Season-trader

Marktradar vom 19. Februar 2024

Seit 2014 ist Stefan Pröhl bei wikifolio aktiv. Dort setzt er Rotationsmodelle auf Wochen-, Monats- oder Quartalsbasis um. Die Idee zum Marktradar ist entstanden, weil ihm bisher ein vernünftiges Modell fehlte, mit dem er sich täglich einen schnellen Überblick verschaffen kann, in welche Sektoren und Branchen gerade Kapital hineinfließt und aus welchen gerade Kapital abgezogen wird. Mit dem von ihm entwickelten “Marktradar” kann er täglich für jeden Sektor bzw. jede Branche fünf Tagesstempel vergeben: “Kaufen oder Aufstocken”, “Buy the dip ?”, “Bodenbildung oder Seitwärts”, “Abwarten oder auf Sell Off spekulieren”, “Unter Beobachtung”. Diese “Top Down” Analyse gibt ihm täglich wichtige Hinweise und Tipps zur Intermarketanalyse. Mit dem Schreiben dieser Kolumne dokumentiert er auf hoffentlich auch etwas unterhaltsame Weise die Tipps und Hinweise, die ihm der Marktradar liefert. Mit jedem Wissen entsteht auch Unwissen. Nur so kann Stillstand, Leere, Einrosten im Kopf verhindert werden. Täglich gibt es Neues zu entdecken und täglich werden Überzeugungen revidiert. Das ist das Mindset, dem auch diese Kolumne folgt.

Marktradar vom Montag, 19. Februar 2024

Sind die Branchen Luxusgüter und Clean Energy jetzt trendfolgend kaufbar ?

S&P 500 kämpft um die 5.000 Punkte-Marke

Die US-Börsen haben heute, am President’s Day, geschlossen, sodass der Kampf um die 5.000 Punkte-Marke im S&P 500 erst am Dienstag weitergeführt wird. 

Zum ersten Mal in seiner Geschichte war der S&P 500 am vergangenen Dienstag, 13. Februar, unter die 5.000 Punkte-Marke gefallen, ein zweites Mal am vergangenen Freitag.

Der Rückgang im S&P 500 vom Dienstag war eigentlich eine Steilvorlage für die Bären gewesen. Der S&P 500 eröffnete den Handel mit einem Down-Gap von 1,28 % (der Russell 2000 eröffnete sogar mit einem Down-Gap von 3,32 %). 

Grund dafür waren die am Dienstag vorbörslich gemeldeten US-Inflationsdaten im Rahmen des Consumer Price Index (CPI) gewesen. 

Nach dem Hochpunkt der Inflation vom Juni 2022, als diese gegenüber dem Vorjahresvergleich um 9,1 % gestiegen war, hofften Börsianer am Dienstag vorbörslich darauf, dass die Inflation gegenüber dem Vorjahr nun auf unter 3 % fiel. Doch statt auf 2,9 % zu fallen – wie von Börsianern erhofft -, fiel sie nur runter bis auf 3,1 %. Dass der S&P 500 wegen 0,2 % höherer Inflation als erwartet – was, seien wir ehrlich, bei etwas distanzierter Betrachtung eigentlich keine Hiobsbotschaft, sondern nur eine Mini-Verfehlung darstellt, an die in wenigen Tagen niemand mehr denkt – mit einem Down-Gap von 1,28 % eröffnete, zeigt eigentlich nur, dass Mister Market in dieser 0,2 %-Verfehlung einen Grund sah, um ein paar Gewinne mitzunehmen. Mehr aber auch nicht.

Die am Dienstag noch gefühlte Hiobsbotschaft, die aus den CPI-Daten von ängstlichen Aktionären herausgelesen wurde, konnte bereits am Mittwoch als das angesehen werden, was sie war: eine Mini-Verfehlung. Am Donnerstag konnte der S&P 500 schließlich zum zweiten Mal in seiner Geschichte die 5.000 Punkte-Marke überwinden. Am Freitag fiel der S&P 500 etwa 1 ½ Stunden vor Handelsende wieder unter die 5.000 Punkte-Marke – offensichtlich wurden vor dem verlängerten Wochenende noch einmal ein paar Gewinne mitgenommen.

Wir halten es für durchaus möglich, dass der S&P 500 bis zum großen Verfallstag für Termingeschäfte (15. März) unter der 5.000 Punkte-Marke verbleiben wird und wir würden uns dann entsprechend positionieren.

Genauso gut möglich ist aber, dass wir am Dienstag mit Karacho über die 5.000 Punkte-Marke steigen und diese dann bis zum 15. März nicht mehr unterschreiten. 

Solange der Kampf um die 5.000 Punktemarke nicht mit einer mehrtägigen Rallye nach oben oder unten entschieden wird, gilt es also, sich für beide Szenarien Handlungsmöglichkeiten offen zu halten.

Von den großen US-Indizes hat nur der ETF für den Dow Jones Industrial Index (DIA) am vergangenen Dienstag intraday ein tieferes Tief erreicht. Der S&P 500 (SPY), der Nasdaq 100 (QQQ) und der Russell 2000 (IWM) fielen am Dienstag nur bis auf höhere Tiefs zurück, so dass diese drei ETFs weiterhin vom Marktradar als trendfolgend kaufbar eingestuft werden. 

Von Mittwoch bis Freitag konnte der Renaissance IPO-ETF (IPO) mit dem weitesten Sprung vom Montags-Hoch aufwarten. Der IPO-ETF schloss am Freitag fast 1 % über dem Montags-Hoch. Zum Vergleich: Der S&P 500 schloss 0,8 % unter dem Montags-Hoch, der Russell 2000 (IWM) 0,92 % unter dem Montags-Hoch, der Nasdaq 100 (QQQ) 1,95 % unter dem Montags-Hoch.

US-Mid- und Small-Caps, die im Russell 2000 vertreten sind, konnten sich zuletzt gegenüber den sogenannten “Magnificent 7” recht gut behaupten – ebenso Aktien, die in den vergangenen drei Jahren ihr IPO an der Börse hatten.

Gemäß Risk-On / Risk-Off Logik gibt es daher kurz- bis mittelfristig keine Anzeichen dafür, dass der Gesamtmarkt in einen Risk-Off Modus umschlagen wird. Selbst wenn der SPY-ETF bis zum 15. März unter der 5.000 US-Dollar verbleiben würde und sogar unter die zuletzt drei ausgebildeten höheren Tiefs (diese liegen im SPY-ETF bei 490,71 und 482,86 und 469,87) fallen würde, dann bestünde wieder genug Schwungkraft für die Bullen, um bis zum Mai wieder über die 5.000 Punkte-Marke zu steigen.

Was sehen wir unter dem Radar der großen US-Aktienindizes ?

Aktuell erhalten 41 von 60 beobachteten Sektor-, Branchen- und Themen ETFs den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken”. Das entspricht einer Quote von 68,3 % (in der Vorwoche lag diese Quote bei 63,3 %).

4 ETFs erhalten den Tagesstempel “Abwarten oder auf Sell-Off spekulieren”. In der Vorwoche erhielten 7 ETFs diesen Tagesstempel. Die 4 “Looser-Branchen-ETFs” teilen sich in die Goldminen- und Silberminenaktien (GDX, GDXJ uns SI) sowie in die Produzenten Erneuerbarer Energien (RNRG) auf.

Interessant erscheint uns der Verlauf des ETFs für Clean Energy (ICLN), der am vergangenen Dienstag ein höheres Tief ausgebildet hat und am Donnerstag sogar über das Montags-Hoch steigen konnte. Aktuell sehen wir hier eine Trendfrüherkennungschance auf der Long-Seite, die aber auch am 29. Januar einmal aufgetaucht ist. Der Marktradar vergibt für den ICLN-ETF nun sogar den Tagesstempel “Kaufen oder Aufstocken” und sogar auch das Siegel “Trendfolgend Kaufbar”. Mit einem Big Picture Blick auf den Chart des IGN-ETFs erscheint eine so bullische Tradingempfehlung recht gewagt. Aber wir haben unser Modell ja auch deshalb entwickelt, um solche neuen Trends früher als die anderen zu entdecken. Womöglich ist der Abwärtstrend bei Aktien aus dem Bereich Clean Energy nun erst einmal beendet, und die Bodenbildung tritt nun in ihre finale Phase ein, die mit dem höheren Tief vom Mittwoch nun einen neuen Aufwärtstrendkanal einleiten könnte. Die fünf größten Positionen im ICLN-ETF sind Enphase (ENPH), First Solar (FSLR), Vestas Wind Systems (WKN: A3CMNS), Orsted (WKN: A0NBLH), Nextracker (NXT).

Die höchste Quote in der Zuteilung erhält für diesen Dienstag der Tagesstempel „Kaufen oder Aufstocken“. Von den 41 Sektor-, Branchen- und Themen-ETFs, die diesen Tagesstempel erhalten, werden 36 mit dem Siegel “Trendfolgend kaufbar” versehen. Wir wollen diese hier jetzt nicht alle aufzählen. In allen diesen ETFs kam es zu keinem tieferen Tief am Dienstag. Allerdings besteht in vielen die Gefahr, dass sich in dieser Handelswoche ein tieferes Hoch bildet – und zwar dann, wenn das Zwischenhoch vom vergangenen Donnerstag nicht bis zum kommenden Freitag nach oben überschritten werden kann. 

Sollten die Märkte in dieser Handelswoche schwächeln, dann dürfte bei der nächsten Veröffentlichung des Marktradars nur ein Bruchteil der ETFs, die in dieser Woche noch als trendfolgend kaufbar eingestuft werden, dieses „Gütesiegel“ erhalten.

Wir wollen heute zwei Favoriten-Aktien aus der Branche Luxusgüter besprechen. Anschließend wollen wir eine zuletzt arg verprügelte Aktie eines Unternehmens vorstellen, das ein Produkt aus dem Schlafzimmer-Segment verkauft, das viel Potenzial in sich trägt und das zunächst für die reiche Schicht in den USA konzipiert war, dann aber doch schneller als gedacht zu erschwinglichen Preisen auch für die US-Mittelschicht verkauft werden sollte. Dieser Schwenk konnte vom Unternehmen aber wirtschaftlich nicht gut umgesetzt werden, so dass ein aktivistischer Investor nun das Unternehmen aus der Krise ziehen will.

Die zwei besten Luxusgüter-Aktien: LVMH und Hermes International

LVMH und Hermes International gelten als die zwei Vorzeigeaktien aus Frankreich, die bei Investoren seit Jahrzehnten auf der Kaufliste stehen, wenn sie in Aktien aus dem Bereich Luxusgüter investieren wollen. 

Der von uns beobachtete ETF aus dieser Branche (XLY) erzielte im November 2021 sein Allzeithoch, notiert aktuell noch 15 % unter diesem. 

Mit den deflationären Tendenzen in China ab Ende 2021 kamen auch Luxusgüter-Aktien unter Druck, da diese gerade in China zuvor einen starken Anstieg beim Umsatz erfahren hatten. Die jüngsten Geschäftszahlen von LVMH, insbesondere aber von Hermes International, haben die Befürchtungen einer schwindenden Nachfrage in Asien nun verfliegen lassen. Kann das auch ein Grund für die beiden Aktien sein, jetzt abzuheben und womöglich andere Aktien aus dieser Branche im Schlepptau mitzunehmen ?

LVMH 

Der Luxussektor zeichnet sich vor allem durch eine hohe Marge bei der Produktherstellung aus. So baut Ferrari bewusst weniger Autos als eigentlich möglich wäre, um den Preis der Einzelfahrzeuge hoch zu halten, so dass die Verkaufskosten pro Auto die Produktionskosten massiv übersteigen. Ähnlich handhaben das Hersteller von teuren Lederhandtaschen oder Parfümerie-Produkten, die sich nur Wohlhabende leisten können. Neben einer hohen Qualität des Produkts steigert sogar ein künstlich hoch gehaltener Preis die Nachfrage bei Menschen, die über deutlich mehr Geld verfügen, als sie jemals ausgeben können. Diese ziehen bei Rabattaktionen eine Schnute und kaufen lieber dort ein, wo Gleichgesinnte ihr Geld ausgeben – je höher der Preis, desto höher ist dann oft der Wohlfühlfaktor beim Bezahlen.

Luxusgüter sind praktisch nicht deflationsgefährdet, profitieren sogar von einer Inflation, sofern diese nicht in eine Hyperinflation umgeschlagen ist, wie wir das aktuell beispielsweise in der Türkei sehen. Steigen die Preise gegenüber dem Vorjahr um mehr als 50 %, dann würden auch die Reichen irgendwann einmal mit dem Zählen der eigenen monetären Reserven beginnen.

Reiche binden sich gern an bestimmte Luxusmarken und verhalten sich loyal zu diesen. Das tun sie noch stärker als die Mittelschicht, für die ein günstiges  Preis-Leistungsverhältnis meist wichtiger als der Aufpreis ist, den eine bekannte Marke nun einmal verlangt. 

Viele bekannte Luxusmarken profitieren seit etwa 2010 von einer steigenden Nachfrage aus Asien, insbesondere China. Der Grund dafür war der schnell und signifikant gestiegene Wohlstand der Mittelschicht, von denen sich einige nun auch Luxusgüter leisten wollten. Mit den deflationären Tendenzen in China nahm diese Luxus-Teilhabe jedoch ab, so dass beispielsweise die Aktie des französischen Luxusgüter-Giganten LVMH (WKN: 853292; Marktkapitalisierung: 400 Mrd. Euro) von April 2023 bis Januar 2024 ein Viertel ihres Börsenwertes verlor. 

Solche stärkeren Drawdown waren in dieser Aktie immer gute Kaufgelegenheiten gewesen. 

Die am 26. Januar von LVMH veröffentlichten Geschäftszahlen wirkten wie ein Befreiungsschlag für die gesamte Branche. 

Trotz der wirtschaftlich schwierigen Zeiten deckten sich wohlhabende Menschen fleißig mit Handtaschen von Louis Vuitton, Düften von Christian Dior und Schmuck von Tiffany ein. 

2023 steigerte LVMH den Umsatz im Vergleich zu 2022 um neun Prozent auf mehr als 86 Milliarden Euro. Bei stabilen Währungskursen hätte der Zuwachs sogar 13 Prozent betragen. Nur das Geschäft mit Wein und Spirituosen verzeichnete einen Umsatz- und Gewinnrückgang. 

Getrieben wurde die insgesamt doch sehr positive Geschäftsentwicklung von der mit Abstand größten Konzernsparte, dem Geschäft mit Mode und Lederwaren. Der Umsatz dieser Sparte wuchs währungsbereinigt um 14 Prozent auf mehr als 42 Milliarden Euro. Das ist fast die Hälfte der Konzernumsätze. Für 2024 rechnet LVMH-Konzernchef Bernard Arnault mit weiteren Zuwächsen, und zwar in allen Sparten. Allerdings sprach  der Finanzchef von LVMH, Jean-Jacques Guionyer, auch von einer Normalisierung: der Nachfrage-Schub, der nach Abklingen der Corona-Pandemie insbesondere in China entstand, kann nun nicht mehr als Gewinn- und Umsatztreiber fungieren. Aus den Verkaufsaktivitäten in China erwartet LVMH für 2024 bessere Geschäfte als von so manchem Analysten vor Bekanntgabe der Zahlen erwartet wurde.

Hermés International

Der um etwa die Hälfte geringer als LVMH an der Börse kapitalisierte französische Luxusgüter-Konzern Hermés International (WKN: 886670; Marktkapitalisierung: 230 Mrd. Euro), der vor allem für seine Birkin-Handtaschen bekannt ist, veröffentlichte am 9. Februar neue Geschäftszahlen, die, nach den mit Erleichterung aufgenommenen Zahlen bei LVMH, nun für regelrechte Euphorie bei den Anlegern sorgten. 

Im Jahr 2023 verzeichnete Hermés International einen Umsatzanstieg von 20,2 % in seinem größten asiatischen Segment, das 7,53 Mrd. Euro erwirtschaftete, während der Umsatz in Japan sogar um unerwartet hohe 26 % stieg, was die Aktie auf neue Allzeithochs schickte. Starke Umsatzsteigerungen verzeichnete Hermés auch in Europa, wo der Umsatz um 20 % auf 3,09 Mrd. Euro stieg, und in Amerika, wo sich der Umsatz um 20,5 % auf 2,5 Mrd. Euro erhöhte, da das Unternehmen vom Aufleben des Tourismus- und Reisetrends profitierte. Viele der Produkte von Hermés werden auch an Flughäfen verkauft. Einen besonders starken Umsatzanstieg verzeichnete die Modeabteilung für Bekleidung und Accessoires, die 2023 einen Umsatzanstieg von 28 % verzeichnete. Ein sehr starkes Wachstum von 23 % sah man auch im Segment für Uhren, was im Einklang mit den Bemühungen des Unternehmens steht, in Bereiche außerhalb des traditionellen Lederwarengeschäftes zu expandieren.

Das von der Familie Dumas in sechster Generation geführte Luxusgüter-Unternehmen Hermés International ist ein absoluter Dauerläufer an der Börse, auch wenn es 2021 erstmals in der Börsengeschichte des Unternehmens zu einem Drawdown von mehr als 40 % kam. Schauen wir noch etwas weiter zurück: Von 2000 bis 2003 konnte die Hermés-Aktie wie an der Schnur gezogen steigen, und dies trotz eines übergeordneten Bärenmarktes: Selbst die Dot.com-Bubble konnte die Nachfrage nach Lederwaren des Unternehmens nicht in Frage stellen.

Die am 9. Februar offiziell veröffentlichten Ergebnisse fielen deutlich besser aus als erwartet. Die Analystin Chiara Battistini aus dem Hause Jefferies verwies darauf, dass es in der laufenden Berichtssaison einige Diskussionen gegeben habe, ob das Wachstum der Luxusmarken sich dem Ende zuneigt und die Konzerne ihre Kostenbasis reduzieren müssen. Für sie aber liefert Hermés mit Vorlage der Zahlen für 2023 und auch mit seinem Ausblick den Gegenbeweis: Die Markendynamik sei 2023 stark über alle Produktkategorien und Regionen hinweg gewesen. Konzernchef Axel Dumas, der zusammen mit dem Kreativchef Jean-Louis Dumas, der der Erfinder der Birkin-Bag, entstanden per Stift und Skizzenblock, ist, das Unternehmen führt, kündigte in der Telefonkonferenz sogar Preiserhöhungen für 2024 von durchschnittlich 8 bis 9 Prozent an. Welcher andere Konzernchef, der Produkte für Endverbraucher herstellt, kann sich so eine Aussage leisten, ohne dabei beschämt rot zu werden? 

Dass die Aktie in den kommenden Monaten neue Allzeithochs machen wird, halten wir nach den grandiosen Zahlen für wahrscheinlich, auch weil Konzernchef Dumas eine Sonderdividende an die Aktionäre zahlen möchte, eben um diese am erfreulichen Ergebniswachstum des vergangenen Jahres teilhaben zu lassen. Auch hier wird er nicht rot, obwohl die Dividendenzahlung ja nur ein Nullsummenspiel darstellt und letztendlich nur das Vertrauen in die Geschäftsentwicklung bei den Aktionären stärken soll. Neben der normalen Dividende soll 2024 zusätzlich 10 Euro je Aktie gezahlt werden, was bei einem aktuellen Kursstand von 2.199 Euro einer Sonderdividende von 0,45 % entspricht. Wie hoch die normale Dividende sein wird, über die die Hauptversammlung im April entscheiden wird, ist noch offen.

Wir erwarten, dass sich die Hermés-Aktie bis zur Hauptversammlung im April positiv entwickeln wird, also neue Allzeithoch machen wird. Nach oben ist die charttechnische Luft nun frei, so dass die Kursmarke von 2.500 Euro ein erstes Ziel sein könnte, was einem Kurspotenzial bis April von etwa 13 % entsprechen würde.

Sleep Number

Sleep Number (SNBR; Marktkapitalisierung: 250 Mio US-Dollar) verkauft intelligente Betten und Zubehör wie Matratzen, Bettdecken, Kopfkissen, gepolsterte Kopfwände. Die von Sleep Number hergestellten und über den Eigennamen vertriebenen “Smart Beds” verfügen über Sensoren und andere Technologien, um Daten über Schlafmuster zu sammeln. Diese können dann vom Bett selbst analysiert werden, ohne dass extra ein Arzt konsultiert werden muss. 

Viele US-Bürger klagen über Schlafstörungen und statt diese Plage am Abend über Medikamente zu lösen, sollen die Sleep Number Betten durch eingebaute technische Lösungen dafür sorgen, dass er oder sie besser einschlafen kann und der Schlaf selbst auch erholsamer verläuft. Sleep Number Betten sollen ein ewiges Wälzen von Links nach Rechts bei der Wurzel anpacken, indem im Bett anpassbare Einstellungen verbaut und angehängt sind, die die Festigkeit der Matratze verändern können und womit der Matratze auch ein frei variierbarer Temperaturpegel “übergezogen” werden kann. Außerdem kann der Kopf- und Fußteil des Bettes angehoben und versenkt werden.

Die Wegstrecke zwischen dem Ins-Bett-Gehen und dem Einschlafen soll durch die Sleep Number Betten nachhaltig verkürzt werden können. Der Schlaf selbst soll im Körper beruhigt werden können, so dass die Schlafqualität ohne Medikamente auf schonende Weise vertieft werden kann.

Das Unternehmen arbeit eng mit Schlaf- und Krebsforschern zusammen, so dass die von Sleep Numer intendierten Lösungen für ein besseres Einschlafen und für einen besseren Schlaf auch wissenschaftlich begleitet werden. Patienten, die an Krebs leiden, sollen mit den Lösungen von Sleep Number quasi während des Schlafens behandelt werden können. Dafür arbeitet die Firma mit der “American Cancer Society” zusammen.

Die Sleep Number Betten werden aktuell zu Preisen zwischen etwa 1.000 und 3.000 US-Dollar angeboten, womit nicht nur den Superreichen ein Zugang zu dieser Möbellösung für Schlafgestörte versprochen werden kann, sondern auch Teilen der Mittelschicht-Amerikaner.

Die Aktie von Sleep Number brach zuletzt viermal in Folge nach Veröffentlichung neuer Quartalszahlen ein. Noch im März 2021 kostete eine Sleep Number-Aktie 140 US-Dollar. Am Freitag schloss die Aktie bei 11,45 US-Dollar, also über 90 % unter ihrem erreichten Höchststand. 

Die Geschäftsführerin Shelly Ibach räumte auf der Telefonkonferenz im November 2023 ein, dass sich die Nachfrage erheblich abgeschwächt habe. Dass die Betten inzwischen erschwinglich auch für US-Mittelverdiener sei, hat sich für das Unternehmen zum Nachteil entwickelt, da gerade die Mittelschicht in den USA an Kaufkraft verliert. Die Menschen gingen dazu über, „ihre Ausgaben zu hinterfragen“ und gaben nicht mehr selektiv aus, und Überlegungen zu Preis und Wert „gewinnen eine größere Bedeutung“, sagte Shelly Ibach. Die Marketing-, Digital- und Verkaufsförderungsstrategien von Sleep Number haben es versäumt, auf das Verbraucherverhalten der Mittelschicht einzugehen, da die Sleep Number Betten ursprünglich für eine Kundschaft konzipiert war, die sich eher an Preisen für hochpreisige Luxusgüter orientierten. Auch wenn die Menschen weiterhin nach den Produkten von Sleep Number verlangten, sei die wahrgenommene Erschwinglichkeit der intelligenten Betten „zu einem echten Hindernis geworden“, sagte sie. 

Sleep Number verlor im dritten Quartal 2023 satte 2,32 Millionen US-Dollar oder 10 US-Cent pro Aktie, verglichen mit einem Gewinn von 5 Millionen US-Dollar oder 22 US-Cent pro Aktie im Vorjahresquartal. Der Umsatz sank um 13 % auf 473 Millionen US-Dollar. Von FactSet befragte Analysten erwarteten, dass das Unternehmen bei einem Umsatz von 509 Millionen US-Dollar im Quartal 16 Cent pro Aktie verdienen würde. 

Nach diesem wiederholt schlechten Ergebnis startete Sleep Number einen Plan zur Kostensenkung. Das Unternehmen hofft, dass der Plan im nächsten Jahr zu einer Reduzierung der Betriebskosten um etwa 50 Millionen US-Dollar führen wird. Die Maßnahmen zur Restrukturierung seien „breit angelegt“ und umfassten den Abbau von etwa 500 Mitarbeitern bzw. 10 % der Belegschaft sowie Filialschließungen. Die Entlassungen würden „in allen Bereichen der Organisation“ erfolgen, darunter auch im Unternehmensbereich sowie in Forschung und Entwicklung, teilte das Unternehmen mit. Es ist geplant, bis Ende nächsten Jahres 40 bis 50 Geschäfte zu schließen und die Zahl der Neueröffnungen und Umbauten zu verlangsamen. Die Umstrukturierung wird bis zu 20 Millionen US-Dollar an einmaligen Kosten verursachen, wobei etwa 10 Millionen US-Dollar der Kosten im vierten Quartal anfallen, sagten die Unternehmenssprecher.

Inzwischen ist der aktivistische Investor Stadium Capital Management LLC mit an Bord und besitzt knapp 10 % der Anteile. 

Stadium Callum LLC ist eine Private Equity Gesellschaft, die Ineffizienten im Markt und bei Unternehmen ausnutzt, um dann davon zu profitieren. Die Private Equity Gesellschaft handelt gemäß eines der Leitprinzipien von Warren Buffett: “Betrachten sie Marktschwankungen eher als ihren Freund denn als ihren Feind; profitieren sie von der Torheit, statt sich daran zu beteiligen”. 

Auf Drängen dieses aktivistischen Investors wurde ein „Kapitalallokations- und Wertsteigerungsausschuss“ eingerichtet, um die Kapitalverwendung und -investitionen im Unternehmen zu überprüfen, hieß es. Der unabhängige Direktor Michael J. Harrison sagte, das Unternehmen sei „dankbar, mit Stadium Capital eine Einigung über einen konstruktiven Weg nach vorne erzielt zu haben, und freue sich darauf, mit Stadium Capital an dem gemeinsamen Ziel zu arbeiten, langfristigen Wert für unsere Aktionäre zu schaffen.“

Trotz eines wohl guten und im Prinzip nachgefragten Produkts ist das Unternehmen in finanzielle Nöte geraten. Ein Einstieg in diese Aktie ist natürlich spekulativ, birgt aber auch große Chancen in sich, sollte das Unternehmen seine intelligenten Betten in naher Zukunft infolge eines auf Profitabilität ausgerichteten Business Plans verkaufen können.

Das Musterdepot Marktradar bei wikifolio.com

Hinweis: Interessierte Anleger können dem Musterdepot, das diese Kolumne begleitet, folgen, indem sie eigenes Kapital in das wikifolio-Zertifikat “Marktradar” investieren, das über die Börsenplätze Stuttgart und Lang & Schwarz handelbar ist.

Wertentwicklung im Musterdepot

Das Musterdepot verlor in der vergangenen Handelswoche 1,38 % an Wert. Aktuell sind wir seit Auflegung am 31. Juli 2023 mit 0,90 % im Gewinn. Damit stehen wir momentan schlechter als der DAX da, der seit dem 31. Juli 2023 auf Xetra-Basis 3,65 % an Wert gewonnen hat. Der S&P 500 hat in diesem Zeitraum 9,94 % gewonnen – auf Euro Basis jedoch 11,94 % gewonnen.

Trades aus der vergangenen Woche im Musterdepot und weiteres geplante Vorgehen

In der vergangenen Handelswoche haben wir einige Trades durchgeführt, dabei haben wir uns sowohl von Positionen verabschiedet als auch neue Positionen aufgesetzt. Interessierte können die Trades auf wikifolio.com verfolgen, indem sie zum Beispiel im Suchfeld “Marktradar” eingeben. 

An neuen, im Prinzip langfristig ausgelegten Positionen, haben wir Aktien von der Münchener Rück und RadNet gekauft. Getrennt haben wir uns vorerst von 2G Energy, Rollins, Ionis Pharmaceuticals, Royal Gold, Waste Management; wir behalten diese Aktien aber auf der Watchlist. Verkauft haben wir auch den Optionsschein auf die Deutsche Bank und die Aktie von Open Text und nehmen diese beiden Werte auch aus der Watchlist raus. Open Text nehmen wir aus der Watchlist raus, weil Nvidia nun eine Demoversion eines privaten und personalisierten Chatbots vorgestellt hat, der es den Nutzern ermöglichen soll, lokal gespeicherte Daten auf ihren eigenen Computern zu nutzen. Die Technologie, mit der Bezeichnung „Chat with RTX“ soll den Verbrauchern die Möglichkeit bieten, Open-Source-KI-Modelle wie Mistral oder Llama2 von Meta Platforms in Verbindung mit ihren eigenen Dateien und Dokumenten zu verwenden. Nachdem ein Nutzer das Programm auf eine txt-, pdf- oder Microsoft Word-Datei gelenkt hat, können dem Chatbot Fragen zu den enthaltenen Informationen gestellt werden. Dieses neue Nvidia Produkt „Chat with RTX“ kann als ernstzunehmender Konkurrent für die Lösungen von Open Text  ausgeweitet werden – Open Text kann ja selektiv auch Daten fern des eigenen Unternehmens über die KI zusammenführen und verarbeiten, was Nvidia vermutlich auch zeitnah seinen Kunden anbieten wird. Daher glauben wir jetzt, dass das neue Konkurrenzprodukt von Nvidia die Aktie von Open Text länger als bisher vom Marktradar vermutet kursttechnisch unter Druck setzen könnte.

Außerdem haben wir uns von unseren Gold- und Silber Investments weitgehend getrennt, halten aktuell nur noch die in dieser Branche agierende Beteiligungsgesellschaft Wheaton Precious Metals. 

Wir haben außerdem einen ETF auf die Kryptowährung XRP (auch bekannt als Ripple) gekauft.

Außerdem haben wir neben Short-Positionen auf den S&P 500 auch Short-Positionen auf Carl Zeiss Meditec und BASF gehandelt. Der BASF-Short ist nicht glücklich verlaufen. Wider unsere Erwartung ist BASF über 45 Euro gestiegen. Wir haben im Discount-Optionsschein auf BASF einen Teilverkauf vorgenommen, um hier erst einmal das Risiko im wikifolio zu begrenzen, denn der Discount-Put hat das CAP bei 45 Euro. BASF wird am 23. Februar vorbörslich neue Quartalszahlen vorlegen. Mit der verbliebenen kleinen Position (0,4 % im wikifolio gewichtet) planen wir, den Discount-Put auf BASF über die Quartalszahlen hinaus zu halten; spekulieren also darauf, dass BASF bis zum 15. März wieder unter 45 Euro notiert. Mit einer Laufzeit bis zum 15. März gehen wir nun ein vertretbares Risiko ein. Wir können maximal etwa 0,4 % im Gesamtdepot mit diesem Trade verlieren, dem steht eine Chance auf einen Kursanstieg von 60 % im Discount-Put gegenüber, der das Musterdepot dann allein wegen dieser Position um 0,24 % steigen lassen würde.

Ein Earning-Trade auf Tyler Technologies konnte mit einem kleinen Gewinn beendet werden. Den Earning Trade auf Medpace haben wir vor Bekanntgabe der Quartalszahlen mit einem Gewinn beendet. An Earning-Trades halten wir aktuell Aktien von Datagroup, Etsy, Home Depot, Public Storage (alle vier mit Earnings in dieser Woche) und Aktien von Dell Technologies, Elastic, Exlservices, Henry Schein, Nutanix, Public Storage, Steven Madden, Toro (Earnings in der nachfolgenden Woche beziehungsweise später).

Wir hatten eigentlich geplant, Rollins und Dropbox langfristig zu halten. Die Börsianer reagierten bei beiden Aktien aber recht rabiat mit Verkäufen auf Quartalsergebnisse, die eigentlich die Konsenserwartungen der Analysten bedienen konnten. Insbesondere bei Dropbox erhofften sich die Börsianer einen besseren Ausblick, der mehr Phantasie in die Aktie in Bezug auf die Monetarisierung der Cloud-Speicherlösung “Dropbox” aufkommen ließ. Diese Phantasie wurde vom Unternehmen aber nicht geliefert. Wir werden die Aktie vermutlich temporär erst einmal verkaufen, warten aber noch eine Kurserholung ab, die sicherlich in Kürze kommen wird. Bei Rollins waren Quartalsergebnisse im Rahmen der Schätzungen den Börsianern auch zu wenig gewesen. Bei Rollins planen wir, bei Kursen um oder unter 40 US-Dollar wieder einzusteigen.

Wir planen, Rohstoffe in Zukunft breiter diversifiziert in den “Marktradar” über saisonales Trading mit aufzunehmen, haben in der vergangenen Handelswoche neben Öl, Gold und Silber zeitweise auch Kaffee und Zucker gehandelt. Solche Trades wollen wir zukünftig ein bisschen ausweiten, haben daher auch Rohstoffe wie Baumwolle, Kaffee, Mais, Palladium, Weizen, Zucker nun in unsere Intermarketanalyse mit aufgenommen, die neben anderen Faktoren uns eine wichtige Entscheidungsfindung für die Trades in diesem wikifolio liefert.

Hinweis:

Gemäß §34 WpHG weise ich darauf hin, dass die Kolumne “Marktradar” ausschließlich Informationszwecken dient und in keinem Fall Empfehlungen zum Kauf von Aktien oder anderen Wertpapieren darstellen. Ich gebe hier ausschließlich meine eigene Meinung wieder und berate niemanden. Die hier vorgetragenen Ideen können vom Autor aktiv in seinen privaten Depots (inklusive wikifolios) umgesetzt werden oder auch nicht. Interessenkonflikte können in jedem Fall und jederzeit bestehen. Auch wenn ich die Kolumne nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, können jederzeit Fehler auftauchen. Die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Nutzung der von mir veröffentlichten Ausführungen für eine Anlageentscheidung resultieren können, ist kategorisch ausgeschlossen. Ich lehne jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, die direkt oder indirekt durch die Benutzung des Inhalts entstehen.

WF MR 20240219

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