” eingestuft und nennen ein auf den ersten Blick überdimensioniertes Kursziel von 103 US-Dollar, was aktuell einem Kurspotenzial von 80 % entspricht. Nicht schlecht für einen langweiligen Versicherer. Aber so langweilig, wie es scheint, sind Aktien aus der Branche Versicherungen gar nicht. Denn aus Sicht von einem Jahr konnte die W. R. Berkley-Aktie um 40 % zulegen, hat damit den S&P 500, der in dieser Zeit nur einen Wertzuwachs von knapp 20 % aufweisen kann, um fast das Doppelte an Wertzuwachs geschlagen. Aus Sicht von 10 Jahren stiegen die Aktien von W. R. Berkley um 414,68 %, womit sich eine Rendite von 41,5 % p. A. errechnen lässt. Der S&P 500 konnte in diesem Zeitraum um 228,58 % steigen, was einer Rendite von 22,8 % p. A. entspricht. Auch aus langfristiger Sicht konnte mit diesem Versicherungsunternehmen an der Börse also mehr Geld verdient werden als mit einem ETF auf den S&P 500. 




Progressive Corp.

 

Progressive Corp. (PGR; Marktkapitalisierung: 130 Mrd. US-Dollar) ist einer der führenden Anbieter von Kfz-Versicherungen in den USA. Die Holding-Gesellschaft wurde im Jahr 1965 gegründet und hat bis heute ein Netz aus über 450 Zweigniederlassungen mit mehr als 25.000 Beschäftigten in allen US-Bundesstaaten aufgebaut. Das Portfolio des Unternehmens bedient hauptsächlich Privatkunden sowie kleinere Gewerbekunden. Es werden alle Arten von privaten und gewerblichen Fahrzeugen versichert. Darüber hinaus bietet das Unternehmen einige weitere versicherungstechnische Serviceleistungen an.

Das Unternehmen hat am 19. Juli mal wieder exzellente Quartalszahlen gemeldet. Im zweiten Quartal hat Progressive einen Gewinn von 2,65 USD pro Aktie gemeldet, Analysten hatten nur einen Gewinn von 1,99 US-Dollar pro Aktie erwartet. Da die Aktie im Vorfeld bereits gut gelaufen war – aus 1-Jahressicht stand ein Kursgewinn von 80 % zu Buche -, nahmen Anleger nach den hervorragenden Quartalszahlen Gewinne mit. Aber die Aktie läuft seitdem wieder nach oben, was sie eigentlich immer tut. 

Die Aussichten auf Abschlüsse neuer KFZ-Versicherungen sind gut, wie jüngst an den außerordentlich starken Quartalszahlen vom Gebrauchtwagenhändler Carvana deutlich wurde. Dieser meldete am 1. August einen überraschenden Gewinn. Der 33%ige Anstieg der Autoverkäufe gegenüber dem Vorquartal war dabei der Wachstumstreiber. Auch sollte irgendwann der Wechsel von Verbrennern zu Elektroautos an Fahrt gewinnen und dann womöglich eine Sonderkonjunktur bei KFZ-Versicherern wie Progressive auslösen. Wann diese kommt, ist aktuell aber noch schwer einzuschätzen.

Die Analysten von Keefe Bruyette haben die Aktie am 17. Juli, also noch vor Bekanntgabe der exzellenten Quartalszahlen, mit “Outperform” bewertet und nennen ein Kursziel von 245 US-Dollar – die Aktie schloss am Freitag den Handel mit einem Kurs von 221,73 US-Dollar ab.

Aus Sicht von einem Jahr konnte die Progressive-Aktie um 76 % zulegen, hat damit gegenüber dem S&P 500 eine fast viermal so hohe Rendite erzielt. Aus Sicht von 10 Jahren stiegen die Aktien von Progressive um 1.100 %, damit kann das Unternehmen  als Tenbagger an der Börse prahlen.

 

Brown & Brown Inc.

 

Brown & Brown Inc. (BRO; Marktkapitalisierung: 28 Mrd. US-Dollar) verkauft selbst keine Versicherungen, sondern ist als Makler tätig. Das Unternehmen erwirtschaftet seinen Umsatz durch Provisionen von Versicherungsunternehmen und direkte Gebühren von Kunden. 

Brown & Brown hat sich auf Sach-, Personen- und Arbeitnehmerversicherungen spezialisiert. Mehr als die Hälfte der Kunden sind Einzelhändler, etwa ein Viertel des Umsatzes wird mit der Vermittlung von Berufshaftpflichtversicherungen verdient, die unter anderem für Zahnärzte, Augenärzte und Juristen vermittelt werden. Auch können Kunden Brown & Brown damit beauftragen, Konzertveranstaltungen, Hochzeiten und andere Events zu versichern. Brown & Brown bietet auch Beratung an, wenn sich Unternehmen gegen Schäden durch Hochwasser, Hurrikane oder Erdbeben schützen wollen. Brown & Brown ist ausschließlich in den USA mit Schwerpunkt Florida tätig. 

Am 22. Juli hat Brown & Brown wieder einmal gute Quartalszahlen vorgelegt. Der Versicherungsmakler verdiente im zweiten Quartal 0,93 US-Dollar pro Aktie, Analysten erwarteten einen Gewinn von nur 0,87 US-Dollar pro Aktie.

Die Brown & Brown-Aktie konnte am 1. August erstmals die 100 US-Dollar Marke im Chart überwinden. Seitdem bildet die Aktie um diese markante Kursmarke eine flache Basis aus – zeigt sich, wie die beiden anderen hier vorgestellten Aktien auch, weitgehend unbeeindruckt von den Schwankungen am Aktienmarkt.

Die Kursziele der Analysten liegen meist weit unter dem aktuellen Kurs der Aktie, demnach können Investoren in Kürze mit Hochstufungen bei der Aktie rechnen.

Auch diese Aktie kann als Dauerläufer an der Börse gelten. Aus Sicht von einem Jahr konnte die Brown & Brown-Aktie um 42 % zulegen, hat damit gegenüber dem S&P 500 eine doppelt so hohe Rendite erzielt. Aus Sicht von 10 Jahren stiegen die Aktien von Brown & Brown um 720 %, damit kann das Unternehmen eine Rendite p. A. von 72 % vorweisen.



Trades aus der vergangenen Woche im Musterdepot und weiteres geplante Vorgehen

 

In der vergangenen Handelswoche haben wir wieder Trades durchgeführt. Interessierte können die Trades auf wikifolio.com verfolgen, indem sie zum Beispiel im Suchfeld “Marktradar” eingeben.

Unser Musterdepot gewann in der vergangenen Handelswoche etwas mehr als 20 %. Wir hatten am Montag alle Shortpositionen bei Aktien und unsere Vola-Long Position geschlossen, und im Lauf der Handelswoche regelbasiert die Vola-Short Position weiter ausgebaut.

Unser Entschluss, die Anlageklasse Volatilität höher im Portfolio zu gewichten, hat sich in der vergangenen Handelswoche bezahlt gemacht: das wikifolio konnte am Freitag ein Allzeithoch erreichen.

Künftig werden die Schwankungen größer sein als wir das im wikifolio bis zum Juli gesehen haben. Dafür erwarten wir aber auch langfristig deutlich höhere Renditen. Der Kursgewinn von über 20 % innerhalb einer Woche ist in hohem Maße dem starken Kursrutsch bei VIX-Futures zu verdanken; einen so starken Fall der Volatilität, wie wir ihn in der vergangenen Handelswoche gesehen haben, stellt eine Ausnahme und nicht die Regel dar. Zur “Regel” im Volatilitätshandel, von der wir profitieren wollen, gehört jedoch, dass VIX-Futures meist fallen und nur selten steigen. Wir wollen mit Vola-Short-Faktor-Zertifikaten von diesem VIX Futures innewohnenden Abwärts-Drift langfristig profitieren. Im Gegenzug wollen wir Vola-Long-Faktor-Zertifikate nur zwecks kurzer Swing-Manöver oder dann nutzen, wenn die Volatilität sich über der Zone zwischen 19 und 20 Punkten festsetzt, wie wir das für den Oktober erwarten. Die VIX-Terminstrukturkurve deutet diesen obligatorischen Vola-Anstieg schon seit Wochen an, eben weil die US-Präsidentschaftwahlen vor der Tür stehen und damit die implizite Volatilität traditionell im Vorfeld dieser Wahlen steigen wird.

Unser Themenschwerpunkt liegt momentan bei Smart Grid Profiteuren. Hier haben wir in der vergangenen Handelswoche fünf Aktien gekauft: Ameresco, IES Holdings, MYR Group, Quanta Services, Tetra Tech.

Für unsere neue Strategie “Defensiv von Links Unten nach Rechts oben” haben wir in der vergangenen Handelswoche die Aktie von der W. R. Berkley Corporation gekauft. Heute kaufen wir Comfort Systems. Die Firma ist ein Dienstleister für den Bau von Gebäuden, profitiert aktuell auch vom Bau neuer Chipfabriken und Rechenzentren.

Als Earning Trade halten wir aktuell zwei Aktien: Walmart und H&R Block. Beide Unternehmen werden am 15. August neue Quartalszahlen vorlegen.

Aktuell sind wir trendfolgend in den Aktien von BKW, Willdan, CBOE Global Markets, Regeneron Pharmaceuticals dabei.

Über Swing-Trades halten wir aktuell Eldorado Gold, Essilor Luxottica, Match Group, Merck KGaA, UnitedHealth.

Aus dem Bereich Kryptowährungen sind wir aktuell raus. Wir planen aber, in diese Assetklasse wieder einzusteigen, sobald die Charttechnik uns wieder grünes Licht dafür gibt.

Über Faktor-Zertifikate sind wir in der Assetklasse Volatilität (VIX Future) aktiv. Wir sind hier aktuell Vola Short positioniert.

Wir planen in Kürze wieder vermehrt Discount-Optionsscheine zu kaufen, um von Seitwärtsrenditen zu profitieren.

 

 

Hinweis:

Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.



Seit 2014 ist Stefan Pröhl bei wikifolio aktiv. Dort setzt er Rotationsmodelle auf Wochen-, Monats- oder Quartalsbasis um.

Die Idee zum Marktradar ist entstanden, weil ihm bisher ein vernünftiges Modell fehlte, mit dem er sich täglich einen schnellen Überblick verschaffen kann, in welche Sektoren und Branchen gerade Kapital hineinfließt und aus welchen gerade Kapital abgezogen wird.

Mit dem von ihm entwickelten “Marktradar” kann er täglich für jeden Sektor bzw. jede Branche fünf Tagesstempel vergeben: “Kaufen oder Aufstocken”, “Buy the dip ?”, “Bodenbildung oder Seitwärts”, “Abwarten oder auf Sell Off spekulieren”, “Unter Beobachtung”.

Diese “Top Down” Analyse gibt ihm täglich wichtige Hinweise und Tipps zur Intermarketanalyse. Mit dem Schreiben dieser Kolumne dokumentiert er auf hoffentlich auch etwas unterhaltsame Weise die Tipps und Hinweise, die ihm der Marktradar liefert.

Mit jedem Wissen entsteht auch Unwissen. Nur so kann Stillstand, Leere, Einrosten im Kopf verhindert werden. Täglich gibt es Neues zu entdecken und täglich werden Überzeugungen revidiert. Das ist das Mindset, dem auch diese Kolumne folgt.

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